Bahnunglück vor 30 Jahren bei Prüm: Fünf Tote nach Kollision zwischen Schulbus und Lok

Prüm · Es geschah heute vor 30 Jahren am unbeschrankten Bahnübergang zwischen Prüm und Niederprüm: Ein Schulbus stieß mit einer Diesellok zusammen. Der 61 Jahre alte Busfahrer und ein 15-jähriger Schüler starben sofort, drei weitere Kinder erlagen in den Wochen danach ihren Verletzungen.

Das war ein strahlender Tag. Blauer Himmel und nicht sonderlich kalt", sagt Heinz Beer. Er war damals Vorsitzender des Roten Kreuzes in der Abteistadt. Und erlebte mit, wie aus jenem sonnigen Dezembertag einer der schrecklichsten der Prümer Nachkriegszeit wurde - und wie die Stadt, nach der Kalvarienbergkatastrophe, von einem zweiten großen Unglück heimgesucht wurde.

An diesem Dienstag, 11. Dezember 1984, stießen gegen 13.15 Uhr ein Schulbus und eine Diesellokomotive zusammen - am unbeschrankten Bahnüberang zwischen Prüm und Niederprüm. Mehr als 40 Kinder und Jugendliche saßen im Bus, der 61-jährige Fahrer, so die Vermutung, war von der Sonne geblendet und hatte das Lichtsignal am Bahnübergang nicht gesehen. Zudem, sagt Heinz Beer, habe neben den Gleisen ein Erdhaufen gelegen, so dass der Zug nur schwer zu erkennen gewesen sei.Schreckliche Bilder


Der Busfahrer und ein 15 Jahre alter Schüler aus Lünebach hatten keine Überlebenschance: "Der Aufprall war so heftig", schrieb damals TV-Redakteur Friedhelm Knopp, "dass der Bus um 180 Grad herumgeschleudert wurde." Die Lok riss den Bus bis in die dritte Sitzreihe auf, schleifte den vorderen Teil noch etliche Meter weiter, der Fahrer und der Schüler waren sofort tot.

Der Bus geriet in Brand. Viele Kinder und Jugendliche zwischen elf und 18 Jahren wurden schwer verletzt, einige lebensgefährlich. "Zwischen den Trümmern", berichtet der damalige Prümer Wehrführer Herbert Juli im Magazin "Brandhilfe" vom April 1985, hätten schwerstverletzte Kinder gelegen, einige mit Brandwunden, "weitere 15 bis 20 liefen schreiend zwischen den Trümmern und verstreut liegenden Schulsachen umher". Mit Hubschraubern flog man die Verletzten in Kliniken nach Bonn, Köln, Trier, Homburg und Bitburg, elf konnten im Prümer Krankenhaus behandelt werden. Dennoch war am Ende die Bilanz der Katastrophe noch trauriger als bereits am Unglückstag: Denn drei weitere Kinder erlagen in der Zeit danach ihren Verletzungen.

Als junger Feuerwehrmann war Manfred Schuler einer der ersten am Unglücksort, wenn auch zufällig: "Ich weiß noch, dass ich Mittagspause hatte und irgendwas im Grenzlandmarkt Niederprüm kaufen sollte. Die Sonne stand ganz komisch - und da saßen Schüler auf der Wiese, als ob sie mit ihrer Klasse Camping machten." Auf den zweiten Blick habe er dann das Szenario erkannt, sagt der spätere Feuerwehrinspekteur des Eifelkreises.

"Und dann wurde mir klar: Hier ist was Fürchterliches passiert." Schuler erzählt von grauenvollen Bildern, die er nie vergessen habe und einem Einsatz, "der schwer zu verarbeiten war". Stephan Welker, heute stellvertretender Direktor des Regino-Gymnasiums, erinnert sich ebenfalls an jenen Tag, als er selbst noch Schüler war - und dass sehr viele Eltern kurz nach der Schreckensnachricht zur Schule geeilt seien: "Die Panik und Besorgnis waren unglaublich groß."
Erschütternd auch die Szenen, als immer mehr Eltern am Unglücksort eintrafen, sagt Heinz Beer: "Die kamen dahin und fragten: Wo ist mein Kind?" Er erinnert sich an ein weiteres trauriges Bild: wie die Helfer die Schulranzen aufgereiht hatten, die nun von den Eltern mitgenommen werden mussten. Und noch ein Detail fällt ihm wieder ein: Als einer der Rettungshubschrauber mit Kindern an Bord beim Start nur knapp unter den Hochspannungsleitungen hindurchflog. "Wir waren voller Angst, der würde die Leitungen abreißen."

Allen Helfern wurde später bescheinigt, dass sie vorbildlich gearbeitet hätten. Aber leider, so schreibt Robert Richter im aktuellen "Landboten" des Geschichtsvereins Prümer Land, "gab es auch das: schaulustige Gaffer, die nichts mit der Sache zu tun hatten und keinerlei Hilfe leisteten."
"Es war furchtbar", sagt Mathilde Weinandy, Stadtbürgermeisterin von Prüm. Ihr ältester Sohn besuchte damals in Niederprüm das Vinzenz-von-Paul-Gymnasium. "Es ist schlimm, wenn Kinder erleben müssen, wie plötzlich die Schulkameraden nicht mehr da sind oder schwer verletzt. Wir haben viele Wochen darüber gesprochen." Er habe damals als Helfer bereits einige schreckliche Erlebnisse hinter sich gehabt, sagt Heinz Beer. "Aber so etwas noch nicht. Das ist mir lange nicht aus dem Kopf gegangen."Extra

Bertram Mautsch aus Dahnen hat damals im Schulbus gesessen: "Ich bin aus dem Bus rausgeflogen", sagt er zum TV. Beim Sturz nach draußen habe er sich einen Schien- und Wadenbeinbruch zugezogen. Er sei damals 18 Jahre alt gewesen, sagt der heutige Geschäftsführer der Versicherungsagentur Theis in Pronsfeld. Er hatte bereits den Führerschein, musste aber in dieser Zeit den Bus nehmen, weil er infolge einer Sportverletzung bereits ein Bein im Gipsverband hatte. An den Zusammenstoß selbst hat er keine Erinnerung: "Ich weiß noch, dass ich auf der Straße den Bus gesehen habe, das Vorderteil weg war und wie das Ding gequalmt hat." Seine Eltern und die behandelnden Ärzte hätten ihm später gesagt, dass er ihnen den Unfall geschildert habe. "Aber danach hatte ich daran keine Erinnerung." Deshalb belaste ihn das Unglück auch nicht so sehr wie andere. Mautsch machte sogar einige Jahre später selbst den Busführerschein und steuerte eine Zeit lang einen Reisebus. Und er dankt "dem lieben Gott" für die Gabe, das Ereignis verdrängen zu können. Auch wenn er weiß, dass das Unglück für andere weitaus schlimmere Folgen hatte als für ihn selbst. fpl

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