Jedes Buch bekommt seine Chance

OSANN-MONZEL. Mobilität ist für Beatrix Stieger Programm. Die ausgebildete Fachkraft ist seit einem Jahr als "Mobile Buchhändlerin" in der Region unterwegs.

So flexibel Beatrix Stieger als "Mobile Buchhändlerin" auch lebt, Bücher haben bei ihr einen festen Platz. Belletristik ist im Wohnzimmerregal fein säuberlich geordnet, Jugend- und Sachbücher im Gästezimmer, Kochbücher in der Küche. Dank alphabetischer Ordnung hat die 36-Jährige vom Taschenbuch bis zum dicken Wälzer jedes Exemplar schnell zur Hand. Selbst eins aus ihrem "Lagerbestand", der in thematischen Kisten auf dem Speicher ruht. So viel Ordnung muss für die begeisterte Viel-Leserin schon sein. Von sich selbst sagt sie: "Ich bin an sich ein chaotischer Mensch - aber nicht wenn's ums Bücher geht." Ein Taschenbuch, vorzugsweise Krimis, schafft die ausgebildete Sortimentsbuchhändlerin locker am Tag. Im Schnitt schmökert sie jedoch zwei Stunden täglich: "Jedes Buch hat bei mir die Chance von 30 Seiten. Wenn es mich bis dahin nicht gepackt hat, dann ist es kein gutes Buch." Seit sich Beatrix Stieger vor einem Jahr selbstständig gemacht hat, sind in diesem Punkt keine Kompromisse mehr drin. Schließlich muss sie täglich einiges lesen, um das Passende empfehlen zu können. Lektüre, die nicht ihren Geschmack trifft, liest sie daher nur quer. "Ich muss es ja wenigstens angelesen haben, um dazu oder über den Autoren etwas sagen zu können." Sich bis zum Ende durch ein langatmiges Buch zu quälen, ist nichts für sie. "Wenn ich etwas auf dem Teller habe, das mir nicht schmeckt, esse ich es doch auch nicht auf", ermutigt sie, mit allzu eiserner Lesedisziplin zu brechen. Ihr selbst wäre es sonst kaum möglich, bei der Flut von Neuerscheinungen den Überblick zu behalten. Erst recht nicht im schnelllebigen Fachgebiet "Kinder- und Jugendbücher", in dem Dauerbrenner wie Astrid Lindgren oder Janosch Ausnahmen sind. Daneben gibt es Werke, die schon wenige Jahre nach Erscheinen kaum mehr lesbar sind: "Manche Bücher gehören einfach in ihre Zeit." Stiegers Präsentationen in Kindergärten oder Grundschulen setzten daher fundierte Kenntnisse des Buchmarkts voraus. Dies gilt ebenso für thematische Sortimente, wie kürzlich für Besucher des Forums der Landfrauen in Morbach. Das Bestücken ihrer mobilen Buchhandlung erledigt sie praktisch über Nacht. Entsprechend der vorgegebenen Themen ordert sie die Bücher kurzfristig und vermeidet so teure Ladenbestände. Gegenüber einer regulären Buchhandlung birgt dies einen enormen Kosten-Vorteil. "Das war mir finanziell ein zu großes Risiko", begründet die Buchhändlerin ihre Entscheidung zur Mobilität. Außerdem konnte sie in Osann-Monzel nicht auf Laufkundschaft bauen. Die Idee, sich in dieser Richtung auf eigene Beine zu stellen, wuchs aus der Not. Bevor Stieger vor zwei Jahren mit ihrem Mann von Hamm in Westfalen nach Osann-Monzel zog, hatte sie eine feste Anstellung gehabt. Doch während er seiner Arbeit in der Eifel nachgezogen war, musste sie sich mit Aushilfsjobs für 400 Euro monatlich begnügen. Da es sich aber nicht rechnet, für täglich zwei Stunden Arbeit nach Trier zu fahren, wagte sie den Schritt in die Ich-AG. "Dass sich das lohnt, kann man nicht sagen - aber diese drei Jahre habe ich mir gegeben." Es sei nur schwierig, die dahinter steckende Idee rüber zu bringen: "Ich will nicht nur Bücher verkaufen, sondern auch eine Leistung." Die Leute im Ort wissen diesen Service jedenfalls zu schätzen, der es ihnen ermöglicht, auf die Schnelle mal für ein Geschenk vorbei zu schauen. Und auch sonst ist die - entsprechend ihrem Berufsstand - idealistische Buchhändlerin zuversichtlich: "In diesem Jahr ist es besser gelaufen als ich zu hoffen gewagt hätte."

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