Pferd, Kutsche und Tuchhändler-Protest

Prüm · Das Museum Prüm zeigt seit Sonntag in einer Sonderausstellung Objekte und Karten zur Geschichte des Altkreises Prüm. Bei der Eröffnung hat Aloysius Söhngen ein kurioses Detail zur Gründung verraten.

Matthias Kockelmann (links) und Aloysius Söhngen eröffnen die Sonderausstellung zum Thema Altkreis Prüm. TV-Foto: Frank Auffenberg

Matthias Kockelmann (links) und Aloysius Söhngen eröffnen die Sonderausstellung zum Thema Altkreis Prüm. TV-Foto: Frank Auffenberg

Foto: Frank Auffenberg (aff), Frank Auffenberg ("TV-Upload Auffenberg"

Prüm An manchen nagt der "Bedeutungsverlust" bis heute, andere wiederum blicken gelassen und nur noch unter historischen Aspekten auf die Gründung des Eifelkreises Bitburg-Prüm und die damit verbundene Auflösung des Landkreises Prüm vor 46 Jahren. "Als ich Anfang der 1990er Jahre nach Prüm kam, waren die letzten Nachwehen gerade erst verschwunden", sagt Aloysius Söhngen, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Prüm. Vor knapp 50 Gästen hat er am Sonntag im Museum Prüm die Sonderausstellung "Die Geschichte des Altkreises Prüm in der Zeit von 1816 bis 1970" eröffnet.
"Der Kreis, wenn es ihn noch geben würde, wäre jetzt ungefähr 160 Jahre alt geworden. Es dauerte ja etwas, bis die Preußen ihre Verwaltungsstrukturen komplett umgesetzt hatten. Hier kam ein Ort dazu, dort wieder einer weg", sagte Söhngen. Kurios wirke heute ein Faktor, der bei der Gründung des Kreises (siehe Info) eine ziemlich wichtige Rolle gespielt habe: "Der amtierende Landrat sollte in der Lage sein, alle Orte seines Kreises per Pferd oder Kutsche innerhalb eines Tages zu erreichen und auch wieder nach Hause zu kommen." Dass dies durchaus möglich gewesen sei, erkenne man gut an den Reproduktionen, aber eben auch originalen Karten, die nun in der Ausstellung zu sehen seien.
Die älteste ausgestellte Karte sei etwa um 1825 entstanden. "Der erste Landrat Georg Bärsch ließ sie für den damaligen Bischof Triers, Joseph von Hommer, anfertigen", erklärte Matthias Kockelmann, Leiter des Museums Prüm. Besonders spannend seien aber auch die verschiedenen ersten offiziellen Katasterkarten der preußischen Verwaltung von 1826 und 1829. Gut zu erkennen sei, wie sich die Grenzen noch immer bewegten. "Auf den ersten waren Mürlenbach und Burbach noch nicht vermessen und tauchten so nicht auf." Erst 1829 wurde die Kreiskarte komplettiert.
"Interessant, wie sich schon damals das Thema Kommunalreform in den Aufzeichnungen wiederfand", sagt Söhngen. Schon 1848 sei übrigens die Idee aufgekommen, die Eifel in einem gemeinsamen großen Kreis zusammenzufassen, merkt Kockelmann an. Letztlich hätten sich aber die Tuchhändler Monschaus dagegengestemmt: "Sie konnten sich wohl nicht vorstellen, vom armen Prüm aus verwaltet zu werden."
Auch Landrat Joachim Streit reizt besonders der Reformansatz der Preußen: "Es ist faszinierend zu sehen, wie schon damals in Sachen kommunale Verwaltungsreformen geplant wurde." Er schätze Ausstellungen wie die vorgestellte besonders für ihre Anschaulichkeit. "Das Internet hält zwar vieles an Wissen vor, es muss aber auch erstmal gefunden werden. Hier ist Wissen aber direkt greifbar, sofort erlebbar", sagte Streit.
Barbara Hiltawski, SPD-Mitglied im Rat der Verbandsgemeinde, zeigte sich froh darüber, dass die Sonderausstellung das Prümer Museum wieder ins öffentliche Interesse rückt. Durchaus regelmäßig mahnt ihre Fraktion im Rat an, dass mit dem Prümer Museum mehr Öffentlichkeit erreicht werden sollte. "Es schlummert hier ein unglaubliches Potential, das genutzt werden sollte." Gerade die Entwicklung eines Kreises sei gut durch die Gegenüberstellung historischer Karten nachvollziehbar: "Hier sieht man, dass alles zusammenhängt, dass Reformen nicht einfach mit einem Stift geplant werden können."
Lob, über das sich nicht nur der Museumsleiter freute, auch Aloysius Söhngen schätzte es. "Aus der SPD-Fraktion gab es in der Vergangenheit immer mal wieder Anregungen zu Umstrukturierungen, aber auch Kritik - wenn eine Ausstellung dann gut ankommt, freue ich mich natürlich sehr."
Das Museum Prüm ist aktuell jeweils mittwochs, samstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Die Sonderausstellung "Altkreis Prüm" wird bis Mittwoch, 31. Mai, gezeigt.
Weitere Informationen im Internet
unter <%LINK auto="true" href="http://www.pruem.de" text="www.pruem.de" class="more"%>
GRößTER UND GLEICHZEITIG KLEINSTER KREIS IN PREUßEN


Extra

Der Landkreis Prüm wurde nach dem Wiener Kongress 1815/1816 gegründet, als das Rheinland nach der französischen Besatzung dem Königreich Preußen zugeschlagen wurde. Der Kreis war 916 Quadratkilometer groß und damit der größte des Königreichs, allerdings lebten dort 1818 nur 21 682 Menschen - damit war der Kreis der am dünnsten besiedelte Preußens. Als die Nachbarkreise Eupen und Malmedy 1919 an Belgien fielen, wurde die Westgrenze des Landkreises Prüm zur Staatsgrenze. Dies hatte wirtschaftliche Nachteile zur Folge, die erst in der Zeit der Europäischen Union aufgehoben werden konnten. 1970 wurde der Kreis aufgelöst, er hatte damals 39 303 Einwohner.

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