Ein (un)moralisches Angebot

Jünkerath · Die Jünkerather Ortsgruppe des Eifelvereins hat sich aufgelöst. Eine vom Hauptverein zu gründende Abteilung könnte die letzte Rettung sein. Ob sie kommt, ist aber noch ungewiss.

Jünkerath Der große Saal des Gasthauses Schmengler-Bohnen liegt im Zwielicht. Nur die mittlere Tischreihe ist mit 17 Personen besetzt. Die Stimmung wirkt bedrückt und angespannt. Vor weniger als zweieinhalb Monaten wurde am selben Ort die Auflösung der Ortsgruppe Jünkerath des Eifelvereins beschlossen. Eine 117-jährige Geschichte fand damit ihr überraschendes Ende (der TV berichtete). Allerdings will der Hauptverein mit Sitz in Düren dem Ortsgruppensterben nicht länger tatenlos zuschauen und hat als letzten Rettungsversuch zur Vorstellung eines Pilotprojekts geladen.
"Jünkerath ist leider nicht die Ausnahme", sagt Eifelvereins-Geschäftsführer Manfred Rippinger. Einige Ortsgruppen strauchelten. Stets mit demselben Problem: "Sie finden niemanden mehr für die Vorstandsarbeit. Dabei ist es erstaunlich egal, ob es sich um eine kleine Ortsgruppe handelt oder wie in Jünkerath um eine starke mit etwa 200 Mitgliedern", sagt Rippinger.
Schweigend verfolgen die Gäste seine Ansprache. Zunächst mit unbewegten Minen hören sie sich das an, was Ortsgruppenberater Hans-Willi Schwartz nun vorstellt. Die Ausgangssituation sei klar: "Die Ortsgruppe befindet sich nach der letzten Sitzung nun im Liquidationsjahr. Bis August 2018 werden die letzten Geschäfte abgewickelt. Dann geht laut Satzung das verbliebene Vermögen an den Hauptverein. Das ist nett, bringt uns langfristig aber nicht weiter. Wir hätten lieber, dass das Geld hier für die Arbeit in Jünkerath und Umgebung genutzt wird."
Die Idee sehe nun wie folgt aus: "Erstmals wollen wir versuchen, eine Art Abteilung zu gründen. Ähnlich wie bei vielen Sportvereinen arbeitet sie ohne Vorstand, bringt also keine große Arbeit und Verpflichtungen mit sich. Sie wären als Einzelperson im Eifelverein Mitglied, würden eine lockere Personengruppe bilden, die eben als Abteilung geführt wird und für uns einen Ansprechpartner nennt." Der Mitgliedsbeitrag verblieb bei 30 Euro, wie bisher gingen 11 Euro nach Jünkerath - quasi als Abteilungsbudget. "Sie haben also weiter im Kleineren die Möglichkeit, etwas auf die Beine zu stellen. Das Vereinsvermögen wird quasi treuhänderisch von uns verwaltet."
Die Abteilung habe also keinen direkten Zugriff auf die Finanzen: "Das ist der Wermutstropfen. Wenn sie was machen, spricht die Kontaktperson das mit mir ab, und wir stellen das Geld zur Verfügung. Den Mitgliedern werden aber so auch keine Vorstandsverpflichtungen aufgebürdet." Und daran sei ja letztlich der Fortbestand der Ortsgruppe gescheitert.
Oberstes Ziel sei für die Zukunft, einen Weg offen zu halten: "Vielleicht nicht sofort, aber irgendwann bietet sich eventuell die Möglichkeit einer Wiedergründung, und dann gibt es noch bestehende Strukturen und auch Finanzen", sagt Schwartz.
Zunächst reagiert die kleine Runde offen skeptisch bis resigniert. "Der Wermutstropfen ist nicht das Problem. Sie setzen auf uns als Multiplikatoren, als die Letzten, die vielleicht noch Unentschiedene zurück an Bord holen. Bis heute Abend dachte ich, dass das vielleicht noch möglich ist, dann sah ich diesen leeren Raum und musste einsehen, dass der Idealismus, den wir vielleicht noch haben, bei anderen verloren ist. Wo sind diejenigen, die einst Institutionen waren? Sie haben mit der Sache abgeschlossen", sagt Manfred Lehmann.
Auch Harry Dobrick fragt sich, ob nicht bereits alles verloren ist: "Es regten sich so viele auf, dass das Vermögen, immerhin 12 000 Euro, an den Hauptverein gehen. Wo sind sie jetzt, wenn es einen Lösungsansatz gibt? Wobei einen Versuch ist die Sache schon wert."
Im weiteren Gespräch flackert dann weiter ein kleiner Funke Hoffnung auf. Bei einer spontanen Abstimmung, entschieden wird am Abend noch nichts, zeigt etwas mehr als die Hälfte der Gäste Interesse am neuen Modell. Rippinger kündigt an, dass Projekt weiter zu verfolgen.
Eifelvereinsvorsitzende Mathilde Weinandy ist leider am Abend verhindert, dankt aber ihren Mitarbeitern und den Jünkerathern dafür, dass sie das Ruder noch herumreißen wollen: "Optimal ist eine Abteilung nicht, aber sie ist die letzte Chance und hoffentlich der richtige Weg. Es ist ja kein Phänomen, das nur den Eifelverein betrifft. Ich beobachte mit Sorge überall dieselben Probleme."
Auch Jünkeraths Bürgermeister hofft auf diese Lösung: "Es wäre für uns ein Rückschlag, in Zukunft auf das Wissen und Engagement der Menschen im Eifelverein zu verzichten."Extra: WOHLSTAND, ENTWICKLUNG UND TOURISMUS


Mit mehr als 25 000 Mitgliedern ist der Eifelverein einer der größten Wandervereine Deutschlands. Er wurde 1888 im Kursaal in Bad Bertrich von Adolf Dronk gegründet. Zunächst, um die damals arme Region zu fördern und eine Grundlage für breiteren Wohlstand zu schaffen. Heute gehört die Förderung des Wandersports, der Naturschutz, die Kulturpflege sowie die Jugendarbeit zu den Kernzielen des Vereins. Er ist untergliedert in 146 Ortsgruppen mit 1500 geschulten Wanderführern. Sie pflegen 2100 Kilometer überregionale und 4000 Kilometer örtliche Wanderwege und bieten 7000 Wanderungen im Jahr an. Der Hauptsitz des Vereins liegt in Düren. Viermal im Jahr erscheint die Vereinszeitung "Die Eifel", einmal jährlich das Eifeljahrbuch. Der Verein ist Herausgeber von 40 Wanderkarten.

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