Aus Schlamm wird Strom

Lissendorf · Runter mit den Ausgaben: Die Kläranlage der Verbandsgemeinde Obere Kyll in Lissendorf hat ein neues Blockheizkraftwerk erhalten. Die 140 000 Euro teure Anlage liefert Strom, Wärme und senkt den Energieverbrauch. Ersparnis bei den Stromkosten: etwa 20 000 Euro im Jahr.

 Neue Technik, die man nicht sieht: das Klärwerk der Oberen Kyll in Lissendorf. TV-Foto: Frank Auffenberg

Neue Technik, die man nicht sieht: das Klärwerk der Oberen Kyll in Lissendorf. TV-Foto: Frank Auffenberg

Lissendorf. In der Lissendorfer Kläranlage der Verbandsgemeinde (VG) Obere Kyll ist ein neues Blockheizkraftwerk installiert worden. Was gar nicht so einfach war: Um das etwa 700 Kilogramm schwere Stück in den Keller des Betriebsgebäudes zu bugsieren, teilt die VG mit, musste man eine Stahltür ausbauen, einen Elektrokettenzug mit sogenannter Laufkatze für den Transport des Kraftwerks an einem Stahlträger montieren und den Brenner der Gasheizung vorübergehend demontieren.Gas wird nicht mehr abgefackelt


Das Kompakt-Heizkraftwerk besteht aus einem Gasmotor von Volkswagen, der einen Generator antreibt. Die kleine Anlage kann 18 Kilowatt Strom erzeugen und dazu noch 40 Kilowatt Wärme. So komme sie auf einen Wirkungsgrad von mehr als 90 Prozent, teilt die Verbandsgemeinde mit.
Jede Stunde strömen dort gut sechs Kubikmeter Methangas durch. Das Gas wird aus der Faulung von Klärschlamm im Turm der Anlage gewonnen. Bisher wurde es nur zur Wärmeerzeugung für die Gebäude und den Faulturm genutzt - und in den wärmeren Monaten meist über die Gasfackel auf dem Kläranlagengelände abgebrannt.
"Jetzt nutzen wir praktisch dieses Gas für das Heizkraftwerk und können daraus Energie erzeugen", sagt Bürgermeisterin Diane Schmitz. "Dadurch können wir Kosten einsparen. Und schonen natürlich die Umwelt."
In der VG hatte man schon länger darüber nachgedacht, ein Blockheizkraftwerk für die Kläranlage anzuschaffen. Aber dafür seien die bisherigen Kraftwerke bisher alle zu groß und daher unrentabel gewesen. Inzwischen gibt es die kleineren Kraftwerke aber, und infolge des gestiegenen Strompreises wurde eine solche Anlage immer wirtschaftlicher.
Auch beim Thema Stromverbrauch auf der Kläranlage macht sich die Verbandsgemeinde ans Sparen und senkte mit unterschiedlichen Maßnahmen den Verbrauch von 350 000 Kilowattstunden auf jetzt etwa 280 000 im Jahr. Wenn die Prognose aus der Wirtschaftlichkeitsberechnung des Blockheizkraftwerks eintritt, werden im Jahr etwa 100 000 Kilowattstunden zum Eigenverbrauch erzeugt - also mehr als ein Drittel des bereits gedrosselten Bedarfs.
Bei 20 Cent Kosten pro Kilowattstunde Strom, sagt VG-Chefin Diane Schmitz, "käme man so zu einer jährlichen Ersparnis von 20 000 Euro". Damit - und das ist die gute Nachricht für die Bürger - hofft man in der Verwaltung, die Abwassergebühren zumindest auf absehbare Zeit konstant halten zu können.
Mit dem Blockheizkraftwerk sei ein erster Schritt zur Steigerung der Effektivität gemacht, ein weiterer soll voraussichtlich Anfang des nächsten Jahres mit der Erneuerung des sogenannten Schneckenpumpwerks folgen.Photovoltaik fürs Pumpwerk


"Das Schneckenpumpwerk ist dafür da, das Wasser in die Kläranlage zu heben", erklärt VG-Werkleiter Richard Ehlen die Funktion. Das etwa zehn Meter lange Pumpwerk mit einem Durchmesser von rund einem Meter sei mittlerweile mehr als 30 Jahre alt und zeige starke Verschleißerscheinungen. "Man kann sich das so vorstellen, dass die Wände einfach nicht mehr dicht sind. Wasser läuft durch sie durch und rutscht einfach wieder nach unten, anstatt weiter hochgepumpt zu werden", sagt Ehlen. Weil dies hohe Einbußen für die Leistung und die Energie bedeute, müsse der Zulauf einfach bald erneuert werden.
Noch mehr neue Technik: Auch beim Betriebszweig Wasserversorgung in der Verbandsgemeinde bewegt sich etwas. Schon im November 2013 wurde eine Photovoltaikanlage auf das Dach des Pumpwerks und des gegenüberliegenden Lagers in Birgel montiert.
Die so erzeugte Strommenge wird bis auf einen Anteil von drei bis vier Prozent, die ins Netz eingespeist werden, selbst verbraucht. Im ersten Halbjahr 2014 lag die in der Anlage gewonnene Strommenge bei knapp 11 000 Kilowattstunden schon recht hoch: Das war mehr als die Hälfte der für das ganze Jahr vorgesehenen Strommenge von 19 500 Kilowattstunden.Extra für Kinder

In Lissendorf wurde in die Kläranlage ein Blockheizkraftwerk eingebaut. Das ist eine Anlage, mit der gleichzeitig Strom und Wärme produziert werden können. Den komischen Namen haben solche Heizwerke, weil sie sozusagen aus einem Block bestehen - manchmal sind sie wirklich nur so groß wie ein Kühlschrank und sehen auch so ähnlich aus. Es gibt aber auch richtig große Blockheizkraftwerke, die ganze Fabriken mit Strom und Wärme versorgen können. Aber wie funktioniert das Ganze? Blockheizkraftwerke werden mit einem Motor angetrieben. Der kann Benzin und Öl verbrennen, aber auch, wie hier in der Kläranlage, mit Gas laufen. Das Praktische in Lissendorf: für das Gas muss niemand bezahlen, das entsteht nämlich ganz von selber bei der Säuberung des Wassers. Wenn Wasser gereinigt wird, entsteht nämlich viel Schlamm, und aus dem steigt Gas auf. Wenn man dieses Gas sammelt, kann es benutzt werden, um den Motor in Gang zu halten. Der wiederum kann Strom produzieren, der schließlich ins Stromnetz gegeben oder gleich vor Ort verbraucht wird. Aber nicht nur Strom kann so hergestellt werden, ein Blockheizkraftwerk kann sogar noch etwas. Man kommt schon drauf, wenn man den Namen aufmerksam anschaut. Es kann nämlich auch heizen. Ihr kennt das sicher von Autos. Nach langen Fahrten ist die Motorhaube ganz heiß, weil Motoren warm werden, wenn sie laufen. Diese Wärme kann eingefangen und wieder benutzt werden. Zum Beispiel kann damit Wasser erwärmt werden. Das Wasser kann dann wieder benutzt werden, um eine Heizung anzutreiben. Ganz schön praktisch, oder? aff

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