Die Klassen-Arbeiterin - Annette Schürmann und ihre Sozialbetreuung in den Schulen

Prüm/Auw · Als Annette Schürmann in der jüngsten Sitzung des Verbandsgemeinderats Prüm vortrug, was sie als Schulsozialarbeiterin alles zu tun hat, herrschte wirklich einmal ungetrübte Einigkeit in der Runde: Ihre Tätigkeit wird gebraucht. Und sie wird - leider - immer wichtiger.

Die Klassen-Arbeiterin - Annette Schürmann und ihre Sozialbetreuung in den Schulen
Foto: (e_pruem )

Prüm/Auw. "Frau Schürmann ist ein Segen. Wir sind froh, dass wir sie haben", sagt Jennifer Loos, Leiterin der Grundschule Bleialf. "Sie hört auch Dinge, die nicht ausgesprochen werden", sagt Arnold Gierten, Chef der Bertrada-Grundschule in Prüm.
Frau Schürmann, die so sehr Gelobte, heißt mit Vornamen Annette, hat mit ihrem Mann Felix vier erwachsene Kinder, lebt in Auw, sitzt für Bündnis 90/Die Grünen im Rat der Verbandsgemeinde (VG) Prüm und macht seit vier Jahren, unter der Trägerschaft des Roten Kreuzes im Eifelkreis und in Kooperation mit dem Jugendamt, Schulsozialarbeit in der Kommune.Kein Ringelpietz mit netter Tante


Anfangs nur in der Abteistadt, seit vorigem Jahr leistet die diplomierte Sozialpädagogin diese Arbeit auch an den anderen VG-Grundschulen: in Bleialf, in Pronsfeld, Schönecken und Wallersheim.
Und das ist kein Ringelpietz mit der netten Tante, die einmal die Woche kommt. Stichwort: Krisengespräche. Davon führt sie immer mehr. Anfangs, sagt die 52-Jährige, habe sie gedacht, sie werde wohl das eine oder andere Projekt leiten - wie den Kindern das Handwerk des Konfliktlösens beizubringen. "Aber die Lehrer sind alle so fit, die machen das klasse."

Nein, sie wird für andere Dinge gebraucht. Für das einsame Kind, das stille Kind, das laute und das streitsüchtige Kind. Das Kind, um das man sich kümmern muss, weil es vielleicht ein Elternteil verloren hat. Weil es unter hohem Erwartungsdruck leidet - den gebe es auch in den sogenannten besten Familien, sagt Annette Schürmann. Die Fälle, mit denen sie befasst ist, gehen durch alle Schichten.

Und an den Schulen kann sich darum nicht ausreichend gekümmert werden: "Hinter jedem Problem", sagt Arnold Gierten, "steckt ein Grund." Die Lehrer aber könnten meist "nur an den Symptomen rumdoktern". Und da sei es gut, jemanden zu haben, der "nicht nach Schule riecht", der vermittelnd agiere.
Und dabei, sagt Jennifer Loos, beweise Annette Schürmann, dass sie in der Lage sei, "die Dinge auf den Punkt" zu bringen. Als neutrale Person eben - wenn die Schule bei den Eltern wegen eines Problems anklopfe, werde das gelegentlich als Angriff empfunden. Zumal die Sozialpädagogin bestens vernetzt sei, viele Tipps und Ansprechpartner kenne. Und es beginnt bereits früh: Im vergangenen Jahr, sagt Annette Schürmann, habe man ihr bei 34 von 77 Schützlingen, die vom Kindergarten zur Bertradaschule wechselten, Bedarf gemeldet. Im Jahr davor seien es nur 21 gewesen. Oft seien es nicht die Lehrer, die sie alarmieren, sondern die Eltern. Und sie freut sich, dass da so viel Offenheit und so wenig Ablehnung herrscht: "Viele finden es toll", sagt die 52-Jährige. Auch wenn manche erst einmal schlucken müssten, wenn sie hören, dass ihr Kind ein Problem hat. Oder Jahre brauchen, bis sie dann auf Annette Schürmann zukommen. Auch darüber freut sie sich - wie auch über die Unterstützung, die ihr an den VG-Schulen zuteil wird.

Und oft ist es ja gar nicht das Mädchen oder der Junge, die Hilfe brauchen oder für die Ursache verantwortlich sind: Wie jene Jungs, die sich zwar ständig in den Haaren hatten - was aber, wie die Sozialarbeiterin herausfand, an Stress zwischen den Familien lag. Ihr Rat: Die Eltern erlauben den Kindern, dass sie befreundet sein dürfen.

Manche Mütter und Väter seien sich einfach ihrer Aufgabe nicht bewusst - "die spielen lieber mit dem Computer, anstatt sich mit ihrem Kind zu beschäftigen." Es ist eines ihrer größten Anliegen: "Dass Eltern wieder anfangen, Verantwortung für ihre Erziehungsaufgaben zu übernehmen." "Und da", ergänzt sie, "pack ich sie".

Wenn es dann einem Kind oder Elternteil etwas besser gehe, "dann zieht das Kreise und bewegt auch das Umfeld ein wenig mit". Und wenn etwas gut funktioniere, laute das Motto: "Dann tue mehr davon." Würde auch Annette Schürmann gern: 20 Stunden macht sie in der Woche. "Mit 25 könnte man schon etwas mehr machen", von 30 will sie gar nicht erst träumen. Bis dahin stehe fest: Mit einer halben Stelle kann sie "nur punktuell Krisen lindern und begleiten".
Annette Schürmann ist am
besten per E-Mail erreichbar.
Die Anschrift: annette.schuermann@drk-bitburg.deMeinung

Mehr davon!
Gebt ihr noch ein paar Stunden. Wenn man erlebt, mit welchem Engagement Annette Schürmann - und sie ist ja nicht die Einzige in der Eifel - für die Kinder eintritt und wirklich hilft, dann kann man sich nur wünschen, dass an den verantwortlichen Stellen mehr Geld, mehr Zeit für ihre Arbeit herausgeschlagen wird. Also bitte: Welches Geld wäre besser ausgegeben? f.linden@volksfreund.deExtra

Ein typisches Beispiel aus Annette Schürmanns Praxis: Ein Kind stört, provoziert, leidet offenbar unter etwas - und bringt seine Lehrerin an ihre erzieherischen Grenzen. Der kleinere Bruder sitzt ganz still in einer anderen Klasse, er spricht gar nicht mehr. Es stellt sich heraus: Die Mutter ist schwer erkrankt, der Vater beruflich stark eingespannt. Annette Schürmann spricht zunächst mit den Kindern. Erreicht, dass sie sich öffnen. Sucht den - wie sich zeigt, dankbaren - Vater auf, trifft mit ihm Absprachen über das weitere Vorgehen. Auch mit den Lehrern wird alles abgestimmt. Nach weiteren Gesprächen und Hilfeangeboten bessert sich das Verhalten der Kinder, sie machen wieder mit, gehören wieder dazu. "Und strahlen, wenn sie mich sehen", freut sich die Schulsozialarbeiterin. fpl

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