Heißhunger auf faule Kartoffeln

Der Bericht "Eifeler Notzeiten" von Franz Kelkel im "Prümer Landboten" beschreibt die außergewöhnliche Problemlage in den Jahren 1816/17. Der TV druckt Auszüge.

Winterspelt/Bleialf. Die Unglücksjahre 1816/17 blieben den Menschen in der Eifel noch lange unvergessen. Die 20-jährige Franzosenherrschaft war glücklich überstanden, die politische und verwaltungsmäßige Neuordnung war zuversichtlich in Angriff genommen. Aber wie sah es überall aus?Die drückende Steuerlast, die dauernden Vor- und Rückmärsche der verschiedensten Truppen, verbunden mit Einquartierungen oder Beschlagnahmungen, hatten auch die Westeifel völlig verarmen lassen. Zu allem Unglück brachte das Jahr 1816 eine katastrophale Missernte. Noch im Mai war vielerorts Schnee gefallen, der stellenweise bis in den Juni hinein liegenblieb. Auf ein frostiges Frühjahr folgte bis in den Spätherbst eine große Nässe. Im September war das Heu noch nicht eingebracht. Mitte Oktober stand noch der Hafer, zumeist grün, auf dem Feld. Die Frucht wurde mancherorts erst im November unreif mit Schlitten eingefahren. Kartoffeln wurden noch gegraben, als der Schnee einen halben Meter hoch lag.

Auch in den Dörfern beiderseits der Our hatten die Bauern Korn und Hafer gemäht, aber es faulte ihnen auf dem Feld. Als endlich ein regenfreier Tag kam, fuhr der Poschen-Bauer von Winterspelt-Hemmeres sein Korn ein, obwohl das Wasser vom Wagen tropfte. Sein Nachbar meinte, Mist könne er immer noch einfahren, und ließ sein Getreide stehen. Aber Bauer Paasch war nachher der Einzige im Dorf, der etwas Korn hatte, denn auf den Dauerregen folgte Schnee.

Stroh von Bett und Dach ans Vieh verfüttert

Der Zeien-Bauer in Steffeshausen (Burg-Reuland) wusste sich zu helfen. Er hatte damals einige Studenten in Kost. Diesen drückte er jeweils einen neuen Reiser-Besen in die Hand, damit sie die Furchen abkehrten. Dahinter kamen andere, die die Kartoffeln ausgruben.

Im folgenden Frühjahr gruben arme Leute in ihrer Not in den Feldern herum. Statt Kartoffeln fanden sie nur noch faulen Matsch, den sie sorgfältig sammelten und in der Pfanne brieten. Heißhungrig aßen sie den übel riechenden Kuchen. Die Bauern hatten das Bettstroh schon längst für ihr hungerndes Vieh verfüttert und die Strohdächer der Schuppen und Nebengebäude abgedeckt. Aber es reichte nicht, und der schlimme Winter war noch immer nicht zu Ende.

Wie es vor knapp 200 Jahren weiterging und was die Menschen in anderen Eifeler Dörfern erlebten, lesen Sie in einer weiteren Folge unserer Rubrik Dorfgeschichte(n).Extra Der vollständige Artikel "Eifeler Notzeiten" von Franz Kelkel steht neben vielen weiteren Beiträgen in der Ausgabe Nummer 95 der Zeitschrift "Der Prümer Landbote". Der Geschichtsverein Prümer Land veröffentlicht den Landboten viermal pro Jahr mit mehr als 70 Seiten und stellt ihn allen Mitgliedern frei Haus zu. Wer Interesse an einem Abo hat, kann sich beim Geschichtsverein unter Telefon 06551/3799 melden. Anfragen auch per E-Mail an geschichtsverein-pruemerland@t-online.de.

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