Roter Faden im Chaos

PRÜM. Wegen vorsätzlicher Körperverletzung sind die 47-jährige Geschäftsführerin eines Prümer Nachtklubs und ihr 34-jähriger Kellner jeweils zu 900 Euro Geldbuße verurteilt worden. Die Haupt-Schlägerin, eine 36-jährige Bardame, bekam am Amtsgericht Bitburg vier Monate Haft auf Bewährung.

Die Nacht zum 14. März 2004 entwickelte sich für Thomas Z. (Name von der Redaktion geändert) zum Horror-Trip. Erst wurde seine geplante Privatparty abgeblasen. Trotzdem sollte der 28-Jährige für die von ihm engagierten Tänzerinnen einer Prümer Nachtbar 500 Euro zahlen. Weil er nicht genug Geld dabei hatte, wurde Thomas Z. in dem Klub so übel zugerichtet "wie Boxer Axel Schulz nach der sechsten Runde" (Richter Werner von Schichau). Während sich das Opfer bei seiner Aussage am ersten Verhandlungstag in Widersprüche verstrickte (der TV berichtete), brachte die Fortsetzung mehr (Rot-)Licht ins Dunkel. Ein Bargast aus jener Nacht sagte aus, die Geschäftsführerin habe Thomas Z. mindestens einmal geschlagen. Die 36-jährige Mitangeklagte und eine weitere Frau hätten das Opfer mehrfach geschlagen oder getreten, auch als es am Boden lag. Von einem Dobermann-Beißangriff habe er nichts mitbekommen. Z. habe sich nicht gewehrt und auch nicht versucht zu fliehen. Als der Augenzeuge am Morgen die Bar verließ, verständigte er die Polizei. Eine Taxifahrerin, die die Gruppe zur ursprünglich geplanten Party und zurück gefahren hatte, hatte zwar den Streit ums Tanz-Honorar mitbekommen, aber keine Handgreiflichkeiten gesehen. Die Schwester des Opfers berichtete lediglich, was ihr der Bruder später über die Vorfälle in der Nacht erzählt hatte. Auch die Aussagen zweier Polizeibeamter brachten kaum neue Erkenntnisse."Man kann keinem Zeugen glauben"

"Die Angeklagten sind der gemeinschaftlichen gefährlichen Körperverletzung überführt", stellte Staatsanwalt Sebastian Jakobs fest. Das Opfer habe den Sachverhalt "im Kern konstant" geschildert, der Augenzeuge dies bestätigt. Jakobs forderte für die drei Angeklagten jeweils sechs Monate Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt werden könnten. Als Vertreter von Nebenkläger Thomas Z. schloss sich Rechtsanwalt Paul Hemmes dem Staatsanwalt an. Für die Prellungen und die durch den Dobermann-Angriff verursachten Bisswunden sei ein Schmerzensgeld von mindestens 3000 Euro angemessen. Cornelius Schumann, Verteidiger der Geschäftsführerin, verblüffte zunächst mit einer kompromisslosen These: "Man kann keinem Zeugen auch nur ein einziges Wort glauben." Thomas Z. sei zeitweise in psychiatrischer Behandlung gewesen und habe Dinge nachweislich erfunden. Der Augenzeuge wiederum sei eigenen Angaben zufolge betrunken gewesen. Vor diesem Hintergrund sei seine 47-jährige Mandantin freizusprechen oder im Höchstfall für eine Ohrfeige zu belangen. "Wäre der Nebenkläger als Angeklagter so aufgetreten, hätte ihn der Staatsanwalt auseinander genommen", spielte Ulrich Kahlenborn, Verteidiger des 34-jährigen Kellners, auf die Widersprüche in den Aussagen von Thomas Z. an. Der Augenzeuge habe bei dem Kellner nichts Unrechtes beobachtet. Freispruch forderte Kahlenborn ebenso wie Andreas Dürr, Verteidiger der Bardame. Das Urteil des Schöffengerichts lautete: jeweils 30 Tagessätze à 30 Euro Geldbuße für Geschäftsführerin und Kellner. Die Barfrau traf es härter: vier Monate Haft, drei Jahre lang zur Bewährung ausgesetzt. Sie muss 1000 Euro als Täter-Opfer-Ausgleich an Thomas Z. zahlen. "Auch bei chaotischen Sachlagen gibt es einen roten Faden", beschrieb Werner von Schichau die schwierige Wahrheitsfindung. Thomas Z. sei als Zeuge untauglich, der damalige Gast jedoch eine verlässliche Größe. Der Schlag des Kellners, den er gegenüber der Polizei zugegeben hatte, und der bezeugte Schlag der Geschäftsführerin seien Einzelakte gewesen. Die Attacken der Barfrau mit ihrer Komplizin seien jedoch als gemeinschaftliche und damit gefährliche Körperverletzung zu werten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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