Für die Fachleute ist alles klar - Fusionen an der Oberen Kyll und Prüm sind rechtens

Jünkerath/Prüm/Mainz · Zwei Verfassungsrechtler haben sich den Gesetzentwurf zur Fusion zwischen elf Gemeinden von der Oberen Kyll und Prüm angeschaut. Ihr Urteil: Die Sache ist rechtens.

 Der Weg nach Prüm: vernagelt? Oder wird er doch noch frei für Ormont und die anderen Dörfer von der Oberen Kyll? TV-Foto: Archiv/Fritz-Peter Linden

Der Weg nach Prüm: vernagelt? Oder wird er doch noch frei für Ormont und die anderen Dörfer von der Oberen Kyll? TV-Foto: Archiv/Fritz-Peter Linden

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Jünkerath/Prüm/Mainz Dürfen die elf Dörfer der Verbandsgemeinde (VG) Obere Kyll mit Prüm fusionieren? Ist der Gesetzentwurf, der nach so vielen Jahren der Warterei, des Verhandelns, des Nicht-zum-Zuge-Kommens vielleicht ja dieses Jahr doch noch dem Landtag in Mainz zur Abstimmung vorgelegt werden soll, verfassungskonform?
Die Gegner der Fusion zweifeln genau das an. Und der wissenschaftliche Dienst des Landtags hat bisher seine Empfehlung nicht ausgesprochen, auf deren Basis man im Innenausschuss entscheiden will, ob das Gesetz ins Parlament kommt oder nicht (der TV berichtete).
Wer sich aber auf der Website des Landtags durch die Dokumente wühlt, findet durchaus Aufschlussreiches. Denn die Landesregierung hat zwei Verfassungsrechtler um ihre Einschätzung gebeten. Und die fällt bei beiden deutlich aus.
Zwar sollen Fusionen, so erläutert Jan Ziekow, Universitätsprofessor und Direktor des Deutschen Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung in Speyer, innerhalb der Kreisgrenzen erfolgen. Allerdings seien "Ausnahmen in atypischen Fällen" möglich - vor allem, wenn sie den Zielvorgaben der Reform entsprechen. Dazu zähle die Freiwilligkeit einer Fusion, "wie sie im Fall der Verbandsgemeinden Obere Kyll und Prüm gegeben ist". Ein weiteres Argument dafür sei "die Optimierung von Leistungsfähigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Verwaltungskraft der kommunalen Strukturen" - gerade dies zähle "zu den zentralen Zielen" der ersten Reformstufe. Der Fusion stehe auch nicht im Weg, dass "in einem früheren Stadium durch einen Gutachter andere Lösungen präferiert worden sind".
Zudem sei sie auch keine "Vorentscheidung für eine spätere Fusion der beiden betroffenen Landkreise". In der Region seien "anders gestaltete Neugliederungen durchaus möglich", der Gesetzgeber habe allerdings in der zweiten Reformstufe darauf zu achten, dass die neue Verbandsgemeinde Prüm künftig "nur noch einem Landkreis zugeordnet wird".
Auch Siegfried Jutzi, Honorarprofessor an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, kommt zu diesem Urteil: Eine grenzüberschreitende VG stelle "nicht per se einen Verstoß gegen das Gebot der Systemgerechtigkeit der Kommunalreform dar", schreibt er. Im Gegenteil, dem Gesetzgeber stünden sogar "erhebliche Argumente für eine - lediglich vorübergehend angestrebte - Lösung zur Seite". Unter Umständen könne dieses Abweichen sogar "verfassungsrechtlich geboten sein".
Auch Jutzi sieht darin keine "Vorwegnahme von Entscheidungen über die Neuordnung der Landkreise" - ein Argument, das bekanntlich die Gegner der Fusion, darunter Heinz-Peter Thiel, Landrat des Vulkaneifelkreises, immer wieder anführen.
Die Struktur der angestrebten neuen VG Prüm, das gibt auch Jutzi zu, sei "sicherlich etwas ungewöhnlich". Deswegen aber die Neuordnung auf die zweite Stufe der Reform zu verschieben, wie ebenfalls von manchen verlangt wird (siehe Info), sei "verfassungsrechtlich nicht geboten".
Die aus Daun angekündigte Klage dürfte "nicht erheblich sein", deren Zulässigkeit sei hingegen "erheblichen Zweifeln ausgesetzt". Der Kreis könne nämlich "keine eigene, gegenwärtige und unmittelbare Rechtsbetroffenheit geltend machen".
Jutzis Fazit: "Durch die jetzt anstehende Regelung werden weder der Gebiets- noch der Aufgabenbestand des Landkreises betroffen sein. Es ergäben sich auch keine unmittelbaren finanziellen Auswirkungen." Davon abgesehen habe der Landkreis kein Recht darauf, dass alles bleibe, wie es ist - also "auf Beibehaltung des Zustands".
Die Dokumente findet man unter: www.landtag.rlp.de/landtag/
vorlagen/1133-V-17.pdf und unter www.landtag.rlp.de/landtag/
vorlagen/1060-V-17.pdfMeinung

Die einen sagen so, die andern sagen no
Zwei Experten, ein Ergebnis: Für die Verfassungsrechtler könnte die Fusion Obere Kyll-Prüm über die Bühne gehen. Ihre Gutachten sind da eindeutig. Das heißt aber nicht, dass es auch so kommt - die Kämpfer für den kreisübergreifenden Zusammenschluss haben das in den vergangenen Jahren immer wieder erleben müssen. Und die Gegner werden sich auch nicht durch juristische Expertisen davon abhalten lassen, weiter dagegen zu arbeiten. Es hat sie ja auch nicht interessiert, was die meisten Bürger und Gemeinderäte an der Oberen Kyll und in Prüm wollen. f.linden@volksfreund.deExtra: WER DAFÜR IST - UND WER SICH DAGEGEN AUSSPRICHT


Auf der Landtags-Website findet man weitere Dokumente, in denen Gegner und Befürworter der Fusion zu Wort kommen: Der Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz sieht darin "eine sachdienliche Lösung", speziell "vor dem Hintergrund der außergewöhnlich schwierigen finanziellen Situation der Verbandsgemeinde Obere Kyll und dem sich daraus ergebenen dringenden Handlungsbedarf". Dagegen ausgesprochen hat sich, neben dem Landkreis Vulkaneifel, auch der Stadtrat Hillesheim. Er beantragt die "Weiterverfolgung einer Regelung für den gesamten Landkreis Vulkaneitel auf der zweiten Stufe der Kommunal- und Verwaltungsreform". Ein Nein kommt auch vom Landkreistag. Er folgt der Argumentation des Kreises und sieht in der Fusion einen Vorgriff auf die zweite Reformstufe. Von den 44 Ortsgemeinden in der VG Prüm haben zwei den Gesetzentwurf nicht befürwortet: In Sellerich sieht sich der Gemeinderat nicht ausreichend informiert, daher seien die finanziellen Auswirkungen "nicht absehbar". Auch Giesdorf stimmte nicht zu - aber nur, weil man aus Termingründen keine Zeit zur genauen Prüfung gehabt habe.

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