Arenz will weder Ersatztäter noch Freiwild sein

Der Rat der Verbandsgemeinde (VG) Obere Kyll hat zwei weiteren Anträgen zum Unterschlagungsfall im Rathaus zugestimmt. Außerdem machte Bürgermeister Werner Arenz in der Sitzung vom Donnerstag klar, weshalb er ein Disziplinarverfahren gegen sich selbst beantragt hat.

 Werner Arenz liest seine Erklärung zum Antrag für ein Disziplinarverfahren in eigener Sache vor. TV-Foto: Stefanie Glandien

Werner Arenz liest seine Erklärung zum Antrag für ein Disziplinarverfahren in eigener Sache vor. TV-Foto: Stefanie Glandien

Jünkerath. (sn) Bürgermeister Werner Arenz wollte die "Bombe" eigentlich erst in der VG-Rats-Sitzung am Donnerstag platzen lassen. Doch schon vorher sickerte durch, dass der Behörden-Chef gegen sich selbst ein Disziplinarverfahren beantragt hat (der TV berichtete). Dies begründete er so: "Der schwerwiegende Unterschlagungsfall im Rathaus Jünkerath wird strafrechtlich nicht weiter aufgearbeitet werden können, weil der Täter verstorben ist." Einige - zum Teil politisch motivierte - Personen nützten nun die Gelegenheit, in Ermangelung einen verfolgbaren Täters einen Ersatztäter zu installieren, um der Öffentlichkeit einen Sündenbock zu präsentieren. "Ich bin nicht länger bereit, schutz- und rechtlos als Freiwild durch die Öffentlichkeit gezogen und geradezu drangsaliert zu werden", sagte er. Er sei es seinem Amt, der Öffentlichkeit und auch seiner Familie gegenüber schuldig, dafür zu sorgen, "dass Klarheit herrscht, wer was zu vertreten hat und wo Schuldzuweisungen enden müssen". Externer Rechtsanwalt soll Ansprüche prüfen

Zum Unterschlagungsfall gab es je einen Antrag der CDU-, SPD- und FWG-Fraktion. Die FWG zog ihren Antrag jedoch wieder zurück, da er sich laut Fraktionssprecher Lothar Schun durch Arenz' Antrag erledigt habe. Stattdessen wurde der CDU-Antrag ergänzt durch einen Änderungsantrag der FWG, worin stand, dass ein nicht für die VG tätiger Rechtsanwalt eingeschaltet werden soll, der die Unterlagen nochmals prüft und vor allem die Frage untersucht, ob Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden können. Die CDU wünschte unter anderem, dass der Haupt- und Finanzausschuss ein Konzept zur "Verbesserung der Organisationsstruktur" erarbeitet. Der Rat votierte, bei einer Enthaltung, einstimmig für diesen Vorschlag. SDP-Fraktionssprecher Ewald Hansen vermisste weiterhin klare Worte. "Wir wollen, dass mal jemand sagt, hier sind Fehler gemacht worden", forderte er. Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) solle das Gemeinde-Rechnungsprüfungsamt der Kreisverwaltung mit überprüfen, lautete eine seiner Forderungen. Der Rat stimmte diesem Vorschlag mit einer Nein-Stimme und drei Enthaltungen mehrheitlich zu. Zuvor hatte der SPD-Antrag für Missstimmung im Rat gesorgt. CDU-Fraktionsvorsitzender Hans-Josef Möller und Edi Schell (CDU) kritisierten die missverständliche Ausdrucksweise, durch die Arenz bereits eine grob fahrlässige Dienstpflichtverletzung unterstellt werde. Meinung Bitte deutlich und schnell Er ist es satt, Sündenbock zu sein, will Klarheit und seine Reputation erhalten: Werner Arenz zieht eine logische Konsequenz aus dem Wirbel um den Unterschlagungsfall und letztendlich um seine Person. Mit dem Antrag auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen sich selbst stellt er sich seiner Verantwortung und lässt alle Unken verstummen. Bleibt zu hoffen, dass sich dieses Verfahren nicht ewig hinzieht und in seinem Urteil deutlicher ausfällt als die bisherigen Untersuchungsberichte, die vielen Leuten viel Raum für Interpretationen lassen. s.glandien@volksfreund.deDisziplinarverfahren Neben der Einleitung eines Disziplinarverfahrens durch den Dienstvorgesetzten besteht für Beamte die Möglichkeit, auf Antrag das Verfahren gegen sich selbst einzuleiten (Paragraf 18 Bundesdisziplinargesetz, BDG), um sich von dem Verdacht eines Dienstvergehens zu entlasten. Ist das Disziplinarverfahren eingeleitet, wird ermittelt. Steht nach Abschluss der Ermittlungen ein Dienstvergehen fest, gibt es Sanktionen. Mögliche Maßnahmen könnten Verweise, Geldbußen, Kürzung der Dienstbezüge sein. Soll der Beamte zurückgestuft, aus dem Beamtenverhältnis entfernt oder das Ruhegehalt aberkannt werden, wird gegen ihn eine Disziplinarklage erhoben.

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