Neue Wege zu weniger Schmerzen

Schmerzmittel-Pumpe, Schmerz-Skala, Pflege-Schmerz-Expertinnen: Chef-Anästhesist Dr. Thomas Erb setzt auf neue Standards in der Schmerztherapie. Das Prümer St.-Joseph-Krankenhaus beteiligt sich mit seinen Erfahrungen an einer wissenschaftlichen Studie.

Prüm. Eine Drahtmaske mit einem Tuch bespannt und dann ein paar Tropfen Äther: Mit einer sogenannten Schimmelbusch -Maske wurden um 1890 die Patienten vor einer Operation betäubt. Eine Zeit, in der die Narkose vielfach noch eine Mischung aus Vergiftung und Sauerstoffmangel war. Das ist heute zum Glück anders. Für die sichere und nebenwirkungsarme Narkose am Prümer Krankenhaus ist seit eineinhalb Jahren Thomas Erb zuständig. Narkose wird exakter abgestimmt

Betäubt wird bei Vollnarkose mit einer Mischung aus Schlaf-, Schmerz- und muskelentspannenden Mitteln. Vorbei sind die Zeiten, in denen die Dauer einer Operation abgeschätzt und dem Patienten entsprechend Betäubungsmittel verabreicht wurden. Mittels der zwei neuen Narkose-Beatmungsgeräten im Wert von insgesamt 55 000 Euro können die Prümer Ärzte heute die Narkose viel exakter auf den Patienten einstellen. "Der technische Fortschritt macht die Narkose auch viel sicherer", sagt Erb.Sein Steckenpferd ist zudem die Schmerztherapie, die am Prümer Krankenhaus ganz groß geschrieben wird. Die Arbeit der Anästhesisten ist mit der Narkose nicht beendet. "Wichtig ist, dem Patienten den Schmerz nach der Operation zu nehmen", sagt der gebürtige Trierer, der in Bitburg aufwuchs. Eine Befragung im Rahmen eines bundesweiten Projekts "Schmerzfreies Krankenhaus" an anderen Krankenhäusern hat ergeben, dass 60 Prozent der Patienten nach einer Operation unnötig Schmerzen leiden müssen. In Prüm kann der Patient mit Hilfe einer Skala zeigen, wie stark er Schmerzen empfindet. "Früher musste man auf die Zähne beißen. Der Arzt hat gemeint, er wüsste, wann einer Schmerzen empfindet und wann nicht", sagt Erb. Die Schmerz-Skala findet Gudrun Lömker aus Baasem, die gerade frisch operiert auf der Intensivstation liegt, "einfach genial", weil damit auch die Kommunikation mit den Schwestern vereinfacht werde. Seit 2007 verfügt das Krankenhaus über fünf Schmerzmittel-Pumpen im Wert von 5000 Euro. Die werden an einen Katheter angeschlossen und sind so klein, dass der Patient sogar damit aufstehen und sich bewegen kann. So sind die Kranken selbst in der Lage, zu entscheiden, wie viel und ob sie Schmerzmittel brauchen. "Der Heilungsverlauf wird deutlich beschleunigt, da der Patient keinen Stress durch Schmerz empfindet", erklärt Erb. Die Gefahr von Komplikationen wie Lungenentzündung, Embolie und Thrombosen schwinde ebenfalls. "Schmerztherapie ist eine Team-Leistung", sagt der Arzt. Deshalb habe er im vergangenen Jahr eine Fortbildung organisiert mit einer Pflege-Schmerz-Expertin. Es gibt am Krankenhaus auch einen Arbeitskreis zu diesem Thema. Für das ganze Haus wurde ein Standard beschlossen, wie man mit Patienten nach einer OP umzugehen hat. Doch damit nicht genug: "Als nächstes werden drei Schwestern zu Pflege-Schmerz-Expertinnen ausgebildet", sagt Erb. Die sollen später ihr Wissen im Haus weitergeben.Daten können mit anderen Häusern verglichen werden

Außerdem beteiligt sich das St.-Joseph-Krankenhaus an einem Projekt, das die Daten mit anderen Häusern vergleicht. "Dadurch kann man von den Besten lernen und selbst sehen, wo man steht", begründet der Schmerz-Experte die Teilnahme.Mit seinen Plänen ist der 55-Jährige noch lange nicht am Ende. Die nächste Anschaffung im OP sollte ein Ultraschall-Gerät für die Anästhesisten sein, da es zum Beispiel Gefäßpunktionen am Hals erleichtert und die neuen Geräte in der Lage sind, Nerven darzustellen. Außerdem hätte er gerne seine Abteilung elektronisch vernetzt, um sich das "mühsame, aber wichtige" Schreiben der OP-Protokolle zu vereinfachen. Extra Anästhesie im St. Joseph Krankenhaus: Die Anästhesisten sind unter anderem zuständig für Teil- und Vollnarkosen, Aufwach-Betreuung, Notarztdienste mit dem DRK, Schmerztherapie, Transfusionen, anästhesiologische Sprechstunde. Drei Fachärzte und ein Assistenzart haben 2007 in Prüm rund 2000 Patienten narkotisiert.

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