Am Johannistag wird's richtig heiß

Feuerscheid · Auf unseren Aufruf, besondere Traditionen und Bräuche in den Eifeldörfern zu schicken, hat sich Ernst Görgen gemeldet, der Ortsbürgermeister von Feuerscheid. In seinem Dorf wird am Johannistag im Juni seit Jahrzehnten gemeinsam Brot gebacken.

 So sah das früher aus: Groß und Klein mit den fertigen Broten, die man Bedürftigen brachte. Foto: privat

So sah das früher aus: Groß und Klein mit den fertigen Broten, die man Bedürftigen brachte. Foto: privat

Feuerscheid. Alles für das Brauchtum: Nach unserer Berichterstattung über das gefährdete (und inzwischen gerettete) Burgbrennen in Bleialf meldete sich Ernst Görgen, der Ortsbürgermeister von Feuerscheid - und erzählt von einer Besonderheit in seiner Gemeinde: "Wir Feuerscheider können meines Wissens mit einem für die Eifel einmaligen Brauchtum aufwarten - dem Johannis-Brotbacken am 24. Juni jeden Jahres", sagt Görgen.
Feuerscheider Tafel


In der Eifel seien eine Reihe von Bräuchen am Johannistag (oder "Johaansdaach") bekannt, sagt er, "darunter die Johannis-Feuer, die bis ins 20. Jahrhundert in der Westeifel üblich waren. Diese Feuer waren den Behörden schon im 18. Jahrhundert ein Dorn im Auge." Der Grund: Vermutlich seien durch die Feuer viele Brände mit erheblichem Schaden entstanden. "Die kurtrierische Regierung verbot deshalb per Verordnung 1787 alle Fastnachts-, Hagel-, Johannis- und Martinsfeuer. Bis zum heutigen Tage sind jedoch bei den hartnäckigen Eifelern noch zwei Feuer erhalten geblieben: Das Burgbrennen ,op Scheefsonndich\' (erster Fastensonntag) und das Martinsfeuer."
In Feuerscheid wird am Johannistag aber noch ein ganz anderer Brauch gepflegt, der nach dem Zweiten Weltkrieg etwas in Vergessenheit geraten war und seit 1997 wieder eifrig begangen wird: Das Brotbacken im einzigen noch verbliebenen und betriebsbereiten Backofen im Dorf.
Die älteren Einwohner erinnern sich noch heute an diese Tradition, "quasi die ,Feuerscheider Tafel\', sagt Görgen.
Denn am Johannistag wurde an alle Bedürftigen im Dorf und in der Pfarrei Brot ausgeteilt. Dazu sammelten die fürs Backen zuständigen Familien Getreide ein, fuhren es zum Mahlen auf die Nimshuscheidermühle, wo man das Getreide kostenlos zerkleinerte. Das Brot entstand dann im Backhaus von Heinrich Dingels. Die fertigen Laibe fuhr man dann auf einem geschmückten Leiterwagen vor die alte Kapelle. "Anschließend versammelten sich die Menschen in der Kapelle zum Beten des Rosenkranzes. Diejenigen, die nicht mehr in die kleine Kirche hinein konnten, beteten den Rosenkranz, vom Küster geleitet, im nahen Gasthaus. Danach wurde dann das Brot verteilt" - so weit der von Ernst Görgen überlieferte Bericht einer Zeitzeugin. Bis Mitte der 1950er Jahre wurde dieser Brauch in der alten, ursprünglichen Form abgehalten. Warum der Brauch zunächst nicht fortgeführt wurde, mag einen banalen Grund haben, wie der Bürgermeister vermutet: Viele alte Häuser seien in den Nachkriegsjahren mitsamt ihren Backöfen abgerissen worden.
1997 wurde die Feuerscheider Tradition wieder, etwas abgewandelt, im neu restaurierten Backhaus bei Peter Disch (heute: Klaus Krütten), zurück ins Dorfleben gerufen. Das Brot wird von Frauen des Dorfs nach altem Rezept gebacken. "Mittlerweile finden sich auch Kinder bei dieser Arbeit im Backhaus ein und warten mit Spannung und großer Geduld auf das erste, noch warme Brot und die daran anschließend gebackene Hefetorte", erzählt Ernst Görgen. Am Johannistag werde das Brot in der Kirche gesegnet, danach treffe sich das ganze Dorf vor dem Backhaus, um in gemütlicher Runde das frische Brot mit einem Glas Wein zu genießen und zu feiern, "bis der Letzte umfällt".
Wie steht es in Ihrem Dorf um alte Bräuche? Gibt es gar Traditionen, die man nirgendwo sonst findet? Oder Ideen und Initiativen, mit denen der Nachwuchs dafür gewonnen werden kann? Wir freuen uns über Zuschriften unter dem Stichwort "Eifelbräuche" an die E-Mail-Adresse eifel-echo@volksfreund.de

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