Butterbrot-Spende und echter Bohnenkaffee

Prüm in der Nachkriegszeit: Wie war das damals, 1948, vor genau 60 Jahren? Wer wüsste das besser als Monika Rolef, Zeitzeugin, Mitbegründerin des Geschichtsvereins Prümer Land und historische Stadtführerin. Zusammen mit ihr blickten wir zurück auf gute, aber auch schwierige Prümer Zeiten.

Prüm. (sn) Auf der Fensterbank von Monika Rolef stehen sie noch heute zu Dekorationszwecken in einem unscheinbaren Grau: eine Milchkanne, ein 250-Milliliter-Kännchen und ein Aluminium-Topf. "Der stammt aus einer Spende von den Schweizern", sagt sie. Prüm vor 60 Jahren: Monika Rolef hat viele Informationen zu diesem Thema zusammengetragen. Die auf historische Stadtführungen spezialisierte Prümerin interessiert sich nicht nur brennend für heimische Geschichte, sie hat sie auch in den vergangenen 67 Jahren miterlebt. 1948 war sie acht Jahre alt und besuchte die Schule. Beziehungsweise die dafür eingerichteten Notunterkünfte, denn nach dem Krieg gab es keine Schulgebäude mehr. 1944 wurde die Stadt zu 80 Prozent durch Bombenangriffe zerstört. Das Bischöfliche Konvikt wurde im Februar 1945 durch rund 400 Tellerminen von deutschen Soldaten in die Luft gesprengt, weiß Monika Rolef. Während der Osterferien 1948 verlegte das Konvikt sein Heim (Internat), das es nach Kriegsschluss in der Missionsschule in Niederprüm unterhielt, in das Gebäude des Hauptzollamts im Kreuzerweg. 80 Schüler fanden dort Unterkunft. Das im Hauptzollamt untergebrachte Finanzamt kam ins Café Brück in der Ritzstraße. Das Postamt wurde ebenfalls aus dem Hauptzollamt ausquartiert und bekam seinen Sitz in einer Großbaracke nebenan. Die Prümer Kinder gingen nach dem Krieg in sogenannte Notschulen im Klosterhof. "Die Kinder hatten unendlich viel Hunger, viele waren unterernährt", erinnert sich Monika Rolef. Da begannen die Menschen aus den umliegenden Orten, den Schulkindern Butterbrote zu schmieren. 1946 waren es 3429 Portionen, die sie zubereiteten. 1947 begann die Schulspeisung, hergestellt aus Schweizer Spenden, für alle Prümer Schulkinder. Im Oktober '47 war damit jedoch wieder Schluss. Im März 1948 erhielten nur noch besonders bedürftige Schüler weiterhin Verpflegung. Später wurde die "Butterbrotspende" durch eine Frühstückssuppe erweitert. Diese reichte der Caritas-Verband Prüm allen Schulkindern in der großen Pause.Weiterer Höhepunkt im Schulleben: Bei der Schulentlassfeier 1948 gab es am Nachmittag erstmals wieder "echten Bohnenkaffee". An Heiligabend 1945 stürzte kurz vor der Christmette das Gewölbe des rechten Seitenschiffs und das gesamte Langschiff der Basilika ein. Grund waren wahrscheinlich die Schäden, die durch die Erschütterung der Bombenangriffe hervorgerufen worden waren. Drei Jahre später formierte sich der Verein zur Förderung des Wiederaufbaus der St. Salvatorkirche und Abtei. Ziel war, alles dranzusetzen, die noch bestehenden Teile zu sichern und vor dem Verfall zu bewahren. Lesen Sie demnächst in einem weiteren Bericht: Prüm während der Währungsreform. EXTRA Prümer Krankenhaus: Zu den am meisten durch den Krieg mitgenommenen Gebäuden zählte das St.-Joseph-Krankenhaus der Stadt. Von dem umfangreichen Komplex blieb nur das Ökonomiegebäude erhalten. Bereits 1945 wurde das Krankenhaus im ehemaligen Finanzamt wieder in Betrieb genommen. Drei Jahre später, 1948, kam im Oktober eine chirurgische Abteilung in der früheren Kreissparkasse dazu. Beide Häuser in der Tiergartenstraße wurden von Franziskaner-Schwestern betreut. Außer einem Kreisarzt waren in Prüm drei Ärzte tätig. (sn)

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