Das Kind als Ganzes im Blick

PRÜM. Die Außenstelle der Kinderfrühförderung und Elternberatung in Prüm startete 1981 in einer Wohnung in der Spiegelstraße. Mittlerweile arbeitet ein zwölfköpfiges Team in Räumen des ehemaligen Konvikts.

Marco (Name von der Redaktion geändert) ist vier Jahre alt. Statt "Kindergarten" sagt er "Tinderdaten". Seine Mutter versteht ihn, doch andere können mit seiner "Geheimsprache" nichts anfangen. Dinge, die ihm die Mutter sagt, kann Marco sich nur schlecht oder gar nicht merken. Marco ist nur eines von vielen Kindern, denen im Sozialpädiatrischen Zentrum (siehe Hintergrund), Außenstelle Prüm, geholfen wird. Seit nun rund 25 Jahren kümmert sich die als Frühförderung bekannte Einrichtung um entwicklungsgefährdete, von Behinderung bedrohte und behinderte Kinder und deren Familien. Seit 2003 befindet sich die Kinderfrühförderung im Konvikt, Haus der Kulturen, in der Kalvarienbergstraße in Prüm. Geleitet wird die Außenstelle zur Zeit von Claudia Blech und Edeltrud Hilden.Späte Entwicklung fachlich abklären

Das Spektrum an Hilfen ist groß. Doch wie erkennen Eltern, ob ihr Kind Entwicklungsdefizite hat, oder nicht? "Wenn Kinder spät krabbeln, spät reden oder gehen, dann sollte man sich beim Kinderarzt oder bei uns absichern", rät Heilpädagogin Claudia Blech. Viele würden sich mit dem Gedanken beruhigen: "das wächst sich alles wieder aus". Das kann, muss aber nicht so sein. Je eher fachmännischer Rat gesucht wird, desto besser, meint die Heilpädagogin. Oft werden die Eltern auch vom Kinderarzt oder den Erziehern im Kindergarten auf Defizite der Kinder aufmerksam gemacht. Um das Kind kennen zu lernen, wird ein Termin im Sozialpädiatrischen Zentrum in Trier vereinbart. Dort wird das Kind von einem Kinderarzt umfassend untersucht. Zusammen mit dem Psychiater Georg Bickelmann wird bei Bedarf ein Therapie-Vorschlag gemacht und im Team vor Ort besprochen. Dazu zählen in Prüm drei Logopäden, drei Ergotherapeuten, drei Heilpädagogen, ein Psychologe und ein Kinder- und Jugendarzt. Der Wille der Eltern ist nun entscheidend. Falsch wäre der Glaube, dass das Kind zehn Mal die Frühförderung besucht und schon sei alles in Butter, sagt Blech. "Eine Stunde in der Woche ist nicht viel Zeit. Es kommt auch darauf an, wie die Eltern mitarbeiten", sagt sie. 324 Kinder und deren Familien wurden 2005 in der Prümer Außenstelle betreut. Davon waren 190 Erstvorstellungen. Dafür werden in Prüm sieben Therapieräume, ein Werkraum, ein Trampolinraum, ein Kletter- und Toberaum und ein Computerraum genutzt. Betreut werden Kinder bis 16 Jahre. Kinder aus allen sozialen Schichten besuchen die Einrichtung. Und sie kommen in der Regel gerne, denn das ist sehr wichtig für die Therapeuten. "Für die Kinder sieht es so aus, als würden wir mit ihnen spielen", erklärt die Heilpädagogin. Das Wort Therapie sei so gesehen missverständlich. Ergo- beziehungsweise Beschäftigungstherapie hat zum Ziel, die Selbstständigkeit und aktive Teilnahme am Alltagsgeschehen zu fördern. Klingt sehr theoretisch. "In der Praxis bauen wir zum Beispiel einen Parcours auf, wo die Kinder mit dem Rollbrett fahren und Aufgaben für ihre Geschicklichkeit lösen müssen", sagt Claudia Blech. Die Förderung durch das Sozialpädiatrische Zentrum ist in der Regel abgedeckt durch die Krankenkassen beziehungsweise das Jugendamt. Marco besucht einmal die Woche eine Logopädin der Einrichtung. Sie spielen Memory. Kein normales, sondern eins, auf dem Sachen dargestellt sind, die die Kinder mit dem Mund nachmachen sollen. So wie Marco, der gerade eine Katze umdreht, die die Zunge rausstreckt. "Bäh" sagt er laut, streckt die Zunge raus und lacht. Die Außenstelle Prüm stellt ihre Angebote für Grundschüler in einem Vortrag für Lehrer vor. Und zwar am Montag, 13. November, 14.30 Uhr, in den Räumen der Frühförderung, im ehemaligen Konvikt.

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