Betrunken auf der Flucht

Weil er betrunken und ohne Führerschein bei einem Fest in Büdesheim drei Menschen angefahren hat, muss ein 32-jähriger Mann 6300 Euro Strafe zahlen. Den ursprünglichen Vorwurf, er habe die Opfer absichtlich verletzen und dazu das Auto als Waffe einsetzen wollen, hielt das Gericht nicht aufrecht.

Büdesheim/Bitburg. Mit einem außergewöhnlichen Fall beschäftigt sich das Amtsgericht Bitburg an diesem Tag. Es geht um eine Party in Büdesheim im Juli 2006. Laut Anklageschrift hat sich der 32-jährige Peter M. (Name von der Redaktion geändert) aus Nordrhein-Westfalen damals über ständige Schlägereien beschwert. Diese Party-Störer müsse man "alle kalt machen", soll M. gesagt haben. In einem Akt der Selbstjustiz soll er um 6 Uhr morgens mit Vollgas in eine Menschenmenge gefahren und dann geflüchtet sein."Ich war damals fix und fertig"

Vor dem Schöffengericht schildert Peter M. den Ablauf entscheidend anders. Er habe keineswegs solche Drohungen ausgesprochen und nie die Absicht gehabt, jemanden zu verletzen. Er sei zwar betrunken und ohne Führerschein vom Festgelände gefahren, bei einem Geräusch am rechten Außenspiegel habe er sich jedoch nichts gedacht und deshalb auch nicht angehalten. Tatsächlich wurden bei diesem Aufprall drei Menschen verletzt. Sie erlitten Schürfwunden und leichte Prellungen.Peter M's Begleiter bei der Party und Beifahrer im Auto, ein Angestellter seines Vaters, entlastet den Angeklagten: "Ich bemerkte einen dumpfen Schlag am Auto. Es hätte aber auch ein Ast sein können."Stutzig macht das Gericht, dass der Beifahrer zunächst einen Termin mit der Polizei Prüm zwecks Zeugenaussage vereinbarte, die Freundin des Angeklagten diesen Termin jedoch abblies und dabei den Ermittlern noch Vorwürfe machte. "Ich war damals fix und fertig", begründet der Beifahrer seinen Sinneswandel. Die Erinnerung an einen schweren Unfall vor zehn Jahren sei wieder hoch gekommen.Verlobung ja, Heiratspläne nein

Die Freundin des Angeklagten, eine Polizeibeamtin aus NRW, macht vor Gericht von ihrem Aussageverweigerungsrecht als Verlobte Gebrauch. Die Verlobung besteht seit Mai 2007, konkrete Heiratspläne hat das Paar allerdings nicht - wieder stutzt das Gericht.Eine der angefahrenen Augenzeuginnen schildert den Unfall, kann sich aber an Details nicht mehr erinnern. Der Angeklagte habe sie zwischenzeitlich besucht, sich entschuldigt und eine Entschädigung gezahlt. Vor Gericht kommt ihm während der gesamten Verhandlung kein Wort der Reue über die Lippen.Nach einer informellen Verständigung der Prozessbeteiligten ersetzt die Staatsanwaltschaft den Anklagepunkt des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr durch Gefährdung des Straßenverkehrs infolge von Trunkenheit - ein weniger schwer wiegendes Vergehen. Der Punkt der gefährlichen Körperverletzung wird ganz fallengelassen. Die Forderung von Staatsanwalt Christian Scholz: 90 Tagessätze à 70 Euro und drei weitere Monate Sperrung des vor Jahresfrist vorläufig entzogenen Führerscheins. "Der Vorwurf, der Angeklagte sei absichtlich auf die Menschenmenge zugefahren, trifft nicht zu", betont der Verteidiger.Im Urteil folgt das Gericht exakt dem Antrag der Staatsanwaltschaft: 6300 Euro Geldstrafe, keine Freiheitsstrafe. "Ein Anfahren mit Verletzungsabsicht bedarf einer hohen Beweispflicht", sagt Vorsitzender Richter Werner von Schichau. Der Unfallort habe in einer Kurve gelegen. Das angebliche Tatmotiv passe nicht mit dem ermittelten Ablauf zusammen, zumal die Verletzten zuvor nicht an Schlägereien beteiligt gewesen seien.Verteidiger und Staatsanwalt nehmen das Urteil noch im Gerichtssaal an. Hintergrund Ausgerechnet am heutigen Samstag, wenige Tage nach der Gerichtsverhandlung zum Unfall beim Büdesheimer Hüttenrock 2006, steht die dritte Hüttenrock-Party an. Der Veranstalter, die Büdesheimer Dorfjugend, will Auswüchsen durch gezielte Maßnahmen vorbeugen. Dabei gilt es auch Auflagen des Ordnungsamts zu erfüllen. "Wir setzen zehn ausgebildete Sicherheitskräfte einer Security-Firma ein. Das hatten wir ohnehin vor", berichtet Vereinsvorsitzender Stefan Schmitz. Parkplätze, An- und Abfahrt werden klar geregelt. Konsequente Ausweiskontrollen sollen dafür sorgen, dass nur Gäste ab 16 Jahren auf das Gelände um die Grillhütte kommen. Einlass ist um 20 Uhr. Die Musik legt das DJ-Team "Nightlife Project" auf. Stefan Schmitz: "Wir wollen einfach friedlich feiern." (cus)

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