Lernen für das Leben

Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen: ein vor allem bei Pädagogen beliebter Satz. Nur selten trifft er aber so sehr zu wie bei einem neuen Projekt der Astrid-Lindgren-Schule. Mit einer Trainingswohnung sollen die Schüler so realistisch wie möglich auf ein möglichst eigenständiges Leben vorbereitet werden.

Prüm. Auf wie viel Uhr muss ich den Wecker stellen, damit ich rechtzeitig in der Schule bin? Was muss ich einkaufen, um eine Woche lang versorgt zu sein? Wie wird das Wetter am Ende der Woche, und welche Kleidung brauche ich dafür? Nur einige der Probleme, die zum eigenständigen Wohnen gehören. Von den meisten werden sie wie selbstverständlich beantwortet — aber nicht von allen. Eigenständig zu wohnen ist für geistig Behinderte eine große Herausforderung — die viele aber meistern können, wenn sie entsprechend darauf vorbereitet werden. Genau das ist das Ziel, das die Astrid-Lindgren-Schule in Zukunft mit einer eigenen Trainingswohnung erreichen will. Geistig behinderte Schüler sollen hier lernen, so weit wie möglich selbstständig zu leben. Denn Behinderte sollen nicht nur integriert werden, sondern auch am Leben in der Gesellschaft teilnehmen, so Schulleiter Guido Kirsch. "Es ist ein wesentliches Ziel unserer Schule, auf diese Teilhabe vorzubereiten."In Zusammenarbeit mit der Kreisverwaltung als Träger der Schule soll in Prüm eine dem Kreis gehörende Wohnung so umgebaut und renoviert werden, dass sie den Ansprüchen der Schule genügt. "Sie liegt sehr zentral und ist für die Schüler gut zu Fuß oder mit dem Bus zu erreichen und somit für uns geradezu ideal", sagt Kirsch. Die dafür vorgesehene Wohnung im Dachgeschoss ist 76 Quadratmeter groß. Rund 43 500 Euro werden in einen neuen Boden, eine neue Elektro-Installation und ein neues behindertengerechtes Bad investiert. Das Geld dafür stammt aus dem Kreishaushalt. "Ich bin froh und dankbar, dass der Kreis mit im Boot sitzt und wir so gut kooperieren", sagt Kirsch.Laut Kreisverwaltung soll mit dem Umbau unmittelbar nach den Sommerferien begonnen werden. Ab November soll die Wohnung zur Verfügung stehen. Dann sollen bis zu vier Schüler und zwei Betreuer in der Wohnung möglichst realitätsnah das eigenständige Wohnen lernen. Ab dem sechsten Schuljahr werden die Schüler an das Ziel herangeführt. Zunächst nur mit einigen Stunden in der Wohnung, später sollen sie komplette Wochen dort verbringen. Weiterer Vorteil der Wohnung: Direkt außerhalb ist ein kleines Zimmer, in das sich die Betreuer bei fortgeschrittenen Gruppen zurückziehen können, so dass sie in der Wohnung wirklich für sich sind. Gleichzeitig ist aber die Betreuung jederzeit gewährleistet. Mit der Trainingswohnung ist die Astrid-Lindgren-Schule ein Vorreiter in Rheinland-Pfalz. Nur in Kusel gibt es laut Kirsch ein ähnliches Projekt. Mit den Verantwortlichen dort bestehe ein intensiver Erfahrungsaustausch. "Das ist schließlich auch für uns eine große Herausforderung", sagt Kirsch.

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