Kritik und Gegnerschaft: Der Stand der Windkraft-Dinge in der Verbandsgemeinde Prüm

Prüm · Die Bürgerinitiative "Gegenwind Schneifel" versucht seit Herbst, die Anlagen-Pläne der Verbandsgemeinde Prüm zumindest am Schwarzen Mann zu durchkreuzen. Zuletzt hat sich auch der Eifelverein Bleialf-Schneifel dagegen ausgesprochen. Der TV fragte bei Bürgermeister Aloysius Söhngen und Robert Ennen, dem Chef des Bauamts, nach dem Stand der Dinge.

Kritik und Gegnerschaft: Der Stand der Windkraft-Dinge in der Verbandsgemeinde Prüm
Foto: (e_pruem )

Prüm. Lange regte sich in der Verbandsgemeinde (VG) Prüm kaum ein Lüftchen, was die Pläne zu neuen Windkraftanlagen in der Kommune betrifft. Seit knapp vier Jahren überlegen die Verantwortlichen, wo in der VG neue Windräder aufgestellt werden können - und wo nicht. Ein Solidarpakt wurde geschlossen, den alle Ortsgemeinden unterzeichneten, ebenso wie die Flächenbesitzer, von privat bis öffentlich (siehe Extra).

Seit Herbst aber treten die Kritiker und Gegner auf den Plan, angefangen bei der Bürgerinitiative "Gegenwind Schneifel", an deren Spitze unter anderem Peter Eichten steht, Bürgermeister der Ortsgemeinde Auw. Und vorige Woche hat sich auch der Eifelverein Bleialf gegen neue Anlagen ausgesprochen (der TV berichtete).

Beiderseits bekennt man, nicht grundsätzlich gegen Windkraft zu sein. Aber man will keine Anlagen auf dem Schneifelrücken, den viele als das touristische Herzstück der Verbandsgemeinde betrachten, dazu ökologisch sensibel und von vielen schützenswerten Arten bevölkert - allen voran der Schwarzstorch.
Der TV fragte Bürgermeister Aloysius Söhngen und den Chef des VG-Bauamts, Robert Ennen, wie es um die Planungen steht - und was sie zur Kritik am Vorhaben sagen.

Eins ist dem VG-Chef dabei besonders wichtig: Niemand soll den Eindruck erhalten, man baldowere das hinter verschlossener Tür, sozusagen TTIP-mäßig, alles aus und stelle den Bürger dann vor vollendete Tatsachen. "Wir haben über den Prozess immer informiert", sagt Söhngen. Er verweist auf die jüngste Ratssitzung, in der alles noch einmal ausführlich dargelegt worden sei, und auf die Website der Kommune: Auf www.pruem.de findet man den Punkt Windkraft am Fuß der Startseite, von dort gelangt man zu allen vorliegenden Dokumenten. Alles Neue werde dort eingestellt und sei für jeden nachzulesen.Der Plan muss stimmen


Robert Ennen nennt einen weiteren, wichtigen und zugleich sperrigen Punkt: Den Flächennutzungsplan (es folgen weitere lange Wörter, pardon). Der muss nämlich justiert ("fortgeschrieben") werden, weil es, nach Fukushima, die sogenannte Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms und, auf der Ebene darunter, die Neuaufstellung des Regionalen Raumordnungsplans der Region Trier, so vorsehen. Die Vorgabe: mehr Windkraft. Auch im Wald. Und besonders da, wo es kräftig weht.

Also in der VG Prüm: "Wir sind hier das windreichste Gebiet in Rheinland-Pfalz", sagt der VG-Chef. Und es gelte: "Wer mehr Wind hat, muss auch mehr bringen." Auf mindestens zwei Prozent der Gesamtfläche.Nicht an jeder Ecke


Passe die VG aber den Plan nicht an und reguliere damit auch den Bau von Anlagen, sagt Robert Ennen, greife irgendwann die sogenannte Windkraft-Privilegierung: Dann dürfe jeder auf geeigneten Flächen Rotoren aufstellen. Heißt: Wildwuchs. Aber, sagt Söhngen und verweist auf die Ratsbeschlüsse in der Sache, "wir wollen das so konzentrieren, dass man nicht an jeder Ecke eine Windkraftanlage hat".

Das will genau geplant sein, darf aber zugleich nicht mal eben einfach Flächen ausschließen. Das Argument "Windkraft gefällt mir nicht" würde vor keinem Gericht standhalten, sagt der Bürgermeister.
Wie viele Anlagen werden es denn nun? Stimmt die Zahl von etwa 50, die immer wieder kursiert? Werden es gar mehr? Die Söhngen-Antwort: "Wir wissen nicht, wo überhaupt etwas errichtet werden kann." In Kürze erwarte man die Ergebnisse der naturschutzfachlichen Untersuchungen: "Und wir glauben, einige Flächen, die derzeit untersucht werden, werden noch rausfallen." Zugleich werde es noch eine Landschaftsbildanalyse geben - und damit weiteren Aufschluss darüber, wo und wie viele Anlagen verträglich seien.

Kurz: Noch nichts ist entschieden oder gar bereits festgelegt. Erst muss der Flächennutzungsplan stehen, rechtssicher und unangreifbar. Und die Interessen aller Beteiligten - sozusagen von der Fledermaus bis zum Flächenbesitzer - "müssen gerecht abgewogen werden", sagt Robert Ennen.

Die Verbandsgemeinde arbeitet deshalb weiter am Flächennutzungsplan, gemeinsam mit den Ingenieuren vom Büro BGH Plan aus Trier. "Den werden wir irgendwann vorlegen", sagt Söhngen. "Und für uns gilt: Qualität vor Schnelligkeit." Dann gehe der Plan in die Offenlage und werde auch wieder ins Internet gestellt. Und dann kann auch wieder jeder seine Einwände dagegen vorbringen, "über die der Rat dann abschließend zu entscheiden hat", sagt der Bürgermeister.

Auf das Argument der Gegner, die Windkraft gefährde den Tourismus, hat Aloysius Söhngen unterdessen auch eine Antwort: "Die meisten Windkraftanlagen stehen an der deutschen Nordseeküste. Und das ist meines Wissens das touristisch meistgenutzte Gebiet Deutschlands."Meinung

Bürger, bleib dran!
Bei den Plänen für mehr Windkraft in der Kommune versuchen sich Aloysius Söhngen und die weiteren Verantwortlichen keine Blöße zu geben. Dazu gehört - richtig so - auch die Information über jeden einzelnen Schritt. Für die Bürger heißt das: Nehmt das Angebot wahr. Schaut hin. Lest nach. Und lasst euch nicht erzählen, man habe von all dem "nichts gewusst". Denn jeder kann es wissen. Er muss sich nur interessieren. f.linden@volksfreund.deExtra

 Verhindert er Windräder? Der Schneifelstorch bei Ihrenbrück.

Verhindert er Windräder? Der Schneifelstorch bei Ihrenbrück.

Foto: (e_pruem )

Seit Bundeskanzlerin Angela Merkel nach der Fukushima-Katastrophe 2011 die Energiewende ausgerufen hat, können Windkraftanlagen auch im Wald aufgestellt werden. Besonders dort, wo es am kräftigsten weht: Spitze in Rheinland-Pfalz ist die Schneifel. Die Waldflächen dort gehören größtenteils dem Land, einigen Ortsgemeinden und dem Bund (auf den Flächen der früheren US-Radarstation). Von den 46 500 Hektar Fläche der VG Prüm stehen auf einem Prozent, 465 Hektar, bisher knapp 120 Anlagen. Bis zu 2,4 Prozent mehr Flächen (1200 Hektar) könnten weitere Anlagen erhalten. Die VG will aber verhindern, dass an vielen vereinzelten Orten neue Rotoren rauschen, daher sollen sie konzentriert werden, wobei auf der Schneifel die größte Energieausbeute zu erwarten ist. Zudem sollen die ausgewiesenen Flächen jeweils nicht kleiner sein als 50 Hektar. Weitere Ausschlusskriterien: Mindestens 1000 Meter Abstand von geschlossener Wohnbebauung, 500 Meter von Einzelgehöften. Sensible, geschützte Zonen werden derzeit darauf geprüft, ob dort Windkraft möglich ist. Dabei sind Fauna-Flora-Habitate nicht prinzipiell ausgeschlossen. Alles bedarf der Einzelprüfung. fpl

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