Konstantin Wecker zeigt, wie es geht - Liedermacher gibt jungen Künstlern in Prüm eine Bühne

Prüm · Eine lebende Legende: Konstantin Wecker hat Prüm besucht. In der Karolingerhalle bewies der Münchener Liedermacher, dass er auch mehr als 40 Jahre nach dem Beginn seiner Karriere sein Publikum mit Leichtigkeit zu begeistern weiß. Im Gepäck: Neue Lieder und vier junge Künstler seines 2013 gegründeten eigenen Plattenlabels.

 Die Revolution im Blut: Als Verkünder unbequemer Wahrheiten wickelt Konstantin Wecker (links) – unterstützt von Jo Barnikel und Jens Fischer Rodrian – auch mehr als 40 Jahre nach dem Karrierestart sein Publikum mit Leichtigkeit um den kleinen Finger. TV-Foto: Frank Auffenberg

Die Revolution im Blut: Als Verkünder unbequemer Wahrheiten wickelt Konstantin Wecker (links) – unterstützt von Jo Barnikel und Jens Fischer Rodrian – auch mehr als 40 Jahre nach dem Karrierestart sein Publikum mit Leichtigkeit um den kleinen Finger. TV-Foto: Frank Auffenberg

Foto: Frank Auffenberg (aff) ("TV-Upload Auffenberg"

Es war eine verrückte Zeit: Anfang der 1970er-Jahre stürmte eine junge Generation von Liedermachern die Kleinkunstbühnen West-Deutschlands. Ihr erklärtes Ziel: Die 68er-Revolution darf nicht verpuffen. Das Volk sollte seine Stimme erheben, sich für Frieden, Solidarität und gegen den Wahnsinn eines zunehmend eskalierenden Kalten Kriegs einsetzen. Mitten unter den stimmgewaltigen Liedermachern: Konstantin Wecker. Mehr als 40 Jahre nach seinem Karrierestart besuchte er am Freitag die Abteistadt und begeisterte 400 Gäste in der Karolingerhalle.Fans der ersten Stunde


Mehr als drei mitreißende Stunden unterhält der Meister sein treues Publikum. Junge Gesichter sucht man zwar vergebens im Publikum, es sind vor allem Wecker Fans der ersten Stunde gekommen, dafür sind die Jungen auf der Bühne aber gut vertreten. Wecker reist nämlich nicht alleine durch die Lande. Mit dabei sind auf der Mini-Tournee Dominik Plangger, Cynthia Nikschas, Prinz Chaos II und Roger Stein. Die Nachwuchsmusiker unterstützen ihn derzeit bei seinen Auftritten. Alle vier stehen bei Weckers eigenem Plattenlabel "Sturm & Klang" unter Vertrag. Gegründet 2013, um maximale Unabhängigkeit zu erreichen, hat es sich der Liedermacher gleichzeitig zur Aufgabe gemacht, der nächsten Generation junger Musiker unter die Arme zu greifen und ihnen die Grundlagen für einen Karrierestart zu bieten.
Sie gleich mit auf die Bühne zu holen, ihnen jeweils genug Zeit und Raum für eigene Lieder einzuräumen, hätte ein riskantes Spiel sein können. Schließlich kommt das Publikum vor allem wegen Wecker in die Abteistadt, doch die Rechnung geht mehr als auf. Besonders Cynthia Nikschas weiß zu begeistern. Ihr Auftritt kurz vor der Pause sorgt für frenetischen Beifall - der erste, wenn auch nicht letzte, des Abends.Korb für DSDS


"Ich will einfach den jungen Leuten eine Chance geben", erklärte Wecker. Erst jüngst habe die Produktion der RTL-Casting-Sendung "Deutschland sucht den Superstar" (DSDS) um Nikschas geworben. Ohne von des Meisters Hand geführt zu werden, gab die 27-jährige ehemalige Straßenmusikerin DSDS einen Korb. Sie habe sich fürs Angebot bedankt, aber abgelehnt mit dem Hinweis, dass sie das Format nicht möge, weil es Künstler nur ausquetsche - das Publikum rast förmlich bei dieser kleinen Anekdote.Ehrlichkeit siegt


Lied für Lied leitet Wecker ein, mit kleinen Berichten aus seinem bewegten Künstlerleben. Dass er dabei durchaus selbstkritisch mit viel Humor auch nicht rühmliche Details anspricht, macht durchaus den Zauber des Abends aus. Nicht nur einmal habe man ihm unterstellt, ein Lügner zu sein: "Gelogen habe ich schon, aber nicht mit meinen Liedern, sondern meinem saublöden Lebenswandel", sagte Wecker.
Manchmal, wenn er zum Beispiel in den 1980er Jahren in einem bodenlangen Nerzmantel durch die Münchener Innenstadt geschlendert sei, stolz drauf auszusehen wie ein Zuhälter, habe er es halt nicht immer geschafft, die Botschaft seiner Lieder auch zu leben. Ehrlichkeit siegt - sein Publikum scheint ihm seine Eskapaden nicht übel zu nehmen.
Mit fortschreitender Stunde wird die Stimmung gelöster. Politische Spitzen werden gefeiert, Kritik am Bankenwesen und globaler Großmannssucht bejubelt. Während andere musikalische Veteranen mit neuen Stücken zu kämpfen haben, weiß Wecker den Höhepunkt des Abends mit einem neuen Lied gekonnt zu setzen. Obwohl "Revolution", ein Duett mit Cynthia Nikschas, wohl kaum einem Gast bekannt sein dürfte, das Lied erscheint erst Mitte Juni auf dem Album "Ohne Warum", dauert es nicht lange, bis Hunderte Kehlen mitsingen.
"Wahnsinn, damit habe ich nicht gerechnet. Ich mag Wecker seit Jahrzehnten und dachte, ich schwelge heute in Nostalgie. So frisch und kämpferisch klang er aber wohl seit Jahren nicht mehr", schwärmt die eigens angereiste Kölnerin Annegret Rieber. Besonders die immer wieder politischen Zwischenmoderationen haben es ihr angetan: "Er spricht unbequeme Dinge eben einfach aus: bissig und treffsicher."Extra

Musiker, Autor, Kabarettist, Schauspieler: Für Konstantin Wecker, 1947 in München geboren, muss man eine größere Schublade einrichten. Zu Weckers Werk gehören mehr als 40 Soloalben, Musicalkompositionen ("Ludwig", "Petterson und Findus"), Musik für Filme ("Schtonk", "Die weiße Rose") und Serien ("Kir Royal"). 1968 setzte er den Grundstein seiner Karriere in der Münchner und schnell auch in der bundesdeutschen Kleinkunstszene. Wecker trat oft in Dieter Hildebrandts "Scheibenwischer" auf und verfasste zahlreiche Bücher. Er erhielt unter anderem den Deutschen Kleinkunst-Preis und den Kurt-Tucholsky-Preis. Seit dem Wintersemester 2007/2008 hat Wecker an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg einen offiziellen Lehrauftrag angenommen. In seinem Workshop Songwriting unterrichtet er in Komposition und Arrangement. aff/fpl

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