Punkt, Punkt, Welle, Strich: Warum (und wie) Bäume in der Eifel markiert werden

Prüm · Überall sind in den Wäldern farbige Markierungen an Stämmen zu finden. Manchem wird da angst und bange, weil er glaubt, dass die Bäume zum Fällen markiert sind. Der TV hat sich die Förstergraffiti erklären lassen.

 Forstreferendar Jan Kiehne nutzt zur Kennzeichnung von Bäumen spezielle Baumfarben. TV-Foto: Frank Auffenberg

Forstreferendar Jan Kiehne nutzt zur Kennzeichnung von Bäumen spezielle Baumfarben. TV-Foto: Frank Auffenberg

Foto: Frank Auffenberg (aff), Frank Auffenberg ("TV-Upload Auffenberg"

Prüm Sie sind nicht zu übersehen und sollen es auch nicht sein: Besonders in der unvermeidlich näher rückenden kalten Jahreszeit fallen im Wald überall rote und weiße Markierungen an Bäumen auf. "Diese Förstergraffiti bringen wir an, um im Wald ohne weitere Absprachen den Überblick zu behalten", sagt Jan Kiehne, Referendar beim Forstamt Prüm. "In der Vergangenheit kam es immer wieder zu Missverständnissen. Leute dachten, dass jeder markierte Baum zum Fällen freigegeben ist - meistens ist aber eher das Gegenteil der Fall".
Weil es andernorts immer mal wieder zu Beschwerden besorgter Bürger gekommen sei, habe Landesforsten Rheinland-Pfalz die Initiative ergriffen und eine Aufklärungskampagne angestoßen, um der Öffentlichkeit die Kennzeichnungen näherzubringen, sagt Forstamtsleiter Peter Wind.
"Der Forst ist ja nicht nur ein geschätztes Erholungsgebiet, sondern eben auch unser Arbeitsplatz", sagt Kiehne.
Anders als in der Landwirtschaft, die vereinfacht gesagt im Jahreszyk lus plane, müsse im Forst mit ganz anderen Zeiträumen kalkuliert werden, sagt Kiehne. "Und zwar mit Jahrzehnten und noch längeren Zeitspannen. Wir haben den Wald im Grunde ständig im Blick und wissen, welche Bäume langfristig für uns oder auch für die Natur am wichtigsten sind, und gestalten die Flächen so, dass sie möglichst günstige Bedingungen bieten. Die Graffiti helfen uns dabei."
Schon lange sei die Forstwirtschaft weg von den einst überall zu findenden Monokulturen, versichert Kiehne. "Reine Fichtenbestände sind zum Beispiel bei uns nur noch sehr selten zu finden. Im Grunde ist am Prümer Forst gut zu erklären, wo wir hin wollen. Hier ist mit den Jahren nämlich langsam genau die Form von Mischwald entstanden, die sowohl wirtschaftlich als auch biologisch am zukunftssichersten ist", sagt Kiehne und lädt den TV-Reporter zu einem Rundgang ein.
Bewaffnet mit Sprühdosen geht es in den Wald. "Eine mit roter Farbe, eine zweite mit weißer - natürlich ist das Spezialfarbe, die ökologisch unbedenklich ist", sagt Kiehne. Vor einer mächtigen Lärche bleibt der Forstreferendar stehen und richtet den Blick nach oben: "Vor einigen Jahren wurde entschieden, dass dies ein sogenannter Z-Baum ist - Z steht dabei für Zukunft." Als der Baum noch deutlich kleiner war, habe man die unteren Zweige entfernt - die Waldleute nennen das Entasten. "Bis etwa zur Höhe von 15 Metern ist er damit frei von Astlöchern. Wenn der Baum erntereif ist, wird er so deutlich wertvoller sein als andere und beim Verkauf teils das Doppelte erzielen."
Um solche Zukunftsbäume sofort zu erkennen, werden sie mit zwei weißen Punkten oder einem um den Stamm laufenden weißen Ring markiert. "Jeder Waldarbeiter weiß so, dass hier Vorsicht angebracht ist."
Damit der Zukunftsbaum allerdings möglichst kräftig werden kann, werden Konkurrenten, die zu nah an ihm dranstehen, beizeiten gefällt. "Wir nennen sie Entnahmebäume. Sie werden mit einem roten, schrägen Strich ausgezeichnet und bei der nächsten Pflegemaßnahme entfernt."
Ebenfalls weiße Farbe werde bei Biotopbäumen verwendet. "Das sind wiederum Pflanzen mit einer besonderen biologischen Bedeutung", sagt Kiehne. "Manche sind wichtig, weil sie in Höhlen Spechte beherbergen, andere, weil sie schon sehr alt sind oder einer besonderen Art angehören und von hohem Wert für die biologische Vielfalt sind." Die bleiben natürlich stehen.
Eine weiße Wellenlinie weise auf die hohe Bedeutung als Biotopbaum hin. Eine Besonderheit seien hierbei Bäume mit einem Nest - also einem Horst - in der Krone. "Um ganz sicherzugehen, dass Tiere in der Baumkrone durch Forstarbeiten nicht gestört werden, können sie mit den Buchstaben HB - für Horstbaum - ausgezeichnet werden." Sie blieben bis zum Absterben und auch darüber hinaus stehen. "Wir nennen das dann Totholz. Es ist als Lebensraum wichtig, aber auch als Nährstofflieferant." Weil Totholz aber durchaus auch mal fallen kann, seien diese Bäume mit roten Ausrufezeichen markiert, "denn die Arbeitssicherheit steht über allem."
Und dann sind da noch Markierungen, die sich gar nicht auf den Baum beziehen, an dem sie angebracht sind. "Mit zwei roten parallelen Strichen weisen wir die Forstarbeiter auf sogenannte Rückegassen hin." Meist werde heute mit wirklich schwerem Gerät gearbeitet. Jede Fahrt verdichte aber den Waldboden und sei so ein ungewünschter Eingriff. Um den möglichst gering zu halten, werden Wege ausgewiesen, auf denen sich die Fahrzeuge ausschließlich bewegen dürfen. "Striche weisen auf den Start hin, ein großes rotes T auf das Ende - der Rest des Waldes ist für die Maschinen tabu."
Viele Zeichen also, aber letztlich stehe nur der schräge rote Strich für eine Fällung. "Und den sieht man dann tatsächlich doch eher selten."Extra: SIEBEN GRAFFITI FÜR DEN VOLLEN ÜBERBLICK IM FORST


Landesforsten Rheinland-Pfalz hat für alle Mitarbeiter verbindliche Regeln für die Markierungen festgelegt. Eine kleine Zeichenkunde: Zwei weiße Punkte oder Ring: Zukunftsbaum, der für die Wertholzschöpfung bestimmt ist und langfristig erhalten bleibt. Schräger roter Strich: Entnahmebaum, bereit zur Ernte; entweder, weil er seine gewünschte Größe erreicht hat, oder, weil er Zukunftsbäume am guten Wuchs hindert. Zwei rote parallele Linien: Beginn einer Rückegasse für das Befahren mit schwerem Gerät. Rotes T: Ende der Rückegasse. Weißes Ausrufezeichen: Totholz, bleibt für die Vielfalt erhalten. Weißer Wellenring: Biotopbaum mit wichtiger ökologischer Funktion bleibt erhalten. Weiße Buchstaben HB: Horstbaum mit Nest in der Baumkrone bleibt erhalten.

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