Mangoldsaft, Rote Bete und Salbei

LÜNEBACH. Die heutige Gartenkultur unterscheidet sich wesentlich von früherer: Einerseits gibt es mehr "Kunstflächen" mit für die Region eher atypischen Gewächsen. Andererseits haben sich statt einheimischer Materialien vielfach Kunststoffe, Beton und Marmor mit Fontänen und wesensfremden Erscheinungsformen durchgesetzt.

Früher war das anders. In einer Zeit, in der die Felder bestellt, die Wäsche mit der Hand gereinigt und gebleicht wurde, das Handwerk und die Hausarbeit erledigt werden mussten und eine Vielzahl von Kindern erzogen wurde, blieb den Menschen trotz aller Beschwernisse Muße für die Gartenarbeit. Der typische Bauerngarten in der Eifel, früher an jedem Haus zu finden, war hauptsächlich ein Nutzgarten. Er war gegliedert in Gemüse- und Gewürzgarten, dazu gab es eine Abteilung mit Zierpflanzen und Heilkräutern. Die Anlage war übersichtlich und funktional, Pfade markierten Gliederungen, in der Mitte befand sich nicht selten ein Rondell, optisch hervorgehoben durch ein Blumenbeet. Den größten Raum des Gartens nahm das Gemüsebeet ein: Möhren, Kohlrabi, Lauch, Zwiebeln, Rote Beete und die in der Eifel so beliebten Dicken Bohnen, hier auch "Saubohnen" genannt. Spinatsorten - heute fast vergessen - bereicherten das Angebot. Gegenüber dem Gemüsebeet verlief entlang der schützenden Hauswand an der Südseite das Heilkräuterbeet. Eine Vielzahl von Kräutern fand man hier vor: Eibisch (gegen Husten, Zahnschmerzen, Magenbeschwerden), Frauenkraut (für die Wundheilung), Fingerhut (für die Herzstärkung), die Großblütige Königskerze (gegen Erkältungen aller Art). Die Königskerze besaß nach Meinung unserer Vorfahren darüber hinaus die Fähigkeit, das Haus vor Blitzschlag zu schützen und wurde daher im Volksmund auch "Blitzkraut" genannt. Ein weiteres Beet war das der Gewürzkräuter, die als Küchen- und Heilkräuter dienten. Zitronenmelisse, Liebstöckel, Salbei, um nur einige aufzuführen, waren für die Köchin unersetzbare Gewürze, zugleich versehen mit heilender, beruhigender oder krampflösender Wirkung. Ziersträucher markierten am Kopfende die Grenze des Bauerngartens. Zur "Wetterseite" hin wachsen höhere, den Innenraum schützende Pflanzen und Schattenspender: Flieder, Forsythie, Weigelie, Deutzie, Falscher Jasmin und Pfingstrose. Neben diesen Sträuchern gab es weitere Zierpflanzen. Der Eifeler Bauerngarten war bestückt mit einheimischen Materialien. Zaun, Weg, Beeteinfassung und die Pforte fertigte man aus Holz, Steinen und Naturplatten. Ob altertümlicher Flechtzaun, Stangetten oder Schwartenzaun, Holz war der Lieferant. Die Gartenpfädchen waren mit Kies oder zermahlener Gerberlohe (Eichenrinde) ausgelegt. Steine dienten als Beeteinfassungen, gelegentlich Dachziegel oder eine einfache Buchsbaumhecke . Neben der Feldwirtschaft, der Viehzucht und der Waldnutzung war der Gartenbau die vierte Stütze der bäuerlich- ländlichen Selbstversorgung. Er war nicht wie heute Erholungsraum, sondern diente in Zeiten der Not als wichtiger Bestandteil zur Deckung des lebensnotwendigen Eigenbedarfs. Das wachsende Umweltbewusstsein führt heute zu einer Rückbesinnung auf alte und altbewährte Techniken und Methoden im Gartenbau. Hinzukommt, dass im Zeitalter von BSE und Kälbermast das Prinzip der Selbstversorgung wieder stärker hervortritt.

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