Freude und Frust bei Bundeswehr

EUSKIRCHEN/MECHERNICH. (red) Ein Wechselbad der Gefühle durchlebte gestern der Euskirchener Bundestagsabgeordnete Wolf Bauer. Der Freude, dass das Euskirchener Amt für Geoinformationswesens der Bundeswehr gerettet ist, folgte prompt die "kalte Dusche". Die Luftwaffeninstandhaltungsgruppe 23 am Mechernicher Standort wird geschlossen.

Jetzt liegt die von Staatssekretär Peter Wichert unterzeichnete Nachricht schriftlich vor. 400 Stellen fallen in Mechernich dem Rotstift zum Opfer. In Wunstorf (Niedersachsen) wird künftig das "Systemzentrum FlaRak" stationiert - als Fusion der Mechernicher Instandhaltungsgruppe 23 und der in Wunstorf stationierten Instandhaltungsgruppe 24. Dass die Instandhaltungsgruppe 2009 nicht mehr in Mechernich sein wird, ist für den Standortältesten Oberst Michael Konstanty Fakt. Dass 400 Beschäftigte betroffen sind, wertet er indes nicht so: 260 Mitarbeiter - etwa drei Viertel Soldaten und ein Viertel Zivilisten - gehören derzeit zur Gruppe. Die "Ursprungsstärke" von 400 Posten sei schon lange nicht mehr gegeben. Auch sei noch nicht klar, wer vom derzeitigen Personal versetzt wird und wer möglicherweise doch am Bleiberg bleibt. Weitere Informationen über Entwicklungen und Veränderungen am Standort Mechernich will Konstanty heute bekannt geben. Eines betonte er aber gestern: "Der Standort ist nach wie vor sicher!" Als Schlag ins Kontor wertete der Mechernicher Beigeordnete Christian Baans die Nachricht. Die Entscheidung sei von langer Hand geplant, und jetzt werde man in Mechernich versuchen zu retten, was zu retten sei. Allzu viel Hoffnung will er den Betroffenen und ihren Familien indes nicht machen. Man werde wohl versuchen, über die "politische Schiene" etwas zu bewegen. Zu behaupten, man werde den Spieß jetzt noch drehen, sei wohl vermessen.Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht

Für Wolfgang Weilerswist, SPD-Ratsherr in Mechernich und bis Ende 2004 Hauptmann und Personalrat am Bleiberg, kam die Entscheidung nicht überraschend. Die Luftwaffeninstandhaltungsgruppe 23 ist bei der Bundeswehr für die Wartung und Instandhaltung verschiedener Raketensysteme zuständig. Da bei der Bundeswehr in den vergangenen Jahren nach Weilerswists Informationen allerdings 60 bis 70 Prozent dieser Raketen "eingemottet" worden seien, sei es nur logisch, dass man nicht zwei komplette Gruppen für die Wartung der noch verbleibenden Raketen aufrecht erhalte. Weilerswist befürchtet allerdings, dass mit der jetzigen Entscheidung das Ende der Fahnenstange für Mechernich noch nicht erreicht sei. Er sorgt sich um "seine" ehemalige Einheit, die Kalibrierzentrale: Hier befürchtet er, dass von den derzeit rund 150 Soldaten nur 20 bis 30 bleiben würden. Für Wolf Bauer ist die Entscheidung in Sachen Mechernich ein Tiefschlag. "Diese Hiobsbotschaft kam für mich völlig überraschend. Das muss ich zuerst einmal verkraften", erklärte er. Vorher habe es keine entsprechenden Signale aus dem Hause des Bundesverteidigungsministers gegeben. Offenbar wurde das Ganze als geheime Kommandosache behandelt. Freude herrscht hingegen in der Kreisstadt. Minister Jung hat beschlossen, den Standort in Traben-Trarbach aufzugeben und die 300 Mitarbeiter nach Euskirchen zu verlegen. Dadurch erhöht sich die Zahl der Euskirchener Soldaten auf 1300. Der Investitionsbedarf sei in Euskirchen um etwa 45 Millionen Euro geringer als in Traben-Trarbach, erklärte Staatssekretär Wichert. Sparen würde der Bund auch 400 000 Euro Verlegekosten und jährlich 700 000 Euro an Liegenschaftsbetriebskosten.

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