Eine Prümer Trümmerfrau

Prüm · Wirtin und Wohltäterin: Maria Selbach bekommt posthum den Preis für die Frau des Jahres von der Initiative Frauenschuh.

 Bei den Aufräumarbeiten nach Kriegsende packte Maria Selbach wie viele sogenannte Trümmerfrauen mit an und räumte eigenhändig den Schutt des zerstörten Gebäudes auf eine Lore. TV-Repros (2): Archiv Monika Rolef

Bei den Aufräumarbeiten nach Kriegsende packte Maria Selbach wie viele sogenannte Trümmerfrauen mit an und räumte eigenhändig den Schutt des zerstörten Gebäudes auf eine Lore. TV-Repros (2): Archiv Monika Rolef

Foto: Frank Auffenberg (aff) ("TV-Upload Auffenberg"

Prüm Trommelwirbel, Spannung, Tusch: Die Frau des Jahres 2017 heißt Maria Selbach. Nach vier Jahren verleiht die Initiative Frauenschuh wieder ihren Preis, mit dem sie außerordentliches Engagement ehren möchte. Erstmals wird die seit 1995 unregelmäßig verliehene Auszeichnung (siehe Info) posthum vergeben.
"Es war einfach mal an der Zeit, Maria Selbach zu ehren und sie 20 Jahre nach ihrem Tod wieder in die Erinnerung der Prümer zurückzurufen", sagt Monika Rolef, Mitgründerin der Initiative. Kaum eine andere Prümer Frau stehe so repräsentativ für den Wiederaufbau der im Zweiten Weltkrieg bis zu 80 Prozent zerstörten Abteistadt. Viele Jahrzehnte sei sie bis zu ihrem Tod im Dezember 1997 als Besitzerin des Hotels "Zum Goldenen Stern" eine bekannte Größe in Prüm gewesen. Seit 1803 wurde das Haus als Hotel geführt, ging 1907 in den Besitz der Familie Selbach über und wurde 2009 an den Prümer Geschäftsmann Detlef Gehrke verkauft. Heute wird es von Daniele Haas betrieben. "Bekannt war Maria Selbach übrigens auch für ihre Nächstenliebe", sagt Monika Rolef. So habe sie beispielsweise in den Nachkriegsjahren Hungernden zu essen und Heimatlosen ein Quartier gegeben. Doch gerade an diese schwierige Zeit nach Kriegsende erinnerten sich nur noch ältere Menschen, sagt Monika Rolef.
"Zu den fast völlig zerstörten Häusern des Zweiten Weltkrieges gehörte auch das Hotel. Wenn auch ein großer Teil noch stand, war das Gebäude nicht mehr zu retten und musste bis auf die Grundmauern abgerissen werden." Und dabei habe Maria Selbach wie viele Hunderttausend Frauen selber mit angepackt. Betroffen waren nicht nur der heutige Hotelteil, sondern das gesamte Ensemble, in dem heute auch die Eisdiele und das Brauhaus untergebracht sind. Viele Männer im arbeitsfähigen Alter seien damals im Krieg gefallen, andere noch nicht aus der Gefangenschaft zurückgekehrt gewesen. "Also mussten die Frauen ran als sogenannte Trümmerfrauen, das Land wieder aufbauen." Mitte Mai 1948 habe der Wiederaufbau begonnen. "Überall wurden kleine Lorenbahnen aufgebaut, mit denen der Schutt aus den Straßen und eben auch vom Hahnplatz aus zum Teichplatz gebracht wurde." Dort wurden die Bruchsteine aussortiert, Brauchbares ging zurück zu den Baustellen. "Inmitten des Trümmerchaos stand also Maria Selbach und warf mit bloßen Händen über Wochen die Trümmer auf die Loren, um Raum zu schaffen für einen Neuanfang."
Recht bald sei das Erdgeschoss des Hotels wieder aufgebaut gewesen, "und auch der Innenbau beendet, Pilsstube und Restaurant waren eingerichtet". Dann plötzlich sei für einen fatalen Augenblick der Krieg nach Prüm zurückgekehrt. Am Tag der geplanten Einweihung flog der Bunker auf dem Kalvarienberg mit mehr als 500 Tonnen Sprengmaterial in die Luft. "Kaum zu glauben, aber das Hotel konnte nur 14 Tage später trotzdem zum ersten Mal wieder seine Tore öffnen."
Maria Selbachs unerschütterlicher Wille zum Weitermachen sei bemerkenswert: "Eine Haltung, die viele Frauen teilten, waren sie doch beim Wiederaufbau auf sich allein gestellt." Genau an diese Frauen wolle man an Maria Selbachs Geburtstag am Donnerstag, 18. Mai, ebenfalls erinnern. "Gegen 15 Uhr treffen wir uns vor dem Hotel, um einen Gedenkstein in das Pflaster der Terrasse einzulassen", sagt Monika Rolef. Gestiftet wurde der Stein vom Hersdorfer Steinmetz Rudolf Bitzigeio.Extra: PREIS WIRD SEIT 1995 UNREGELMÄßIG VERLIEHEN

Eine Prümer Trümmerfrau
Foto: Frank Auffenberg (aff) ("TV-Upload Auffenberg"
 Heute wird am Hotel wieder gebaut, allerdings unter sehr anderen Vorzeichen als noch vor 70 Jahren. TV-Foto: Frank Auffenberg

Heute wird am Hotel wieder gebaut, allerdings unter sehr anderen Vorzeichen als noch vor 70 Jahren. TV-Foto: Frank Auffenberg

Foto: Frank Auffenberg (aff) ("TV-Upload Auffenberg"


Die Initiative Frauenschuh wurde 1994 gegründet. Sie ist benannt nach einer heimischen Orchidee: dem "Gelben Frauenschuh". Die acht Damen engagieren sich für die Entwicklung der Abteistadt. Seit 1995 verleihen sie unregelmäßig den Preis "Frau des Jahres". Bisher wurden geehrt: Elisabeth Pütz, ehemals Leiterin des Kurcenters, Pfarrhaushälterin Maria Kiefer, die Franziskanerinnen des Prümer St.-Joseph-Krankenhauses, die Frauen der Kleiderkammer, der Katholische Deutsche Frauenbund Prüm, Hedy Kirsch (Studienrätin), Martina Kempff (Schriftstellerin), Elisabeth Porten (Krankenschwester) und Beate Heck (Ehrenamtlerin und Vorsitzende des Basilikachors).

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