Kurze Beine, weite Wege "Die Bedingungen haben nicht mehr gestimmt"

Die Eltern hätten mit ihren Ummeldungen das kurzfristige Aus der Grundschule in Lünebach verursacht: So hat die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier die Schließung der Schule begründet. Doch diesen Schuh wollen sich die Eltern nicht anziehen. Nach dem Aus für die Grundschule Lünebach plant die Verbandsgemeinde (VG) Arzfeld, den Schulbezirk der Grundschule Waxweiler zuzuschlagen - gegen den erklärten Willen der Eltern und mit einer zumindest umstrittenen Informationspolitik.

Lünebach. (ch) Die Lünebacher Eltern wehren sich gegen die Darstellung, sie hätten durch ihre Ummeldungen das endgültige Aus der Zwergschule verursacht. "Es war vielmehr so, dass die Bedingungen an der Schule nicht mehr gestimmt haben", sagt Heinz Arens, der ehemalige Schulelternsprecher. Hieß es noch im April dieses Jahres, dass im kommenden Schuljahr alles beim Alten bleibe, wurden die Eltern Anfang Juli, nur zehn Tage vor Beginn der Sommerferien, darüber informiert, dass durch den Rückgang der Schülerzahl für das kommende Schuljahr von 26 auf 24 und dem Wechsel einer Lehrerin an eine andere Schule eine "völlig neue Situation" entstanden sei. Die ADD in Trier stellte klar, dass dann künftig nicht mehr zwei Lehrer in Vollzeit in Lünebach unterrichten könnten, sondern nur eine Lehrerin und eine Teilzeitkraft. Das hätte die Folge, dass die Kinder nur noch in den Hauptfächern in zwei Klassen (erstes und zweites sowie drittes und viertes Schuljahr) getrennt unterrichten werden können. Die anderen Fächer hätten alle Schüler gemeinsam gehabt. Für die Eltern war aber so ein geregelter Unterricht nicht mehr möglich. Deshalb meldeten sie ihre Kinder an anderen Schulen an, was dann wiederum die sofortige Schließung der Grundschule zur Folge hatte.

Im Anschluss sei dann die Informationspolitik aus dem Rathaus und der Schulleitung in Waxweiler unbefriedigend gewesen, berichtet Arens. Denn auf einer Elternversammlung, bei der über die weiten Möglichkeiten gesprochen werden sollte, sei niemand von der Schule in Waxweiler erschienen, berichtet Arens: "Wir haben uns im Stich gelassen gefühlt." Auch deshalb sei das Vertrauensverhältnis zur Schule in Waxweiler gestört, sagt Ralf Gruben. Arzfeld/Lünebach. Nur zwei Kilometer liegen zwischen Lünebach und Pronsfeld - ein Katzensprung. Doch geht es um die zukünftige Schulstruktur, scheint der Weg deutlich länger zu sein. Seit der feststehenden Schließung der Grundschule Lünebach im Sommer kämpfen die Eltern darum, ihre Kinder künftig nach Pronsfeld schicken zu dürfen. Ihrer Ansicht nach sprechen vor allem die

kurzen Wege, die gemeinsame Pfarrei und die Verflechtungen der Vereine, in denen viele Kinder aus beiden Orten gemeinsam aktiv sind, für den neuen Schulstandort.

Auch die nackten Zahlen belegen diese Vorliebe: In diesem Schuljahr gehen von den 24 ehemaligen Lünebacher Schülern 21 in den nördlichen Nachbarort. "Bei den zukünftigen Schülern sieht es genauso aus", sagt Heinz Arens, der ehemalige Schulelternsprecher. "Alle Eltern, die in den nächsten sechs Jahren Kinder einschulen müssen, haben sich für Pronsfeld ausgesprochen, genauso wie die betroffenen Ortsbürgermeister", ergänzt Elternvertreter Ralf Gruben.

Die endgültige Entscheidung hierüber muss jedoch der Rat der Verbandsgemeinde Arzfeld in seiner heutigen Sitzung (14.30 Uhr, Ratssaal) treffen. Im Rathaus bevorzugt man, den Schulbezirk zugunsten von der eigenen Schule in Waxweiler zu erweitern, denn Pronsfeld gehört bereits zur VG Prüm. Dabei verweist man auf die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier, die diese Lösung empfohlen habe. "Wir haben im Schulausschuss sehr kontrovers diskutiert. Das ist ein schwieriger Fall", berichtet der erste Beigeordnete Klaus Juchmes, der derzeit den in den Bundestag gewählten Bürgermeister Patrick Schnieder vertritt und Ortsbürgermeister von Waxweiler ist. Dennoch wolle man den eigenen Standort in Waxweiler stärken und der Aufforderung der ADD nachkommen.

Die wiederum will von einem solchen Hinweis nichts wissen und zeigt sich sehr erstaunt. "In dieser Angelegenheit haben wir nicht den Hut auf", sagt Eveline Dziendziol, Pressesprecherin der ADD. Die Verbandsgemeinde sei frei in der Entscheidung, wie der Neuzuschnitt des Schulbezirks aussehe.

Erstaunt waren auch einige Ratsmitglieder über die Informationen aus dem Rathaus. Sie beklagen sich darüber, dass erst jetzt über die Zukunft des Schulbezirks gesprochen werde, und sie von den Eltern direkt über ihre Wünsche informiert werden mussten. "Ich bin stinksauer", sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Rainer Hoffmann. Die Informationspolitik sei "durchaus suboptimal" gewesen, deshalb sei man jetzt in einer "verfahrenen Situation", in der das Interesse der VG gegen das klare Interesse der Eltern stehe. "Das hätte man mit einer frühzeitigen Ansage vielleicht verhindern können", sagt Hoffmann. Juchmes räumt ein, dass es in der Vernetzung zwischen ADD, Schulträger, Eltern und Ratsmitgliedern Lücken gab und so viel Diskussionsbedarf entstanden sei.

Eines stellt der erste Beigeordnete aber klar: Egal, wie die Entscheidung des Rates letzten Endes ausfalle, kein bereits eingeschultes Kind müsse gegen den Willen der Eltern wechseln.

Meinung

Politische Entscheidung

Pronsfeld oder Waxweiler? Elternwunsch oder Interesse der Verbandsgemeinde? Der Arzfelder VG-Rat steht beim Neuzuschnitt des ehemaligen Schulbezirks Lünebach vor einer schwierigen Entscheidung. Es ist aus Sicht der VG durchaus nachvollziehbar, dass man den Standort in Waxweiler stärken möchte. Schließlich wird die VG nach dem angekündigten Aus für die Hauptschulen in Waxweiler und Daleiden in absehbarer Zeit keine weiterführende Schule mehr haben. Daher klammert man sich an die verbliebenen Standorte und versucht, sie so zukunftssicher wie möglich zu machen. Da hat man keine Schüler zu verschenken und möchte sich im Falle eines Falles nicht anhören müssen, nicht alles für die eigenen Schulstandorte getan zu haben. Für die betroffenen Eltern spielen VG-Grenzen dagegen keine Rolle. Sie wollen einfach die beste Ausbildung für ihre Kinder mit den besten Perspektiven - und die sehen sie in Pronsfeld. Es ist im Sinne der Eltern und Kinder zu hoffen, dass auch den Ratsmitgliedern der Blick über die VG-Grenzen gelingt. Denn Schulpolitik darf nicht auf Kosten von Kindern gemacht werden. c.brunker@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort