"Ich lebe das Selbstbewusstsein der Stadt"

Im Gespräch mit dem Trierischen Volksfreund gibt Prüms Stadtbürgermeisterin Mathilde Weinandy (CDU) Einblicke in die Ratsarbeit, die Hintergründe der umstrittenen Entscheidung am Bahnhof und den Umgang mit Verwaltungschef Aloysius Söhngen.

Prüm. (cus) Die Verwaltung führe aus, was der Rat beschlossen habe, sagt Mathilde Weinandy im Interview mit TV-Redakteur Marcus Hormes.Frau Weinandy, 2004 haben Sie sich gleich im ersten Wahlgang mit absoluter Mehrheit gegen drei Kandidaten durchgesetzt. Wie bewerten Sie das Ergebnis im Rückblick?Mathilde Weinandy: Ich bin heute noch überrascht, hatte eine Stichwahl erwartet. Ich bin dankbar für diesen Vertrauensbeweis, der auch hilft, demütig zu sein und mit den Füßen auf dem Boden zu bleiben.Haben Sie das große Vertrauen erfüllt?Weinandy: Man kann nicht alle Wünsche der Leute erfüllen. Ich versuche in erster Linie, gerecht im Sinne der Stadt zu entscheiden. Durch meine offene Art bin ich jemand, auf den alle zugehen können. Ich schaue, dass ich mir Zeit für die Leute nehme.CDU und Prümer Bürgerbewegung (PBB) haben sich alle drei Beigeordneten-Posten aufgeteilt. Warum mussten SPD und FWG leer ausgehen?Weinandy: SPD und FWG wollten die Beigeordneten-Frage im Vorfeld mit der PBB klären. Die CDU sollte gar keinen Beigeordneten bekommen. Walter Braus von der PBB hat mir aber dann gesagt, er wolle mich unterstützen. Im Nachhinein wäre es vielleicht besser gewesen, wenn die CDU nicht zwei Beigeordnete gestellt hätte. Bei der Vorbereitung der Ratssitzungen sind aber alle Fraktionsvorsitzenden dabei. Es gab nie Klagen über ein Informations-Defizit.Zu Beginn Ihrer Amtszeit übten SPD und FWG Druck aus.Weinandy: Fraktionen haben mir anfangs Briefe geschrieben, was wie zu tun sein. Wir haben uns aber schnell zusammen gefunden, das ist Schnee von gestern. Ich räume Dinge ein und werde akzeptiert. Der Rat arbeitet in kollegialer Art — bei aller Verschiedenheit. Nach Sitzungen pflegen wir die fraktionsübergreifende Geselligkeit. Dazu haben wir eigens eine gemeinsame Kasse angelegt.Am Bahnhof sind 2007 gleich fünf neue Märkte eröffnet worden. Wie sehen Sie diese rasante Entwicklung?Weinandy: Zum Bahnhof kann ich nichts Negatives sagen. Unsere große Aufgabe besteht darin, die Bahnhofstraße zur Innenstadt ordentlich anzubinden. Auf dem Hahnplatz muss irgend etwas geschehen. Die Frage lautet: Kreisverkehr, ja oder nein? Aber das schaffen wir wohl in dieser Legislatur-Periode nicht mehr.Wir lässt sich die Innenstadt beleben?Weinandy: Vielleicht dadurch, dass wir mehr Kurzzeit-Parkplätze in der Innenstadt schaffen. Wenn wir den Kreisverkehr in der Ritzstraße haben, könnten wir den Gerberweg vorfahrtsberechtigt in die Bahnhofstraße führen. Ideal wäre auch an dieser Kreuzung ein Kreisverkehr, eventuell unter Einbindung des derzeitigen Brachgeländes Dachprofi. Wir brauchen ein gutes Gesamtkonzept.Als mögliche künftige Verkehrsführung ist die Rede von einem Einbahnring in der Innenstadt.Weinandy: Wichtig ist, dass die Menschen einfach in die Stadt fahren können. Vielleicht macht ein kleiner Einbahnring Sinn, bei dem die Ritzstraße in beiden Richtungen offen bliebe. Ich halte aber nichts von Schnellschüssen vor der Wahl.Nach der von Ihnen befürworteten Entscheidung für den Lidl-Standort hinter dem Postgebäude gab es von einigen Ratsmitgliedern und Investoren massive Kritik. Ihre Nerven schienen blank zu liegen.Weinandy: Ich stecke das ein. Städteplaner Harald Heinz hatte den Standort für gut befunden, weil er die Stadt verdichtet. In nichtöffentlicher Sitzung habe ich die Ratsmitglieder gefragt, ob sie grundsätzlich etwas dagegen hätten. Außer einem waren alle einverstanden. Daraufhin habe ich bei der Raiffeisen-Zentrale nachgefragt, ob sie es sich vorstellen können. Nach außen sah der Vorgang anders aus, weil die Leute nicht alles wissen, was intern passiert.Was passiert mit der Restfläche am Bahnhof, für die kein Bewerber zum Zuge kam? Der Extra-Markt hatte sein Interesse bekundet.Weinandy: Die Stadt will die Restfläche nach wie vor verkaufen. Wir werden uns im Rat darüber unterhalten. Vom Extra habe ich nichts mehr gehört.2008 steht der Ausbau von Bahnhofstraße und Bahnhofsvorplatz an. Überwiegt die Vorfreude oder die Angst vor Dreck und Umwegen?Weinandy: Ich freue mich auf den Ausbau und halte die Luft an, dass alles gut geht. Zwischen dem Geschäft Rolle im Gerberweg und dem Bahnhof gibt es bald eine direkte Verbindungsstraße. Dadurch sind die Geschäfte auch während der Baustellen-Phase noch besser erreichbar.Angeblich gibt es einen Ratsbeschluss, dass die Stadt sich einen neuen Planer sucht, wenn die noch laufenden Projekte abgeschlossen sind.Weinandy: Nach Abschluss der Bahnhofstraße werden wir entscheiden, ob wir einen neuen Planer haben wollen.Sie sind bekannt dafür, dass Sie sich um fast alles selbst kümmern. Wäre es nicht angebracht, fachlich versierten Mitarbeitern mehr Verantwortung zu übertragen?Weinandy: Ich versuche mich mit allen möglichen Dingen zu beschäftigen. Rat und Stadtbürgermeisterin sind gewählt. Die Verwaltung führt aus, was der Rat beschlossen hat.Ihre Zusammenarbeit mit Bürgermeister Aloysius Söhngen (CDU) ist nach außen geräuschlos — für manchen traditionell selbstbewussten Prümer fast schon zu harmonisch. Kracht es wenigstens mal hinter den Kulissen?Weinandy: Wenn ich etwas habe, sage ich es ihm offen. Im fairen Miteinander versuchen wir die Dinge zu regeln. Wir beide bemühen uns, der Sache gerecht zu werden. Ich lebe das Selbstbewusstsein der Stadt Prüm.Bei Ihrem Amtsantritt hatte der Rat die Entscheidung für einen zweiten Friedhof auf dem Kalvarienberg schon getroffen. Wie ist der aktuelle Stand des Verfahrens?Weinandy: Wir haben bald Baurecht, warten aber noch auf den Landeszuschuss. Den ersten Abschnitt der Erschließung haben wir auf ein Mindestmaß heruntergeschraubt, denn der Anteil der Urnenbestattungen steigt. Das spart der Stadt und den Bürgern Geld, denn der Friedhof wird letztlich über Gebühren finanziert.Das Kirmes-Feuerwerk fiel aus, beim Nachhol-Termin gab es Kritik wegen der Nähe zum Friedhof. Wird der neue Standort Parkdeck künftig beibehalten?Weinandy: Ich werde das mit Feuerwerkern, Kirmesbeschickern und Ordnungsamt besprechen. Die Kirmes auf dem Hahnplatz fällt zum ersten Mal in den Schulbetrieb. Wir müssten also die Belegung des Schulhofs und die Überquerung der Straße zur Ausweich-Bushaltestelle regeln.Sie waren bis 2006 zehn Jahre lang Landtagsabgeordnete. Was vermissen Sie aus dieser Zeit?Weinandy: Der fruchtbare Austausch mit Kollegen in Mainz fehlt. Kräftemäßig war das keine Belastung, aber jetzt habe ich mehr Freiräume für die Stadt.Treten Sie 2009 wieder zur Stadtbürgermeister-Wahl in Prüm an?Weinandy: Ich habe mich noch nicht entschieden, ob ich wieder kandidieren will. Mein Arbeitsverhältnis ist nicht gekündigt, es ruht nur. Ich wünsche mir, dass die Kommunalwahl im Jahr 2008 noch kein Thema wird, sondern wir in Prüm normal weiterarbeiten und Anstehendes bewerkstelligen können. Zur Person Mathilde Weinandy kam am 9. Dezember 1950 in Brück (Landkreis Vulkaneifel) zur Welt. Von 1969 bis 1996 arbeitete sie als Beratungstechnikerin bei der Landwirtschaftsschule, zunächst in Saarburg, dann in Prüm. Von 1996 bis 2006 war sie für die CDU Mitglied des Landtags. Schon seit 1984 ist Weinandy Mitglied des Verbandsgemeinderats Prüm, seit 1999 sitzt sie im Kreistag und im Stadtrat. In der Amtsperiode von Stadtbürgermeister Hansgerd Haas (FWG, 1999 bis 2004) fungierte sie als Erste Beigeordnete. 2004 wurde sie im ersten Wahlgang mit 56,1 Prozent der Stimmen zur Stadtbürgermeisterin gewählt. Mathilde Weinandy ist verheiratet und hat zwei Söhne. (cus)

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort