Klamme Kommune, nasse Füße

Stadtkyll · Wer hat für die Sanierung der Wirft-Ufermauer in Stadtkyll aufzukommen? Der Streit, über den wir im vergangenen April im TV berichteten, ist noch lange nicht beendet. Von wegen: Gerade geht er in die nächste Runde.

 Die Wirft und ihre Ufermauer: Zurzeit ist alles so festgefroren wie die Positionen im Mauerstreit. TV-Fotos (2): Fritz-Peter Linden

Die Wirft und ihre Ufermauer: Zurzeit ist alles so festgefroren wie die Positionen im Mauerstreit. TV-Fotos (2): Fritz-Peter Linden

Foto: (e_pruem )

Stadtkyll. "Die Verbandsgemeinde ist zuständig" - "Nein, die Ortsgemeinde." - Ja, wer denn nun?
Darum geht es in diesem Clinch: Die Wirft, die meist gemächlich durch Stadtkyll strömt, bevor sie in die Kyll mündet. Sie ist nicht einfach nur ein Fluss, sondern, in der Behördensprache, ein "Gewässer dritter Ordnung" - wobei die Einteilung sie zu einem eher unbedeutenden Gewässer macht.
Und doch ist über die Wirft ein Streit allererster Ordnung entstanden - wegen der wackelnden Ufermauer, die im Dorf die Anliegergrundstücke vom Wasser abgrenzt (der TV berichtete).
Vor drei Jahren hatte die Kreisverwaltung in Daun per Verfügung den Bürgern mitgeteilt, dass sie für den Unterhalt der Mauer zuständig seien, die in den 1950er Jahren errichtet worden war, um Grundstücke und Häuser vor Hochwasser zu schützen.
Sie dient nicht mehr dem Schutz


Weil aber die beiden Stauseen weiter oben im Wirfttal, in den 60er und frühen 70er Jahren angelegt, seitdem als Hochwasser-Rückhaltebecken dienen, habe die Mauer keine Schutzfunktion mehr und sei deshalb Privatsache jener Bürger, an deren Grundstücken sie steht.
Die Anlieger sahen das ganz anders, legten dagegen Widerspruch ein, der Kreisrechtsausschuss stellte sich auf ihre Seite und hob die Verfügung auf.
Die Verbandsgemeinde Obere Kyll zog dann aber gegen die Aufhebung der Kreis-Verfügung mit einer Anfechtungsklage vor Gericht und wollte gleichzeitig feststellen lassen, wer denn nun zuständig sei. Die VG verlor mit ihrer Anfechtung, die Frage der Zuständigkeit blieb aber offen. Das Gericht sagte zwar, dass die Anlieger nicht unterhaltspflichtig seien, gab allerdings keine klare Antwort auf die Frage, ob nun die Orts- oder die Verbandsgemeinde zuständig ist.
Die VG forderte daraufhin den Kreis auf zu entscheiden, wer die Unterhaltspflicht trägt. Und Landrat Heinz-Peter Thiel verfügte im November: Die "Ufermauern entlang der Wirft in der Ortslage Stadtkyll" sind Sache der VG. Der Landrat stützt sich dabei auf ein Schreiben der Oberen Wasserbehörde, der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord, die gleicher Auffassung ist.
"Okay, das sehen wir ein", sagt Bürgermeisterin Diane Schmitz - fürs Gewässer sei man zuständig. Fürs Gemäuer aber nicht.
Warum nicht? "Wir stützen uns da auf eine Übergangsvorschrift im Landeswassergesetz, die besagt, dass bauliche Anlagen, die vor der damaligen Gebietsreform (Anfang der 1970er Jahre, als die VG gebildet wurde, Anm.) errichtet worden sind, auch weiter von dem zu unterhalten sind, der sie errichtet hat."
Das sei damals die Ortsgemeinde Stadtkyll gewesen, also bleibe die Mauer deren Sache. Denn bei der Gebietsreform, sagt Diane Schmitz, "sind diese Anlagen nicht auf die VG übergegangen".
"Was die VG da versucht, ist nicht nachvollziehbar", sagt hingegen Matthias François. Der Bitburger Rechtsanwalt vertritt ein gutes Dutzend Wirft-Anlieger. Die VG sei zuständig und versuche jetzt nur, "das an die Ortsgemeinde abzudrücken".
Ob nun nachvollziehbar oder nicht - die Verbandsgemeinde legte gegen die neuerliche Anordnung aus Daun ebenfalls Widerspruch ein. Der Kreisrechtsausschuss muss sich demnächst wieder mit dem Problem befassen - wann genau, steht noch nicht fest.
Für die Sanierung der Mauer liegt auch noch keine Kostenschätzung vor. "Weil wir uns ja nicht zuständig sehen", sagt Diane Schmitz.
Außerdem sei sie dazu verpflichtet, "Schaden von der VG abzuwenden". Deshalb sei sie nicht einfach dazu bereit, sich solche Kosten aufzuhalsen, sofern nicht endgültig fetstehe, wer denn nun zuständig ist. Auch deshalb habe man bei der Kreisverwaltung Widerspruch eingelegt.
Stadtkylls Ortsbürgermeister Harald Schmitz will sich vorerst aus der Diskussion heraushalten: "Dazu werde ich mich nicht äußern. Das lassen wir erstmal andere Leute klären." Er erwartet dass die Angelegenheit "letztlich wieder beim Verwaltungsgericht in Trier landet".
Anlieger ziehen nicht mit


Wie auch immer die Sache dann ausgehe - für Matthias François steht fest, dass die Bürger "mit baulichen Maßnahmen an der Ufermauer der Wirft nicht belastet werden können. Diese Entscheidung des Gerichts ist rechtskräftig."
Diane Schmitz wäre es ohnehin am liebsten, wenn man die Angelegenheit über die Landes-"Aktion Blau" regeln und den Fluss renaturieren könnte, wie sie bereits im vergangenen Jahr gegenüber dem TV sagte. Diane Schmitz: "Das machen ja viele Ortsgemeinden mittlerweile. Und dann bestünde die Möglichkeit, für 90 Prozent der Kosten Landeszuschüsse zu bekommen."
Nächstes Problem: Die Anlieger wollen das mehrheitlich nicht, auch weil sie bisher gar nicht alle über die "Aktion Blau" informiert worden seien, wie einige sagen: "Das ist bei uns auch technisch nicht machbar", sagt in diesem Zusammenhang auch Anwohner Bernd Bohlen.
Bei einer Renaturierung nämlich müsste das Flussbett unter anderem an einigen Stellen breiter gemacht werden. Das aber sei aufgrund der baulichen Enge im Dorf - einige Häuser stehen nahezu direkt an der Mauer - gar nicht möglich.Meinung

 Der Fluss verläuft mitten durchs Dorf, bevor er in die Kyll mündet.

Der Fluss verläuft mitten durchs Dorf, bevor er in die Kyll mündet.

Foto: (e_pruem )

Flickschusterei
Die Anlieger der Wirft haben schon vor mehr als 15 Jahren die Behörden auf die Probleme mit der Ufermauer hingewiesen. Damals wäre eine Sanierung wohl noch deutlich günstiger gewesen. Passiert ist nichts - außer, dass dann erst einmal die Kreisverwaltung ihnen die Kosten auf die Nase drücken wollte. Und so schiebt man mittlerweile die Verantwortung immer schön weiter. Dann soll eben das Gericht entscheiden. Aber bitte bald, denn die Mauer bröckelt. f.linden@volksfreund.de

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