Getrickst, gekauft, geglaubt

Schüller · Achtung, Fälscher: Der Kulturkreis Obere Kyll bietet einen Nachmittag zum Thema "Bilder lügen mehr als Worte" im Gemeindehaus Schüller, mit Diskussion und Ausstellung.

 Der neue Götze? Das Selfie, gern auch geschönt. Hauptsache, man sieht irgendwie super darauf aus. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Der neue Götze? Das Selfie, gern auch geschönt. Hauptsache, man sieht irgendwie super darauf aus. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Foto: (e_pruem )

Schüller Mit Bildern lügen? Und damit durchkommen? Nichts leichter als das. Auch und immer mehr im Privaten, das längst per Facebook, Twitter, Instagram und wie sie alle heißen zum Öffentlichen geworden ist: Da versucht sich jeder im besten Licht zu zeigen und so cool zu sein, wie er vielleicht jenseits des Computer- oder Handybildschirms gar nicht ist.
"Je länger man über Bildmanipulation nachdenkt, umso mehr wird deutlich, wie besonders durch die Allmacht heutiger Medien das Thema nicht nur in Nachrichten und Werbung, sondern ebenso im Privaten eine herausragende Rolle spielt", sagt Christof Breidenich, Professor und Kommunikationsdesigner mit Atelier in Schüller.
Der Kulturkreis Obere Kyll (KOK) macht die visuelle Manipulation nun zum Thema seiner zweiten Diskussionsrunde im Gemeindehaus von Schüller, nach der erfolgreichen Premiere vor zwei Jahren: "Bilder lügen mehr als Worte - über die alltägliche Wahrheit und Manipulation" heißt der Nachmittag am Sonntag, 8. Oktober, der um 14 Uhr beginnt. "Fake News, Dokumentationen, Nachrichten, Familienalbum, Bilder sammeln, Bilder zerstören - Bilder durchdringen den Alltag und spielen eine bedeutende Rolle in der heutigen vernetzten und digitalen Gesellschaft", schreibt der KOK in der Ankündigung. In Schüller wolle man Antworten finden auf die Frage, wie sich die Bildergläubigkeit entwickelt hat - und was die Bilder so mächtig macht. Ein aktueller und soeben bekannt gewordener Fall ist der angebliche brasilianische Kriegsreporter Eduardo Martins - und er zeigt, was mit den neuen Techniken alles möglich ist: Mehrere Jahre lang schickte jemand unter diesem Namen Fotos aus Krisengebieten wie dem Irak an, unter anderem, die BBC und andere Sender und Medien.
Darunter auch Selfies, die Martins am Bildrand zeigten. Jetzt stellt sich heraus: Eduardo Martins ist eine erfundene Identität, und die Fotos sind nicht von ihm gemacht. Die abgebildete Person ist offenbar ein US-amerikanischer Surfer, der mit dem Betrug nichts zu tun hat. Der bisher unbekannte Trickser hat nur dessen Gesicht geklaut und in die Bilder montiert. Und "Martins" kam so lange damit durch, weil er die Motive, die er echten Reportagefotografen gestohlen hatte, seitenverkehrt rausschickte. So wurden die Plagiate nicht sofort erkannt.
Wir kennen es auch aus der Geschichte. Manch ein Diktator hatte nicht das geringste Problem damit, seine Propaganda mit getricksten Aufnahmen zu peppen. Da wurden unerwünschte Personen einfach rausretuschiert, wenn sie dem Herrscher nicht in den Kram passten.
Und die Bild-Zeitung zeigte 2001 ein Motiv von einer Demonstration aus dem Jahr 1994 - mit dem späteren Umweltminister Jürgen Trittin, umgeben von Vermummten mit Schlagstock und Bolzenschneider. Ein perfide gewählter Ausschnitt, zusätzlich noch verdunkelt, um alles noch gefährlicher aussehen zu lassen. Auf dem Originalfoto war dann zu erkennen: Der Schlagstock war ein Seil, der Bolzenschneider ein Handschuh. Kurz: Wir müssen aufpassen. Die Schwindler sind überall, und nicht alle tun das so offen und leicht erkennbar wie, sagen wir, Donald Trump, der heute irgendetwas raustweetet, was er gestern noch völlig anders dargestellt hat und sich nicht im Geringsten darum schert, ob man ihn einer Lüge überführt oder nicht. Seine Anhänger kümmert's ja auch nicht. Fake News, das sind die anderen.
In Schüller gibt es am Sonntag zunächst eine Einführung ins Thema, dann folgt die Podiumsdiskussion, und anschließend laden die Organisatoren zum Publikumsgespräch. Mit dabei sind: Sibylle Stürmer (Hochschulprofessorin und Filmregisseurin), Matthias Degen (Professor, Journalist, Fernsehmoderator), Daniel Reuber (Kommunikationsdesigner und Fotograf) und Christof Breidenich, ebenfalls Professor, Kommunikationsdesigner, Buchautor und Künstler mit Atelier in Schüller. Für Imbiss und Getränke ist gesorgt. Begleitet wird die Diskussion von einer Ausstellung mit Bildern, Gegenständen und "verbalen Gebrauchsanleitungen" im Atelier Breidenich in der Stadtkyller Straße 13.
Der Eintritt ins Gemeindehaus kostet sechs Euro. Die Karten erhält man in der Marien-Apotheke, Jünkerath, Telefon 06597/2270.

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