70 Waggons mit Vieh unterwegs nach Prüm

Für den "Prümer Landboten" hat Erich Reichertz Aufsätze von Franz Josef Faas und Kurt Hoppstädter zur Geschichte der Bahnstrecke Prüm-Gerolstein zusammengefasst. Im zweiten Teil, den der TV wieder auszugsweise druckt, geht es um Eröffnung und Betrieb der Strecke.

Prüm/Gerolstein. Die Bauarbeiten an der Bahnstrecke Gerolstein-Prüm liefen zu Beginn des Jahres 1882 an. Am 11. Dezember 1883 folgte die landespolizeiliche Abnahme, am 22. Dezember die festliche Eröffnung. Nach einem Zeitungsbericht fuhren etliche Honoratioren morgens nach Gerolstein, um dort die Gäste aus Trier, Köln und Saarbrücken abzuholen. Um 12 Uhr kehrte der Zug nach Prüm zurück, überall von freudigen Hurras und Böllerschüssen begrüßt.

Ängstliche Herren konnten beruhigt werden

Die Fahrt sei gut verlaufen zur großen Beruhigung der "ängstlichen Herren der Stadt Schönecken", welche geglaubt hätten, die Strecke sei eine sehr gefährliche, man dürfe deshalb die Postverbindung Mürlenbach-Schönecken nicht aufheben. Im Hotel "Goldener Stern" folgte das Festdiner. Gegen 18 Uhr ging es mit der Feuerwehr an der Spitze mit Fackeln und Militärmusik über den bengalisch beleuchteten Hahnplatz zum Bahnhof, wo der Zug die Gäste "entführt" habe.

Mehrmals täglich fuhren die Personen- und Güterzüge die Strecke von Gerolstein nach Prüm und zurück. Die meisten Bahnhöfe an der Strecke hatten feste Sandstein-Bahnhofsgebäude erhalten. Der Prümer Bahnhof mit seinem groß angelegten Vorplatz und großzügiger Rampe war südlich unterhalb der Stadt erbaut worden.

Zum Bahnsteig ging man anfangs am Gebäude vorbei. Dort stand eine Wellblechbude, in welcher der "Kartenknipser" stand, der auch Weichensteller war und die Lokomotiven mit Wasser versorgte

An der Nordseite lag ein großer Brandweiher mit einem Wasserturm. Letzterer stand noch bis Anfang der 50er Jahre neben dem Bahnhofsgebäude. Der neue Weg von der Innenstadt zum Bahnhof wurde mit Kastanien bepflanzt.

Die Abteile der Personenwaggons waren in vier Klassen eingeteilt: die erste Klasse mit roten Polstern, die zweite mit grünen, die dritte mit Holzsitzen. Neben diesen drei gab es noch die vierte Klasse "für Reisende mit Traglasten". Diese hatte nur an der Fenster- und Stirnseite Holzbänke.

Der Versailler Vertrag ließ ein Gleis weichen

Die Mitte blieb frei für das Gepäck, das damals zum Beispiel aus Pflügen, Hotten, Eier- und Hühnerkörben, Kisten und Kasten bestand. Besonders an Markttagen spielten die vierte Klasse eine Rolle. Dann wurden bis zu 70 Waggons mit Rindern und Schweinen nach Prüm geschafft.

1900 und 1901 wurde der Bahnhof Prüm erweitert. 1909/1910 wurde das zweite Gleis gelegt, das 1930 durch das Diktat des Versailler Vertrages wieder abgebaut werden musste.

Am Ende des Zweiten Weltkrieges war die Bahnstrecke durch die Bombardierungen und weitere kriegsbedingte Schäden nicht mehr befahrbar. Erst Ende des Jahres 1948 war wieder ein Zugbetrieb von Gerolstein nach Prüm möglich, der sich in den fünfziger und sechziger Jahren recht gut entwickelte. Die dann folgende allgemeine Motorisierung und Verlagerung auf die Straße führte dazu, dass 1980 der letzte fahrplanmäßige Personenzug von Prüm nach Gerolstein zurückfuhr. Seitdem versank die Eisenbahnstrecke in einen Dornröschenschlaf. EXTRA Der vollständige Artikel "Die Geschichte der Westeifel-Eisenbahn" von Erich Reichertz steht neben vielen weiteren Beiträgen in der Ausgabe Nummer 95 der Zeitschrift "Der Prümer Landbote". Der Geschichtsverein Prümer Land veröffentlicht den Landboten viermal pro Jahr mit mehr als 70 Seiten und stellt ihn allen Mitgliedern frei Haus zu. Wer Interesse an einem Abo hat, kann sich beim Geschichtsverein unter Telefon 06551/3799 melden. Anfragen auch per E-Mail an geschichtsverein-pruemerland@t-online.de (cus)

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort