Ein Schatz aus viel früherer Zeit

Bleialf · Die Pfarrkirche Maria Himmelfahrt in Bleialf ist noch deutlich älter als bisher angenommen. Das ergab nun eine Untersuchung der Holzbalken im Mittelschiff. Tatsächlich stammen sie bereits aus dem Jahr 1385.

Bleialf. Als die Bäume geschlagen wurden, die man im Mittelschiff der Bleialfer Kirche verbaute, hatte die italienische Renaissance noch nicht richtig begonnen. Von Leonardo oder Michelangelo noch keine Spur. Und in Mainz hatte erst rund 60 Jahre später ein gewisser Johannes Gutenberg die Idee, es beim Buchdruck doch einmal mit beweglichen Lettern zu probieren.
Soll heißen: Die Pfarrkirche Maria Himmelfahrt, die vor allem von innen beeindruckt, ist schon richtig alt. Das wusste man dort zwar schon immer. Aber sie ist noch einmal deutlich älter als bisher angenommen: Bisher galt, so findet man es im Pfarrarchiv und im Werk "Die Kunstdenkmäler des Kreises Prüm", 1496 als Baujahr (vier Jahre zuvor hatte Christoph Columbus Amerika entdeckt, ohne zu wissen, wo er da gelandet war). Aber nun hat eine dendrochronologische Untersuchung neue Daten geliefert. Und denen zufolge wurde das Holz für das Mittelschiff in den Jahren 1383 bis 1385 geschlagen.
"Da man zu dieser Zeit die Balken sofort ohne Trocknung verarbeitet hat, haben wir ein Baujahr, das mehr als 110 Jahre vor dem bisher angenommenen Datum steht", sagt Franz Meier, der früher im Verwaltungsrat der Pfarrei war und sich auch heute noch mit der Historie der Kirche befasst.
Die Kirche wurde nicht in einem Stück gebaut: "Die Balken über dem Chor oberhalb der Freskenausmalung sind von 1474", sagt Meier. "Das Mittelschiff und der Chorraum wurden also nicht in einem Zug gebaut, sondern mit einem Abstand von 90 Jahren."
Die Untersuchung geschah bereits im Juni 2014, die Bohrkerne wurden in einem Labor in Neu-Isenburg ausgewertet, zwei Monate später erhielten die Bleialfer das Ergebnis. Und jetzt möchte man damit auch an die Öffentlichkeit gehen: "Denn wir können damit nachweisen, dass wir hier einen der ältesten Sakralbauten haben", sagt Meier. Auch wenn es, sagt Pastor Jochen Kohr, im Bistum noch deutlich ältere Bauten gebe - immerhin sei davon auszugehen, dass "das Christentum in Trier erstmals deutschen Boden betreten hat".
Trotzdem sei das Untersuchungsergebnis eine erfreuliche Nachricht, weil man dadurch "so weit in die Glaubensgeschichte zurückblicken" könne. Auch im Turm der Kirche entnahm man Proben. Und sie zeigen, dass die Kirche in mehreren Etappen gebaut wurde: Die Datierungen weisen in die Jahre 1425 bis 1428 und 1435 bis 1438. Im Jahr 1555 wurden die Seitenschiffe angebaut. Und der noch vorhandene alte Glockenstuhl wiederum ist noch einmal deutlich jünger: Er stammt aus den Jahren 1633 bis 1638. So erfreulich das eine, so schwierig die Aufgabe, alles in Schuss zu halten - neben dem Bleialfer Bau gehören noch vier Filialkirchen zur Pfarrei. In den vergangenen Jahren habe man für die Erhaltung und Sanierungsarbeiten rund 700 000 Euro ausgeben müssen, sagt der Pastor. Die Sanierung der Bleialfer Kirche allein verschlang 320 000 Euro (der TV berichtete). Und auch, wenn das Bistum in der Regel einen großen Teil der Kosten übernehme, "wissen wir manchmal nicht, wie wir das aufbringen sollen".
Franz Meier bietet Führungen durch die Kirche an. Er ist erreichbar unter Telefon 06555/293.Extra

Dendrochronologie heißt Holz-Altersbestimmung, abgeleitet von den griechischen Wörtern für Baum (dendros), Zeit (chronos) und Lehre (logos). Dabei werden die Jahresringe ausgewertet, anhand derer man nicht nur das Alter eines Baums bestimmen kann (pro Ring ein Jahr), sondern auch, wie die klimatischen Bedingungen während seiner Lebenszeit waren und wann er geschlagen wurde. Das geschieht auf Basis von Vergleichsdaten zu Hölzern, deren Fälldatum bekannt ist. Auch das Rheinische Landesmuseum Trier befasst sich mit der Dendrochronologie: "Zahlreiche Studien aus den letzten Jahren belegen, dass das Holz bis mindestens in die Zeit der Industrialisierung hinein unmittelbar nach der Fällung - also noch im saftfrischen Zustand - bearbeitet und verbaut wurde", heißt es auf der Website des Museums. "Dementsprechend ist das ermittelte Fälljahr mit hoher Sicherheit als Nutzungsjahr zu sehen." In Bleialf bedeutet das: 1385. fpl

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