Das Unglück nach dem Unglück

Doppeltes Unglück am Dienstagmorgen in Olzheim und bei Prüm: Auf dem Weg zu einem Gefahrgutunfall mit ätzender Säure am Rasthof Schneifel sind fünf Feuerwehrmänner aus Bitburg mit ihrem Einsatzfahrzeug verunglückt und dabei verletzt worden.

Olzheim/Prüm/Bitburg. Olzheim, Rasthof Schneifel, 8.30 Uhr am Dienstagmorgen: Mit einem Schlag ist der Einsatz für die Feuerwehren an der Gefahrgut-Unfallstelle erheblich dramatischer geworden. "Das Fahrzeug aus Bitburg ist verunglückt!"

Fünf Wehrleute vom Gefahrstoffzug des Eifelkreises hatten einen schweren Unfall - auf dem Weg nach Olzheim sind sie mit ihrem Atemschutz-Fahrzeug an der B 51-Anschlussstelle Brühlborn von der Straße abgekommen, über eine Grasfläche geschleudert und dann hinabgestürzt auf die Ausfahrtspur in Richtung Gerolstein.

Wie schwer sie verletzt sind, weiß niemand. Sofort fährt eine Gruppe von Einsatzkräften los, um den Kameraden zu helfen. "Die Gedanken gehen in so einen Moment erst einmal zu den Kollegen", sagt später Volkmar Leisen, stellvertretender Gefahrstoff-Zugführer aus Waxweiler.

Bis zu diesem Zeitpunkt laufen die Arbeiten der Wehren in Olzheim ohne besondere Vorkommnisse - sieht man einmal vom Grund dafür ab: Ein LKW aus Hamburg, dessen Tank eine ätzende Flüssigkeit verliert. Es handelt sich um den "Gefahrstoff 1789", wie der Prümer Wehrführer Bernd Jaron mitteilt - Chlorwasserstoffsäure, hergestellt von Bayer in Leverkusen.

Mehr als 50 Liter Säure sind ausgelaufen



Der Stoff wird bei der Metallreinigung verwendet. Der LKW, mit knapp 22 000 Litern davon beladen, war unterwegs von Leverkusen zur Bitburger Brauerei. In Olzheim hatte der 44-jährige Fahrer über Nacht pausiert, ohne zu bemerken, dass die Säure aus seinem Tank tropfte. Erst am Dienstagmorgen entdeckt er das Unglück. Mehr als 50 Liter der ätzenden Säure sind über Nacht auf den Parkplatz gelaufen.

Klaus-Peter Welling und Heinz Frauenkron von der Feuerwehr Prüm, mit Schutzanzügen und Atemmasken ausgerüstet, dichten das Leck vorläufig ab und fangen die ausgetretene Flüssigkeit auf. Die Umwelt bleibt verschont.

Dann das zweite Unglück - und diesmal trifft es die Feuerwehrkameraden: Fünf Wehrleute saßen im Wagen, sie erleiden unter anderem Rippenbrüche und Schnittwunden und werden nach der Erstversorgung durch den Notarzt vom DRK ins Prümer Krankenhaus gebracht.

Am Nachmittag dürfen vier von ihnen wieder nach Hause. Der fünfte muss im Krankenhaus bleiben. "Das war schon schlimm", sagt Karl-Peter Götz von der Bitburger Feuerwehr. "Aber es ist gut, dass den Leuten relativ wenig passiert ist. Das andere ist alles zu ersetzen." Zum Beispiel der Einsatzwagen: Der sei nicht mehr zu gebrauchen, sagt Götz.

Die Auffahrt Brühlborn bleibt während der Rettungsarbeiten gesperrt, der Verkehr wird umgeleitet. Am Nachmittag dann die Nachricht aus Olzheim: Die Wehrleute haben das Leck so weit abgedichtet, dass der LKW weiterfahren kann. Allerdings nicht nach Bitburg, sondern zurück nach Leverkusen - unter Begleitung von Polizei und Werksfeuerwehr.

Zur Höhe des Sachschadens infolge der beiden Unfälle liegen noch keine Schätzungen vor. Prüm. (fpl) Reinhard Houscht atmet auf: "Es geht ihnen besser", sagt der Wehrleiter der Verbandsgemeinde Prüm und stellvertretende Kreis-Feuerwehrinspekteur am Dienstagnachmittag. "Die Verletzungen waren nicht so schlimm, wie es anfangs ausgesehen hat. Gott sei dank."

Von den verunglückten Bitburger Kameraden dürfen vier nach der Behandlung im Prümer Krankenhaus wieder heim - und auch beim fünften von ihnen besteht zumindest keine Lebensgefahr. Eine gute Nachricht, aber sie wird getrübt: So ist im Laufe des Tages auf volksfreund.de eine Diskussion unter den Leser-Kommentatoren zum Thema Fahrausbildung und -verhalten der Einsatzkräfte am Steuer entbrannt. Bei den Wehrleuten kommt die - oft anonym geäußerte - Kritik gar nicht gut an: "Das ist dummes Zeug", sagt Reinhard Houscht. "Die Leute sind gut ausgebildet, die wissen, wie es geht. Es setzt sich keiner auf so ein Auto, der keine Erfahrung hat." Das findet auch Karl-Peter Götz von der Feuerwehr Bitburg: "Wer so was sagt, liegt total falsch", sagt er.

"Wer solche Kommentare abgibt, soll doch selber zur Feuerwehr kommen und die Ausbildung machen", sagt Volkmar Leisen, stellvertretender Gefahrstoff-Zugführer aus Waxweiler. Alle Kameraden in den Einsatzfahrzeugen würden regelmäßig zu Sicherheitstrainings geschickt.

"Das kann jedem passieren", sagt Reinhard Houscht. "Nicht nur einem Feuerwehrmann. Die Leute sollen froh sein, wenn die Kameraden abends gesund nach Hause kommen. Das ist schließlich alles ehrenamtliche Tätigkeit. Und wir machen den Job nicht zu unserem Vergnügen." EXTRA Großeinsatz dank undichtem Tank: Allein der Gefahrgut-Unfall in Olzheim hat am Dienstag mehr als 80 Menschen beschäftigt. Beteiligt waren die Wehrleute aus Olzheim, Prüm und Niederprüm, weitere Kameraden aus Bitburg und Waxweiler, aus den Kreisen Euskirchen (Nordrhein-Westfalen) und Vulkaneifel, das DRK Bitburg-Prüm, die Polizei Prüm, die Gefahrenkontrollgruppe des Polizeipräsidiums Trier, Mitarbeiter der Unteren Wasserbehörde und ein Fachberater des Transport-Unfall-Informations- und Hilfeleistungssystems (TUIS) der deutschen chemischen Industrie. (fpl)

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