Entschlüsselt: Der Otler-Code

Prüm ist um ein wichtiges historisches Dokument reicher: 1623 verfasste Pater Servatius Otler die Geschichte der Prümer Abtei. Diese hat Aloys Finken übersetzt, der Geschichtsverein Prümer Land druckt das Werk. Am 26. Oktober wird es der Öffentlichkeit vorgestellt.

Prüm. "Eine fast unendliche Geschichte findet mit dieser Veröffentlichung ihr Ende." So beginnt das Vorwort des Herausgebers und Übersetzers Aloys Finken. Dahinter verbirgt sich das Werk des Paters Servatius Otler, der 1623 die Geschichte der karolingischen Abtei seit ihrer Gründung 721 aufgeschrieben hat.

Den Anstoß für die Übersetzung gab 1964 Lehrer Franz-Josef Faas, der dabei an die Jahres-Chronik des Regino-Gymnasiums dachte. "Alle, die fachlich etwas mit Geschichte oder Latein zu tun hatten, bekundeten erfreut ihre Bereitschaft zur Mitarbeit", erinnert sich Aloys Finken.

Als dann die Kopie der Handschrift auf dem Tisch gelegen habe, sei sie wie etwas kaum Genießbares von einem Platz zum nächsten geschoben worden. "Ich tat wie alle anderen, musste mir aber sagen lassen, das stehe mir nicht an, da ich als einziger Latein und Geschichte als Lehrfächer hatte", sagt Finken.

272 Seiten verschnörkelte Handschrift in Latein



272 Seiten voller geschwungener, verschnörkelter Buchstaben warteten auf ihre Entzifferung: "Ich war nicht in der Lage, das zu lesen." Finkens Kollege und Schwiegervater Hermann Michels entzifferte die ersten Blätter. Doch irgendwann saß Finken alleine da. 13 Ausgaben erschienen zwischen 1965 und 1977 in den Schulchroniken, bis ihm die Arbeit zu viel wurde.

Später bot Werner Blindert, damals Vorsitzender des Geschichtsvereins, an, das Gesamtwerk auf Kosten des Vereins zu veröffentlichen. Nach dem Tod Blinderts schien das Projekt beendet. Doch Sohn Volker übernahm nicht nur den Vorsitz, sondern wollte auch das Vermächtnis des Vaters erfüllen, den "Otler" der Öffentlichkeit bekannt zu machen.

So wurden die Handschriften zu Finkens Obsession. Seine Frau erlebte den 76-Jährigen oft mit dem Manuskript auf den Knien, im Text versunken, kaum ansprechbar. Die größten Probleme bereiteten Fachausdrücke. So wurden das Mainzer und Trierer Priesterseminar, die Trierer Stadt- und die Stuttgarter Landesbibliothek beliebte Ausflugsziele.

Das Ergebnis soll sich sehen lassen. "Ich habe es mit Interesse gelesen. Es gefällt mir gut", sagt seine Frau Kriemhild. Dr. Reiner Nolden, Archivdirektor der Trierer Stadtbibliothek, urteilt: "Die Chronik enthält eine solche Fülle von Berichten, Nachrichten und Neuigkeiten, dass jeder an der Prümer Geschichte Interessierte das Buch nach der Lektüre reich belehrt zur Seite legen wird."

Die "Geschichte der Prümer Abtei", verfasst von Servatius Otler, herausgegeben und übersetzt von Aloys Finken, präsentiert der Geschichtsverein Prümer Land am Sonntag, 26. Oktober, um 17 Uhr im Chorgestühl der Basilika, umrahmt von mittelalterlicher Musik. EXTRA Servatius Otler wurde 1596 in Vianden/Luxemburg geboren und trat 1617 ins Prümer Kloster ein. Er studierte Theologie in Trier. 1623 schrieb der noch nicht 30-jährige Mönch die Geschichte der Prümer Abtei auf. Dazu veranlasst hatte ihn die Einverleibung der Abtei 1576 durch den Trierer Kurfürsten und Erzbischof Jakob von Eltz. Otler berichtet über den schnellen Aufstieg zu einem der bedeutendsten Klöster dieser Zeit, von seiner Verwüstung durch Normannen, Ungarn und andere Gegner und wie es trotzdem gelang, seine Bedeutung und seinen Reichtum über lange Zeit zu bewahren. (sn)

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