Kontroverse über Ganztagsschule

Weil nicht alle Stadtkyller im Verbandsgemeinderat sich geschlossen für ein Ganztagsangebot vor Ort starkgemacht haben, machte die Freie Bürgerliste (FBL) in der jüngsten Sitzung des Ortsgemeinderats Stadtkyll ihrer Enttäuschung Luft. Eine historische Chance sei verpasst und der Schulstandort in Stadtkyll geschwächt worden.

Stadtkyll. (sn) Eine Aussprache hatte die Freie Bürgerliste (FBL) gewünscht. Zu groß waren das Unverständnis und die Enttäuschung über die verpasste Chance, aus der Stadtkyller Grundschule eine Ganztagsschule zu machen. Im Verbandsgemeinderat Obere Kyll war im ersten offenen Wahlgang eine Patt-Situation entstanden (10:10). Erst beim zweiten und geheimen Wahlgang ging die Entscheidung knapp (11:9) zugunsten von Jünkerath aus (der TV berichtete).

In einer Aussprache alle eingeschworen



Dabei hatte man sich doch in einer Aussprache mit der Freien Wählergemeinschaft (FWG) im Ortsgemeinderat darauf verständigt, dass alle Stadtkyller Ratsmitglieder, die im VG-Rat sitzen, für die eigene Ortsgemeinde stimmen, sagte FBL-Fraktionssprecher Christian Linden. "Wenn die Ganztagsschule nach Stadtkyll gekommen wäre, hätte das den Standort lange erhalten und die Infrastruktur im Ort verbessert", sagte er. Über die Entscheidung im VG-Rat sei seine Partei "sehr befremdet" gewesen.

Walter Pickartz (FWG) erklärte, dass er und alle FWG-Mitglieder ohne Wenn und Aber für Stadtkyll gestimmt haben.

Bei der knappen Entscheidung war natürlich bitter, dass die Sitzung um zwei Wochen verschoben worden war und Stephan Juchems entschuldigt im Urlaub weilte. Und noch einer fehlte - allerdings unentschuldigt, dessen Herz eigentlich für Stadtkyll hätte schlagen müssen: der ehemalige Stadtkyller Ortsbürgermeister Nikolaus Simon (CDU).

"Es wäre schön gewesen, zu sehen, wofür er sich entschieden hätte", sagte Linden. Ortsbürgermeister Harald Schmitz fügte hinzu: "Die Leute, die Prügel verdienen, sind selten da." Er kreide seinem Amtsvorgänger besonders an, dass er sich unentschuldigt aus der Affäre gezogen habe.

"Ich war beruflich verhindert", sagt Nikolaus Simon auf TV-Anfrage. Bestattungen (Anmerkung der Redaktion: Simon arbeitet bei einem Bestattungsunternehmen) seien nicht planbar, erklärte er. Doch selbst wenn er gekommen wäre, hätte er nicht mit abgestimmt, weil er sich befangen gefühlt hätte. Da seine Frau als Köchin im Kindergarten Stadtkyll arbeitet, der das Essen für die Schule hätte liefern sollen, wäre ihre Arbeitsstelle davon betroffen gewesen. Er wundere sich indes darüber, dass Melitta Gray sich nicht für Stadtkyll entschieden habe.

Bereits in der ersten, offenen Abstimmung hatte sich die erste Beigeordnete und Stadtkyllerin, die stellvertretend für VG-Bürgermeister Werner Arenz die Sitzung leitete, gegen Stadtkyll und für Jünkerath entschieden. "Ich habe als Vertreterin des Bürgermeisters mein Stimmrecht so ausgeübt, wie ich glaube, dass es im Interesse der Verbandsgemeinde richtig war", sagte sie. Im Übrigen sei sie der Meinung, dass sie sich für ihre Entscheidung nicht rechtfertigen müsse.

Die ganze Vorarbeit hat Stadtkyll geleistet



Linden konnte die Argumentation nicht verstehen. Es wäre auch im Interesse der VG gewesen, wenn Stadtkyll den Zuschlag bekommen hätte, denn dann wären drei Standorte gesichert worden. Außerdem sei die ganze Vorarbeit von der Stadtkyller Grundschulleiterin Rosel Grohé geleistet worden. "Jünkerath macht nur eine Zuckung und bekommt den Zuschlag." Wenn sie sich der Stimme enthalten hätte, wäre das ein adäquates Verhalten gewesen, sagte er. "Ich habe entschieden, und dazu stehe ich", antwortete Melitta Gray.

Meinung

Enttäuschung berechtigt

Eine Stimme nur hat den Stadtkyllern zur Ganztagsschule gefehlt. Die Enttäuschung ist sehr gut verständlich. Im Ortsgemeinderat gab es eine Aussprache - fair und sachlich. Wenn Ratsmitglied Melitta Gray sich gegen Stadtkyll ausgesprochen hat, muss man das akzeptieren. Sie steht zu ihrem Wort und hat die Standhaftigkeit, dies öffentlich zu vertreten. Missverständlich war das Verhalten des ehemaligen Bürgermeisters Nikolaus Simon. Da er an diesem entscheidenden Tag für Stadtkyll unentschuldigt der Sitzung fern blieb, wurde ihm Desinteresse unterstellt. Dabei hätte auch er das Blatt nicht wenden wollen, weil er sich persönlich befangen fühlte. Für Stadtkyll eine fatale Verkettung vieler selbst auferlegter Zwänge. s.glandien@volksfreund.de

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