Ein Pfarrer im Widerstand

Arzfeld · Vor 70 Jahren wurde der Arzfelder Pfarrer Johannes Ries von der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) wegen "Zersetzung der Wehrkraft" verhaftet und wurde ins Konzen trationslager Dachau gebracht. Dort kam er am 4. Januar 1945 ums Leben.

 Pastor Johannes Ries. Foto:Archiv/Alois Mayer

Pastor Johannes Ries. Foto:Archiv/Alois Mayer

Arzfeld. Geboren wurde Johannes Ries als Bergmannssohn am 9. Juli 1887 im saarländischen Elversberg. Nach seinem Abitur studierte er in Trier Philosophie und katholische Theologie. Am 28. März 1914 wurde er im Trie rer Dom zum Priester geweiht, war in mehreren Pfarreien als Kaplan eingesetzt und wurde am 22. Mai 1923 als Pfarrer nach Arzfeld versetzt.
Doch bereits ein halbes Jahr, nachdem die Nationalsozialisten im Januar 1933 an die Regierung gekommen waren, ließen Arzfelder Nazis die ersten Beschwerdebriefe dem Bistum Trier und hochrangigen Parteifunktionären zukommen: Pastor Ries sei einer Gedenkfeier für Gefallene ferngeblieben, er habe den Gauleiter beleidigt und bei dessen Beerdigung keine Beflaggung angeordnet (1935).
Angriffe und Verleumdungen


Verhöre durch die Gestapo und Ermahnungen, Androhungen, Bespitzelung und falsche Anschuldigungen durch Nazis aller Rangordnungen setzten ein. Allein von 1936 bis Sommer 1937 sind insgesamt zwölf Anzeigen gegen Ries erstattet worden. Nahezu alle Anklagen ließen sich weder beweisen, noch reichten sie für eine Verhaftung aus.
Im März 1941 wurde Pfarrer Ries bei Partei und beim bischöflichen Generalvikariat angezeigt, er habe an zwei Schulmädchen unsittliche Handlungen vorgenommen. Offenbar hatte der Pastor die beiden geschlagen. Aber selbst der Vater eines Mädchens sagte schriftlich aus, es habe nichts Sexuelles vorgelegen.
Die Angriffe, Verleumdungen und Intrigen gegen Johannes Ries spitzten sich zu. Der Trierer Bischof riet ihm dazu, sich versetzen zu lassen. Ries lehnte ab.
Es folgten weitere Anzeigen: Ries habe 1941 einem französischen Kriegsgefangenen, auch einem Priester, gestattet, die Messe zu zelebrieren. Dies war ein schlimmes Vergehen, da jeder persönliche oder private Umgang mit Kriegsgefangenen verboten war.
Im Frühjahr 1942 verhaftete die Gestapo den Geistlichen. Anklagepunkt: Er habe in einem Brief an einen Soldaten aus seiner Pfarrei "die Befürchtung geäußert, dass der Krieg für uns ungünstig ausgehen werde". Im August 1942 sprach das Landgericht Trier den unbelehrbaren und aufsässigen Priester wegen Wehrkraftzersetzung schuldig und ließ ihn am 4. November in das Konzentrationslager Dachau bringen. In einem aus dem Gefängnis geschmuggelten Brief schrieb er unter anderem: "Die Hauptschuld tragen meine Predigten. Hoffentlich trägt mein Kreuz etwas bei zum Triumphe der Kirche".
In Dachau erlebte "Häftling-Nummer 38553" die kommenden Jahre im Priesterblock 26 unter schlimmsten Bedingungen. Am 4. Januar 1945 starb Johannes Ries. An einem "Herzschlag", meldet der Totenschein. Seine Leiche wurde im Krematorium Dachau eingeäschert. Zu dieser Zeit tobten die letzten Kämpfe am Westwall von Arzfeld. Ries\' Befürchtung, der Krieg werde verloren gehen, wurde Gewissheit.
Heute findet sich im Altarraum der Arzfelder Pfarrkirche eine Gedenktafel, die an jenen Priester erinnert, der keine Angst vor den Nazis hatte.

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