Mit 94 Jahren zum Rosenmontag

JÜNKERATH. So was hat die Region noch nicht gesehen: Zehn Bewohner des Pflegeheimes "Kylltalblick" aus Jünkerath, im Alter von 44 bis 94 Jahre, nehmen an den Karnevalsumzügen in Jünkerath und Lissendorf teil.

 Zehn Bewohner des Seniorenpflegeheimes Kylltalblick aus Jünkerath stehen gemeinsam mit 15 Pflegerinnen auf einem Karnevalswagen. TV-Foto: Gabi Vogelsberg

Zehn Bewohner des Seniorenpflegeheimes Kylltalblick aus Jünkerath stehen gemeinsam mit 15 Pflegerinnen auf einem Karnevalswagen. TV-Foto: Gabi Vogelsberg

"Joh, wenn d´r Pitter Ärm in Ärm mit`m Apollonia…", singt Elisabeth Esser schon frühmorgens beim Besuch im Seniorenheim am Schüllerer Berg. Die 88-Jährige kommt bestens aufgelegt mit ihrem Rollstuhl durch den Flur gedüst. Sie hat sich schon "jeckisch präpariert": bunte Jacke, Hütchen, rote Lippen und rote Herzchen auf die Wangen gemalt. Lachend verrät sie: "Ech sin eh echt Kölsch Mädsche un freue mich wie jeck op d´r Zuch." Eva Koch, mit 94 Jahren die älteste Närrin auf dem Hexen-Wagen, kokettiert nach ihrem Vornamen gefragt: "Eva, das ewig verführerische Weib." Die gebürtige Gerolsteinerin ist zum ersten Mal in ihrem Leben aktiv bei einem Karnevalsumzug dabei. Schelmisch grinsend sagt sie: "Da werden meine Kinder aber gucken. Alle, auch die Urenkel, werden bestimmt gucken kommen." Mit 44 Jahren der jüngste Teilnehmer

Sie freut sich aufs Tanzen und Schunkeln. Stichwörter für "dat Kölsch Grat" Esser. Die 88-Jährige schmettert, unterstützt von Stationsleiterin Erna Lamberty, los: "Ich sin d`r Prinz vun Kranebäume un kauf mir einen Kakadu…" Dann nimmt sie ihre Zigarette, die im Ascher qualmt, und erklärt: "Dat is eh janz ahl Leedche vom Eigelstein." Die Vorfreude auf die Teilnahme bei den zwei Umzügen in Jünkerath und Lissendorf ist riesengroß und deutlich spürbar. Anneliese Leyendecker (69 Jahre) erinnert sich an ihre Karnevalserfahrungen im Kaller Umland: "Wir waren oft dabei und haben bei Maskenbällen viele Preise abkassiert." Peter Engels, mit 44 Jahren das Nesthäkchen in der Bewohner-Narrenriege, beäugt das Geschehen noch ein bisschen, meint aber: "Ich hab noch nie was mit Karneval zu tun gehabt, mache hier aber gerne wegen dem Spaß und der Geselligkeit mit." Die Liedtexte würden sich immer besser einprägen. Die sangesfreudigen Seniorinnen helfen ihm gerne auf die Sprünge. Ober-Seniorin Koch trällert: "Komm mein Liebchen, wir trinken ein Likörchen und dann flüster´ ich dir was ins Öhrchen…" Gelächter allerseits. Auch beim Dekorieren der Gänge und Cafeteria mit Luftballons und Papiergirlanden haben die Senioren geholfen. Die zehn rüstigsten Senioren der 85 Bewohner machen, behütet von 15 Pflegekräften, bei den Umzügen mit."Mamas beste Pänz ohne Konkurrenz"

Die Idee für die außergewöhnliche Premiere hatte Heimleiterin Carmen Bleicher. Projektleiterinnen der "lustigen, aber seriösen Aktion" sind zwei Stationsschwestern, Erna Lamberty und Ramona Laub. Lamberty gibt das Motto vor: "Mir han keen Konkurrenz, denn hei schaffe Mamas beste Pänz." Die Leiterin der Demenzstation sieht in der Teilnahme ein Spiegelbild des Leitbildes des Pflegeheimes. Sie sagt: "Wir machen sowieso viel mit den Bewohnern. Hier wird keiner abgeschoben. Das sind ganz normale Leute." Die Organisatoren der Umzüge hätten die Anmeldung begrüßt. Außerdem seien die Familien der beteiligten Pflegekräfte seit Wochen enthusiastisch bei der Sache. Da wird gewerkelt. Es werden Schilder gemalt und Kostüme besorgt. Friedbert Pitzen präpariere den Wagen, damit Sicherheit für alle garantiert sei. Die Geschäftsführung spendiert die Verpflegung und das Wurfmaterial. Geschäftsführerin Lioba Dormann, gebürtig aus Bayern, gibt sich geschlagen: "Ich gehe mit gemischten Gefühlen dran, weil ich das jecke Treiben in der Eifel nicht kenne. Vertraue meinen Leuten aber voll." Sie hofft, dass die Premiere ein Startimpuls für eine Tradition wird. Die 94-jährige Koch verspricht ihre Teilnahme für eine Wiederauflage, damit sie das Prädikat "Ahle Pokert op d´r ahle Tag" bekommen kann. Fotos, Infos und Termine zur Fastnacht auf:

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