Vom Ackerwagen zum Spezialfahrzeug

ZELTINGEN-RACHTIG. An Innovationen im Autobau arbeitet Hans Peter Kuhn im Ortsteil Ürziger Mühle. Mit Erfolg: Der Weltkonzern Fiat hat seine Ideen zur Serienfertigung eines behindertengerechten Fahrzeugs umgesetzt.

"Das hier ist unser zweiter Fiat-Fahrzeugtyp, den wir serienmäßig und rollstuhlgerecht umbauen", berichtet Hans Peter Kuhn von der Firma Kuhn Autotechnik GmbH in Zeltingen-Rachtig. Sein Unternehmen im Ortsteil Ürziger Mühle beschäftigt sich mit der Entwicklung und Produktion von Fahrwerk-Sonderbauteilen für Nutzfahrzeuge. Kunden aus ganz Deutschland und vielen Teilen Europas kommen vor allem mit Wohnmobilen zu ihm an die Mosel. "Jährlich sind es rund 1500. Mein weitest gereister Kunde ist ein Arzt aus Moskau, der bei uns sein Wohnmobil umrüsten ließ", so der Firmenchef. Der südlichste Kunde kam aus Nordafrika bis an die Mosel, um sein Fahrzeug auf Vordermann bringen zu lassen. "Dies ergibt auch Einnahmen für den Fremdenverkehr", so Kuhn im Hinblick auf gelegentliche Kritik am Wohnmobil-Tourismus.. Fahrwerkumbauten sind die Spezialität und das Kerngeschäft der 1905 in Gonzerath/Hunsrück als Ackerwagenwerkstatt gegründeten Firma. Beim Umzug nach Bernkastel-Kues im Jahre 1937 hatte Kuhn komplett auf Kraftfahrzeuge und Landmaschinen umgestellt. 1972 wurde der Betrieb nach Ürziger Mühle verlagert. Seit 1955 ist die Firma eine Fiat-Vertragswerkstatt. 17 Mitarbeiter sind in der großzügig dimensionierten Halle mit 60 mal 25 Meter Außenmaßen beschäftigt. Neben dem Verkauf von Neuwagen und deren Service beschäftigt sich die Firma auch mit der Umrüstung von Serienfahrzeugen in rollstuhlgerechte Spezialfahrzeuge. "Der Weltkonzern Fiat hat meine Ideen zum Umbau des Fiat Doblò als rollstuhlgerechtes Beförderungsfahrzeug aufgenommen." Weil er bereits das Serienfahrzeug Fiat Scudo rollstuhlgerecht umgebaut hatte, erhielt Kuhn eine Einladung zur "Istanbul Rehabilitation-Messe" im Mai 2000. Zwar konnte er die Einladung nicht wahr nehmen, aber er sandte ein Pflichtenheft an Fiat mit der technischen Beschreibung des umzurüstenden Doblòs und den begleitenden Worten: "Wegen der Erdbeben in der Türkei leben dort viele körperbehinderte Menschen, die Bedarf an behindertengerechten Fahrzeugen haben. Es liegt daher nichts näher, als dieses in der Türkei produzierte Fahrzeug als RollstuhlfahrerInnen-Beförderungsfahrzeug zu nutzen." Fiat nahm die Anregung auf und entschied, den Doblò serienmäßig für eine Umrüstung vorzubereiten. Dadurch wurde das Fahrzeug enorm geräumig. Die Person im Rollstuhl kann durch vier hochgesetzte Seitenfenster sowie eine zweite Windschutzscheibe im Aufbau hinaus schauen. Bei Kuhn Autotechnik in Ürziger Mühle werden letzte Einbauten am Hochdach-Kombi ausgeführt. "Wir kümmern uns um die Rollstuhl-Arretierung und um eine Rampe. Außerdem um den Dreipunkt-Sicherheitsgurt. Bisher konnten Rollstuhlfahrer fast nur mit Beckengurt gesichert werden", so Kuhn. Vor allem durch die leicht auszubauende rechte Rücksitzbank im Schnellmontagesystem werden Taxiunternehmen in die Lage versetzt, im Handumdrehen das Fahrzeug von einem Fünf-Personen-Taxi in ein Drei-Personen-Fahrzeug plus Rollstuhlfahrer umzubauen. Der erste als Taxi umgerüstete Doblò aus Kuhns Werkstatt wird demnächst im Luxemburger Innenministerium präsentiert. /alf

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