Rücktritt nach einem Jahr im Amt

Weil er sich von Behörden wiederholt schlecht informiert und übergangen fühlt, hat Gerd Wessels (63) seinen Rücktritt vom Amt des Ortsbürgermeisters in Schüller erklärt. Aktueller Anlass waren die Umstände eines Bauprojekts.

 Offiziell genehmigt: die Baustelle auf dem Schüllerer Hügel. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Offiziell genehmigt: die Baustelle auf dem Schüllerer Hügel. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

 Gerd Wessels. TV-Foto: Archiv/Gabi Vogelsberg

Gerd Wessels. TV-Foto: Archiv/Gabi Vogelsberg

Schüller. (cus) Ende 2006 trat Stefan Bungartz aus gesundheitlichen und beruflichen Gründen als Ortsbürgermeister von Schüller zurück. Als Nachfolger wurde im Mai 2007 Gerd Wessels (SPD) vereidigt, der sich bei der Urwahl gegen Theresia Wettke durchgesetzt hatte.Vor einer Woche teilte Wessels der Verbandsgemeinde (VG) Obere Kyll seinen Rücktritt mit - ohne Erläuterung. Auf TV-Anfrage nennt der Diplom-Verwaltungswirt in der Freiphase der Altersteilzeit Gründe. Hauptproblem: die fehlende Vertrauensbasis bei der Zusammenarbeit mit der VG-Verwaltung. "Die Informationen, auf die es ankommt, bekommt man nicht", moniert Wessels. "Das muss ich mir nicht antun."Am Freitag, 25. April, hätten ihn Bürger auf Bauarbeiten außerhalb der Ortslage aufmerksam gemacht. Auf dem Grundstück eines Gemeinderatsmitglieds entsteht eine kleine Halle (Schuppen). Zur landwirtschaftlichen Nutzung durch einen Vollerwerbsbetrieb ist dies grundsätzlich genehmigungsfrei (bei bis zu 100 Quadratmetern Grundfläche und fünf Metern Firsthöhe).Der Pächter des Grundstücks ist ein Landwirt aus Kleinlangenfeld, der Schwager des Eigentümers. Wessels vermutet jedoch eine mögliche spätere Nutzung der Halle durch den Grundstückseigentümer für dessen Gewerbebetrieb. Außerdem beeinträchtige der Standort auf dem Höhenrücken erheblich das Landschaftsbild. Auf Grund der Abgrabungen und Aufschüttungen sei die Gemeinde zu beteiligen gewesen. Bei der VG habe sich der Eigentümer schon knapp zwei Wochen vor dem Baubeginn erkundigt, im Gemeinderat jedoch nichts gesagt. Nach Wessels Einschreiten hörte der Ortsbürgermeister mehr als vier Wochen lang nichts mehr von VG und Kreis. Als dann die unterbrochenen Bauarbeiten weitergingen, trat Wessels zurück.Laut Karl Müller, Leiter der VG-Bauabteilung, ging es bei dem Telefonat vor Baubeginn nur um eine Auskunft. Nach Wessels Beschwerde habe die VG sofort Kontakt mit der Kreisverwaltung aufgenommen. Der Landwirt stellte dort einen Antrag auf naturschutzrechtliche Genehmigung. Erhalt und Weitergabe dieser Genehmigung überschnitten sich mit Wessels Demission. "Gerd Wessels wird genauso informiert wie alle anderen", betont Bürgermeister Werner Arenz (CDU). Die VG gehe von einer ordnungsgemäßen Nutzung des Gebäudes aus, zumal andernfalls eine Abrissverfügung drohe."Da keine naturschutzrechtlichen Gründe für eine Versagung vorlagen, war die Genehmigung zu erteilen", sagt Kreis-Pressesprecherin Verena Bernardy. Landwirtschaftsbehörde und -kammer gaben positive Stellungnahmen ab. Abgrabungen und Aufschüttungen für Gebäude seien nicht separat zu genehmigen. Rechtlich ist innerhalb von drei Monaten ein neuer Ortsbürgermeister zu wählen. Meinung Schade für Schüller Gerd Wessels war kein typischer Ortsbürgermeister. Durch seinen beruflichen Hintergrund als ehemaliger Verwaltungsmann und seine kritische Grundeinstellung hakte er mitunter gezielt nach und stellte Forderungen, was für Verwaltungen unbequem sein kann. Vor Monaten beschwerte er sich öffentlich über das VG-Ordnungsamt wegen mangelnder Konsequenz im Fall der mehrfach ausgebrochenen Kühe eines Landwirts. Inwieweit Behörden Wessels dauerhaft übergangen haben, lässt sich von außen nicht beurteilen. Was auch immer wirklich hinter dem Rücktritt steht: Der jüngste Fall kann nur der berühmte Tropfen gewesen sein, der das Fass zum Überlaufen brachte. Natürlich waren die Umstände des Bauprojekts nicht optimal. Eine Vorab-Information hätte Aufregung vermeiden können. Letztlich können und müssen sich alle Beteiligten auf den offiziellen Antrag und die Genehmigung berufen. Schade für Schüller, dass schon wieder ein Ortsbürgermeister fehlt und neu gewählt werden muss. m.hormes@volksfreund.deEXTRA Reaktionen: Der Grundstückseigentümer wollte sich auf TV-Anfrage nicht zur Sachlage äußern. Die Familie des Pächters verweist auf die vorliegenden Genehmigungen. Das Gebäude solle als Lager für den landwirtschaftlichen Betrieb genutzt werden, in erster Linie für Heu. Die Erste Beigeordnete Waltraud Pfeil ist vom Rücktritt Wessels überrascht: "Wir haben gut zusammengearbeitet." Er habe ihr laufende Angelegenheiten übergeben. (cus)

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