Demnächst ohne Schlaglöcher

Wenn alles glatt läuft, kommt die Gemeinde Großkampenberg beim Ausbau der L 1 ohne Beitragsbescheide für Bürger aus. Grundstücksbesitzer im Außenbereich wollen sich freiwillig beteiligen, Bewohner der Ortslage ihren Obolus nach einem bestimmten Schlüssel zahlen.

 Die Fahrbahn der Hauptstraße (L1) in Großkampenberg ist an vielen Stellen beschädigt. TV-Foto: Marcus Hormes Marcus

Die Fahrbahn der Hauptstraße (L1) in Großkampenberg ist an vielen Stellen beschädigt. TV-Foto: Marcus Hormes Marcus

Großkampenberg. In drei Ratssitzungen und einer Einwohnerversammlung war der für 2008 geplante Ausbau der Landesstraße 1 (Hauptstraße) in Großkampenberg schon Thema (siehe Extra). Dabei ging es vor allem um den Gehweg, den die Gemeinde (40 Prozent) beziehungsweise ihre Bürger (60 Prozent) bezahlen müssen.Das Problem: 20 der insgesamt gut 50 Häuser liegen "außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortslage". Grundstücke im Außenbereich sind jedoch nicht beitragspflichtig. Dadurch kämen auf die Eigentümer innerhalb der Ortslage hohe Kosten zu, besonders bei einigen großflächigen Grundstücken. Vor diesem Hintergrund suchte der Gemeinderat nach einer Lösung, die Lasten breiter und gleichmäßiger zu verteilen. Bei Gesprächen mit Betroffenen kristallisierte sich ein Modell heraus, wie der Bürgeranteil von kalkulierten 47 000 Euro für den Gehweg finanziert werden soll:Bewohner des Außenbereichs beteiligen sich freiwillig an den Kosten. Die bisher mündlichen Zusagen beziehen sich meist auf eine Summe von 500 bis 600 Euro pro Eigentümer. So sollen 10 000 Euro zusammenkommen.10 000 Euro schießt die Jagdgenossenschaft zu.Eigenleistungen beim Bau rechnet die Gemeinde im Wert von etwa 8000 Euro ein.Zur Finanzierung der Restsumme wurde der Innenbereich des Dorfs in drei Stufen unterteilt. Die Eigentümer mit den größten Grundstücken zahlen 1500 Euro, mit mittelgroßen Grundstücken 1000 Euro, mit kleineren Flächen 700 Euro."Wir sind froh, dass die Leute mitziehen. Das ist eine echte Solidargemeinschaft", sagt Ortsbürgermeister Herbert Heinz."Eine eigene Erfindung der Gemeinde"

 Bürger von Großkampenberg nutzten die Gelegenheit, sich in der öffentlichen Gemeinderatssitzung über den geplanten Straßenausbau zu informieren. TV-Foto: Marcus Hormes

Bürger von Großkampenberg nutzten die Gelegenheit, sich in der öffentlichen Gemeinderatssitzung über den geplanten Straßenausbau zu informieren. TV-Foto: Marcus Hormes

Das außergewöhnliche Vorhaben führte bei der jüngsten Ratssitzung zu erheblichem Erklärungsbedarf. So fragten Bertram Ademes und andere Ratsmitglieder nach dem Sinn des Punkts "Erlass einer neuen Ausbaubeitragssatzung wiederkehrende Beiträge". "Zumindest die Kirchengemeinde und die Ortsgemeinde selbst müssen durch offizielle Beitragsbescheide herangezogen werden", erklärte Michael Kockelmann, Mitarbeiter der Verbandsgemeinde-Verwaltung Arzfeld. Sein Kollege Franz-Josef Candels nannte noch einen weiteren Grund: "Die Kommunalaufsicht verlangt eine Satzung, damit die Finanzierung der Baumaßnahme gesichert ist. Reicht am Ende das freiwillig gesammelte Geld, dann muss an die Bürger kein Beitragsbescheid verschickt werden."Gegen die Variante mit wiederkehrenden Beiträgen für alle Eigentümer sträubten sich alle Ratsmitglieder. Stattdessen beschlossen sie einstimmig eine Satzung mit Einmalbeiträgen für einzelne Verkehrsanlagen. Nachteil: Dadurch könnten für den geplanten Gehwegbau nur die Anlieger der Hauptstraße herangezogen werden — wenn es hart auf hart käme und freiwillige Zahlungen ausblieben.In diesem Fall würde die Gemeinde von den Beitragspflichtigen sogenannte Vorausleistungen auf den kalkulierten Gesamtbeitrag erheben, zahlbar in drei Raten ab Baubeginn. Diesen formalen Not-Ausweg will der Rat jedoch möglichst gar nicht beschreiten. Wann genau die Spenden der Bürger für den Gehweg überwiesen oder eingezahlt sein müssen, ließ der Rat zunächst offen. "In diesem Stil ist so etwas bei uns noch nie gelaufen", stellte Franz-Josef Candels im Gespräch mit dem TV fest. "Das ist praktisch eine eigene Erfindung der Gemeinde und nicht einfach übertragbar, weil es für freiwillige Zahlungen keine Rechtsgrundlage gibt." Das Modell könne durchaus funktionieren, aber auch schiefgehen.Wird der Gehweg am Ende teurer als vorab kalkuliert, dann will die Gemeinde nachträglich auch die Restsumme noch einsammeln. Liebe Leser, was halten Sie von der Regelung in Großkampenberg? Hat sie Vorbildcharakter für andere Gemeinden, oder ist sie zu unsicher? Mailen Sie uns bitte Ihre Meinung. Name und Anschrift nicht vergessen.Meinung Das Land schaut Pionieren zu Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Während sich in den vergangenen Wochen und Monaten eine Eifeler Gemeinde nach der anderen mit Beitragssatzungen herumquälte, erfinden ausgerechnet die 170 Großkampenberger kurzerhand ein neues Modell. Dabei sind freiwillige Zahlungen von Bürgern für öffentliche Bauvorhaben nicht völlig neu. Spenden gab es schon immer, und mancher Wirtschaftsweg wäre ohne sie erst gar nicht ausgebaut worden. Aber eine förmliche Beitragserhebung fast komplett zu ersetzen durch ein freihändig vereinbartes, mehrgliedriges System, wird Beobachter verblüffen. Damit die mutigen Isleker Pioniere keinen Schiffbruch erleiden, muss der Rat den Bürgern noch eine klare Frist setzen, bis wann alle Spenden eingezahlt sein müssen. Bei Baubeginn muss die gesamte Summe auf dem Gemeindekonto liegen. Sonst überlegt es sich mancher Bürger nachträglich anders. Anders als bei üblichen Vorausleistungen, die bei Bedarf einklagbar sind, hat die Gemeinde bei der freiwilligen Variante keine Rechtsgrundlage. Für den Fall, dass alles wie ein Kartenhaus zusammenstürzt und doch Bescheide verschickt werden müssten, wären wiederkehrende Beiträge die bessere Lösung. Denn dann würden nicht nur die Anlieger der Hauptstraße herangezogen, sondern immerhin der gesamte Innenbereich des Dorfs. m.hormes@volksfreund.deHintergrund Die L 1 in Großkampenberg wird einschließlich Unterbau auf einer Länge von rund 660 Metern erneuert, vom Weg Gretheneskreuz bis hinter den Primmerbachweg. Die Fahrbahn ist dann 5,50 Meter breit. Der neue einen Meter breite Gehweg verläuft aus Richtung Heckhuscheid zunächst auf der linken Straßenseite und wechselt dann auf die rechte Seite. "Am Anfang der Ortsdurchfahrt aus Richtung Leidenborn ist zur Verkehrsberuhigung eine Mittelinsel vorgesehen", sagt Karl-Josef Tölkes vom Landesbetrieb Mobilität. Dort ist jede Fahrspur 3,75 Meter breit, genug Platz für den Winterdienst. Gesamtkosten des Ausbaus: rund 300 000 Euro. (cus)

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