Die Suche nach den Millionen "Die Prüfung der ganzen Sache muss von außen kommen"

Neues zum Stand der Ermittlungen im Fall des verhafteten Kämmerers: Werner Arenz, Bürgermeister der Verbandsgemeinde (VG) Obere Kyll, hat die Mitglieder des Rats und die Bürger zu einer außerordentlichen Sitzung eingeladen. Nach Ansicht des früheren FWG-Kreisvorsitzenden Helmut Schmitz soll Bürgermeister Werner Arenz die politische Verantwortung für den Untreue-Fall in seiner VG-Verwaltung übernehmen und sein Amt niederlegen.

 Der Griff in die Gemeindekasse: Ganz so einfach und offensichtlich wie auf unserem Bild liefen die Unterschlagungen an der Oberen Kyll nicht ab. Zurzeit wird ermittelt, wie die Abbuchungen möglich waren und wie so etwas künftig zu verhindern ist. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Der Griff in die Gemeindekasse: Ganz so einfach und offensichtlich wie auf unserem Bild liefen die Unterschlagungen an der Oberen Kyll nicht ab. Zurzeit wird ermittelt, wie die Abbuchungen möglich waren und wie so etwas künftig zu verhindern ist. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Jünkerath. "Wir werden das nicht alles in einer Sitzung lösen können", sagt Werner Arenz im Gespräch mit dem TV. "Dafür sind die Ermittlungen noch nicht weit genug gediehen." Dennoch hätten Rat und Bürger ein Recht auf alle Informationen, die bisher vorliegen. Deshalb wollen Arenz und die VG-Mitarbeiter kommenden Dienstag "die aktuelle Situation und die Folgen" darlegen. Er habe die Ratsmitglieder darüber bereits am Freitag per E-Mail und Telefon informiert, berichtet Arenz. Die offizielle Einladung sei am Montag erfolgt.Besorgte Anrufe aus den Verwaltungen

Auch die Dauner Kommunalaufsicht und das Rechnungs-Prüfungsamt waren im Rathaus, um sich ein genaueres Bild zu machen: "Die Frage ist einfach, wie das geschehen konnte", sagt Helmut Klassmann von der Pressestelle der Kreisverwaltung. So viel jedoch stehe fest: "Es ist schon sehr raffiniert gemacht worden."Unter anderem werde derzeit auch geprüft, ob auf weiteren Konten "Unregelmäßigkeiten" zu verzeichnen seien, berichtet Klassmann, der in diesen Tagen viele besorgte Fragesteller am Telefon hat: "Hier rufen Leute von benachbarten Verwaltungen an und sagen: ,Was müssen wir tun, damit das bei uns nicht passiert?'"Die Schäden, die in den Jahren 2002 bis 2007 durch Überweisungen auf das bereits erwähnte Konto der Düsseldorfer Citibank verursacht wurden, sind offenbar erfasst: "Das haben wir weitgehend ermittelt", sagt Arenz. "Es sind rund 850000 Euro, die zu Lasten der beiden Ortsgemeinden Stadtkyll und Lissendorf gehen." Für die verschwundenen rund 1,2 Millionen Euro in den Jahren 1994 bis 2001 stehen die geschädigten Gemeinden und VG-Einrichtungen noch nicht fest — dazu werde man den verhafteten Finanzverwalter der Kommune in diesen Tagen noch befragen, sagt Arenz. Er habe bei der Staatsanwaltschaft Trier deshalb eine Besuchserlaubnis für Büroleiter Dieter Hilgers und die Stellvertreterin des Kämmerers, Petra Sonntag, erwirken können.Eine personelle Konsequenz aus der Affäre hat die VG unterdessen bereits gezogen: Ab sofort, sagt Bürgermeister Arenz, übernehme Richard Bell den Chefposten in der Finanzverwaltung — zunächst übergangsweise und ab 1. Juni endgültig. Bell, bislang stellvertretender Leiter der Bauabteilung und ehemals Kassenwart der VG, sei dazu "äußerst qualifiziert". "Es muss da ja weitergehen", sagt Arenz zu dieser Lösung. "Ich kann die Finanzabteilung nicht führungslos dahindümpeln lassen." Die Nachfolge von Richard Bell in der Bauabteilung soll durch eine Ausschreibung geregelt werden.Die öffentliche Sitzung ist am Dienstag, 22. Mai,17 Uhr, im Jünkerather Ratssaal. Jünkerath. (cus) Helmut Schmitz aus Oberelz (VG Kelberg) war seit dem Jahr 2000 FWG-Kreisvorsitzender. Am 22. März legte er dieses Amt nach internen Querelen nieder. Bisher gibt es noch keinen Nachfolger (der TV berichtete). "Ich fordere den Rücktritt des politisch Zuständigen für den Untreue-Fall an der Oberen Kyll, also von Bürgermeister Werner Arenz", sagt Schmitz. Es gebe immer Menschen, die einen Betrug versuchten. Es sei jedoch auch angesichts chronischer Minusbeträge in den Haushalten hanebüchen, wenn innerhalb einer kleinen, übersichtlichen Verwaltung solche Vorgänge über 13, 14 Jahre unbemerkt blieben. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Verantwortlichen die Sorge um die Gesundheit des Diebes in den Vordergrund stellten. Statt den Bürgermeister und den büroleitenden Beamten sich nun selbst kontrollieren zu lassen, müssten Werner Arenz und Dieter Hilgers bis zur Klärung der Angelegenheit beurlaubt werden. Auch die Kommunalaufsicht und die politische Aufsicht durch die Rechnungsprüfungsausschüsse hätten über Jahre versagt. Schmitz sieht nur eine Lösung: "Die Prüfung der ganzen Sache muss von außen kommen." "Meine Mitarbeiter und ich werden den Fall lückenlos aufklären und dabei mit allen Behörden zusammenarbeiten", hält Arenz dagegen. Die Unschuldsvermutung gelte bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung. Beobachter sollten zunächst Ergebnisse abwarten, statt mit Kanonen auf Spatzen zu schießen und Rücktritte zu fordern. Der Vorstoß von Helmut Schmitz sei offenbar ein Versuch, sich aus der Versenkung heraus politisch zu profilieren: "Herr Schmitz hat keine Funktionen mehr und auch vorher in unserer Verbandsgemeinde keine Rolle gespielt."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort