Ein Wüstenkind im Eifeler Hügelland: Nach 31 Jahren gibt Landarzt in Lissendorf seine Praxis auf

Lissendorf · Ali el Daibani, seit 31 Jahren in Lissendorf niedergelassen, hat seine Arztpraxis übergeben: an den Kollegen Armin Bogs. Damit sind die Patienten im Dorf und der Umgebung weiterhin versorgt. Im ´TV-Gespräch blickt Daibani zurück.

Ein Wüstenkind im Eifeler Hügelland: Nach 31 Jahren gibt Landarzt in Lissendorf seine Praxis auf
Foto: (e_pruem )

Dafür, dass Ali el Daibani als junger Mann ja eigentlich Flugzeugingenieur oder Brückenbauer werden wollte, hat er es in seinem tatsächlich gewählten Beruf lange ausgehalten - und seine Patienten mit ihm: exakt 31,5 Jahre lang hatte der gebürtige Libyer seine Praxis in Lissendorf, zeitweise versorgte er pro Quartal 3000 Menschen. "Wir waren die größte einzelbesetzte Praxis zwischen Trier und Bonn", sagt der 67-Jährige.

So viele dürfen mittlerweile nicht mehr von einem Arzt betreut werden - zuletzt waren es aber immer noch an die 1500 im Vierteljahr. El Daibani nahm in seinen ersten 17 Jahren auch Röntgenuntersuchungen vor, auch hier mit stattlichen Zahlen: "Ich habe dieser Tage die Röntgenunterlagen entsorgt, das waren Tausende Mappen."Bleiben oder gehen


In Bonn hat er studiert, war später Assistenzarzt am Krankenhaus in Gerolstein, nach der Facharztprüfung zum Internisten in Düsseldorf (er ist auch Naturheilkundler und Akupunktteur) und der Promotion in Mainz habe sich ihm die Frage gestellt, ob er als Oberarzt an ein anderes Hospital und aus der Eifel weggehen - oder sich eben niederlassen sollte.

So richtig weg wollte er aber nicht, zumal er hier auch seine heutige Frau Helga kennenlernte, die in Gerolstein als OP-Schwester arbeitete. Also suchte er - zunächst in Jünkerath, wo es aber an passenden Räumen fehlte.
Dann habe ihm Reimund Simonis, damals Chef des Sozialamts der Verbandsgemeinde Obere Kyll, gesagt, dass man in Lissendorf einen Doktor brauche. Und die richtigen Räume gab's dort auch: "Wir haben dann eine Reifenhalle von Hubert Vietoris (Ex-Besitzer des Reifenunternehmens Meyer Lissendorf, Anm.) umgebaut."

Simonis und Vietoris seien in der Anfangszeit "zwei große Helfer" gewesen, betont Daibani.
Anfangs betreute er auch die Bewohner des früheren Seniorenheims in Schüller. Als die damaligen Betreiber das Haus erweitern wollten, fragten sie den Arzt, wo sie das tun sollten, auch das nordrhein-westfälische Dahlem hatten sie im Blick.

Am Ende bauten sie in Lissendorf - das Grundstück suchte der Doktor noch gemeinsam mit dem damaligen Ortsbürgermeister Karl Weber aus - und konnte so die Heimbewohner weiter versorgen, ohne weit fahren zu müssen.
Viele Freunde hat die Familie in der Umgebung - was gewiss auch an der leutseligen Art des 67-Jährigen liegt. Und daran, dass man ihn auch nachts aus dem Bett klingeln kann, für Doktor Daibani eine Selbstverständlichkeit: "Wenn einer um ein Uhr anruft und sagt: Ich krieg keine Luft - dann kann ich nicht liegenbleiben." Überhaupt, er ist mindestens so viel Eifeler (plus Karnevalist und Schützenkönig in Jünkerath) geworden wie manche Eingeborene - "ich fühl mich gar nicht so anders", sagt Daibani. Und auch wenn er Moslem ist - seine vier Kinder sind alle getauft. "Die sollten keine Probleme kriegen."

Womit wir bei einem sehr ernsten Thema angekommen sind, er spricht es selbst an: Gerade jetzt werde ja viel und sehr kontrovers über Ausländer und über Religion geredet.

Aber da hat der Doktor klare Worte: "Der Islam ist leider in Verruf geraten, weil sich Verbrecher die Religion auf ihre Fahnen geschrieben haben. Das ist eine Religion des Verzeihens, des Miteinander", sagt Ali el Daibani. Heute aber werde sie "missbraucht wie keine andere".Er bleibt einsatzfähig


Jetzt also: Ruhestand, nachdem er drei Jahrzehnte lang viel für ein gesundes Miteinander in der Eifel getan hat. Den wollte er geregelt angehen und nicht vom Schicksal dazu gezwungen werden, zumal er bereits eine Zugabe vom Leben erhalten hat: Vor 14 Jahren war Ali el Daibani schwer krank, hinter seinem rechten Auge hatte sich ein Tumor gebildet. "Wenn ich das verloren hätte, dann hätte ich aufgehört." Aber die Operation glückte, "nach drei Wochen war ich wieder einsatzfähig".

Das will er auch bleiben, falls irgendwo ein Kollege Unterstützung brauche - auch wenn er mit seinem Nachfolger vereinbart hat, nicht weiter in der näheren Umgebung zu arbeiten. Den neuen Lissendorfer Landarzt, Armin J.-P. Bogs, stellen wir in Kürze vor.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort