"Naturdenkmal zerstört"

BUCHET/AUW-SCHLAUSENBACH. Sturmtief "Kyrill" hat so manches angerichtet – materielle Schäden bilanzierte man landauf, landab zuhauf. Doch auch lokale Kleinode, Unikate, ja ideelle Geschichtsmonumente wurden Opfer des Orkans – so auch der berühmte "Stalkesbaum" in Schlausenbach.

"Das ist ein herber Verlust, ein Kulturdenkmal wurde zerstört", äußert Franz Meier, Schriftführer der Eifelvereins-Ortsgruppe Bleialf. Der 64-jährige Eifelfreund und Heimatforscher aus der Schneifelgemeinde kennt sich aus in seiner Heimat: Zur Pfarr- und Ortsgeschichte schrieb er selbst eine Reihe von Veröffentlichungen, besonders die Pfarrkirche St. Marien liegt ihm am Herzen. "Wie das Wrack eines hohlen Zahns"

Hans-Josef und Gisela Schad aus Auw haben die Geschichte des Grenzbaumes in mehreren Veröffentlichungen eindrucksvoll dokumentiert. Bei einer Besichtigung konnte das Ehepaar den vermoosten Baum klar identifizieren: "Etwa nur noch zwei Meter hoch, völlig ausgehöhlt wie das Wrack eines hohlen Zahnes, aber der Baum lebt", konstatierten beide Heimatfreunde in dem Buch "Schnee, Blei und Heidelbeeren", herausgegeben vom Geschichtsverein Prümer Land im Jahre 2002. Das Besondere an diesem "Naturwunder" ist, dass die Buche nicht nur als Grenzbaum Bedeutung hat, sondern ein einmaliges Geschichtsdokument darstellt: Der Baum ist eindeutig bereits am 8. November 816 in einer Urkunde des Karolingerkaisers Ludwig erwähnt und hat somit fast 1200 Jahre "auf dem Buckel". Fachleute bezeugen, dass die Buche als Torso weiterlebt - und zwar eindeutig. Hans-Josef Schad: "Der Name Stalkesbaum heißt so viel wie ,hoch aufragender einzelner Waldbaum', das passt zu den Beschreibungen." Um die Anerkennung als Naturdenkmal setzte Franz Meier alle Hebel in Bewegung, wandte sich sogar an Ministerpräsident Kurt Beck. Doch alle Bemühungen fruchteten nicht: Sowohl Beck als auch die Kreisverwaltung stuften den Torso als "nicht erhaltenswert und sanierungsfähig ein". Eine Sanierung wäre außerdem zu teuer und der Standort nicht gut zu begehen, um ihn touristisch zu vermarkten. Heute steht der berühmte Grenzbaum auf der Gemarkung Buchet. Für Franz Meier und viele Eifelfreunde war der lebende Stalkesbaum eine Sensation: "Er ist der ältest datierbare Baum der Region und zudem ein Kulturdenkmal der besonderen Art." Ein Unikat, eine Naturwunder - da sind sich alle Schneifelfreunde einig."Als ideeller Wert ist er unersetzbar"

Nunmehr ist er verschüttet, zerstört vom Sturmtief "Kyrill". "Er ist endgültig kaputt, auf einem Meter Höhe abgebrochen, von Fichten zerschlagen", klagt Meier. "Als ideeller Wert ist er unersetzbar." Dem pflichtet auch Hans-Josef Schad bei: "Ein hoher Verlust, ein Stück Schneifel-Identität ist zerstört." Doch ganz so pessimistisch muss man im Schneifelland nicht sein: Wenn sein Wurzelwerk so fleißig weiterarbeitet wie in den letzten zwölf Jahrhunderten, gibt es eine Zukunft für den Solitär. "Töchter" oder "Enkel" sozusagen, die das Erbgut in sich tragen, so dass die Ahnentafel der "Stalkes" fortgeschrieben werden kann. Franz Meier und der Eifelverein Bleialf wollen am Ball bleiben: "Wir werden sehen, was geht. An Hinweisschildern und einem herausgeputzten Platz für die Buche wird es nicht scheitern", sagt Meier.

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