Früh unter Strom

EISENSCHMITT. 448 Seiten hat die Chronik über Eisenschmitt, 400 Einwohner zählt der Ort, 400 Vorbestellungen liegen vor: Die Ortschronik von Erich Gerten findet reißenden Absatz in und um Eisenschmitt.

Es war ein Mammutprojekt für den - heute - kleinen Eifelort. Als Bürgermeister Georg Fritzsche sich vor einigen Jahren mit der Bitte an Erich Gerten wandte, eine Chronik der aufregenden Geschichte Eisenschmitts zu verfassen, sei "nicht direkt Begeisterung zu spüren gewesen", gestand er augenzwinkernd. Doch schließlich konnte er den geborenen Oberkailer überzeugen. Am Wochenende wurde die Chronik vorgestellt: Im Rahmen eines Festes, das diesem Buch gebührt, für das in den vergangenen drei Jahren 37 Mitautoren recherchierten, durch Archive streunten, Telefonate führten, engen Kontakt zu den Einwohnern hielten. Unter den Gastrednern waren Dieter Beutel aus dem Referat Dorferneuerung im Innenministerium, das neben der Stiftung der Kreissparkasse die Chronik mitfinanzierte, VG-Bürgermeister Wolfgang Schmitz und Prof. Hermann Gelhaus von der Uni Trier.Glockengeläut zur Buchübergabe

Herausgekommen ist ein Werk, in dem es zu stöbern sich lohnt, und das nicht allein für die Eisenschmittner. Denn so, mit dem "N" in der Mitte, möchten sie genannt werden, die Bürger des im Jahre 1840 noch 1400 Einwohner zählenden Ortes, den fünf Jahrhunderte lang die Eisengewinnung und -verhüttung prägte. Als man hier ab 1889 eigenen Strom produzierte, hatte die Stadt Wittlich noch keinen. Das Selbstbewusstsein, das aus dem wirtschaftlichem Wohlergehen resultierte, scheint Eisen-schmitt erhalten geblieben zu sein: Ganz Weltmann, gewandet in Anzug mit einer Krawatte in Pink, gab Fritzsche nonchalant einen amüsanten und selbst amüsierten Moderator des Festakts.Clara Viebig und noch mehr Dichter

Eisenschmitt hat noch andere Dichter neben der lange Zeit verschmähten Clara Viebig hervorgebracht. Sie ist die bekannteste Frau, die über den Ort geschrieben hat, deren deutliche Worte mancher bis heute nicht verträgt. Sollte es einer Versöhnung mit der katholischen Kirche bedurft haben, so dürfte diese am Samstag stattgefunden haben. Als Erich Gerten jedem der Mitautoren ein Buchexemplar aushändigte, begannen die Glocken just in dem Moment zu läuten, in dem er bei den Autoren ankam, die sich mit der Dichterin befasst hatten. Unter ihnen auch der Bürgermeister, der über das nach ihr benannte Zentrum schrieb, in dessen Innenhof nun auch die Ortschronik vorgestellt wurde. Liebens- und lesenswert macht das Buch seine Verständlichkeit. Ob persönliche Erinnerungen wie im Fall von Ludger Pape, Sohn des ehemaligen Hausmeisters im Jagdschloss Bergfeld, das später als Heilstätte und Internat diente, ob wissenschaftliche Erläuterungen wie die Kapitel über die Wasserförderbrunnen oder über die Takenplatten, ob die Erforschung der Wegekreuze von fünf Jugendlichen aus Eisenschmitt: Stets begreift der Laie, was die Fachleute meinen. Das mag mit ein Auslöser dafür sein, dass, obwohl Eisenschmitt heute nur noch 400 Einwohner zählt, bereits ebenso viele Vorbestellungen vorliegen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort