Sauschwer und federleicht

Im Freilichtmuseum in Kommern (Kreis Euskirchen) läuft zurzeit die Ausstellung "Sauschwer und federleicht". Mit lebensgroßen, menschlichen Silhouetten und historischen Messwerkzeugen sind anschaulich Alltagsszenen vergangener Tage dargestellt, in denen ein Meter je nach Verkäufer oder Stadt eben recht unterschiedlich sein konnte.

Mechernich-Kommern. (red) Ein Kilo Mehl, ein halbes Pfund Butter - Mengenangaben auf den Verpackungen sind heute selbstverständlich. Doch bevor das metrische System im 19. Jahrhundert eingeführt wurde, herrschte ein fast schon "maßloses" Chaos auf den Märkten, Handelsplätzen und in den Werkstätten. Das kann man anschaulich in der Ausstellung nachvollziehen, die bis zum 30. April 2008 zu sehen sein soll.Im Handwerkerhaus Henkel gleich gegenüber der "Wir Rheinländer"-Ausstellungshalle wurden mit lebensgroßen, schattenrissähnlichen Silhouetten von Käufern und Verkäufern sowie Messwerkzeugen vergangener Zeiten verschiedene Alltagsszenen gestaltet. "Heute muss niemand hinterfragen, ob der Meter in Goch auch dem Meter in Köln entspricht und in Koblenz immer noch die gleiche Länge hat", sagt Sabine Thomas-Ziegler, die zusammen mit Christine Hamacher die Ausstellung im Freilichtmuseum des Landschaftsverbandes Rheinland konzipiert und gestaltet hat. Die unterschiedlichen Maße in früheren Zeiten hingegen führten zwangsläufig zu Streitigkeiten.Von der Goldwaage bis zur Personenwage am Bahnhof

Von kleinen Goldwaagen bis zur großen Bahnhofs-Personenwaage, vom Maßlöffel bis zum Scheffel, von der Spanne bis zur Elle, mit vielen historischen Objekten sind in der Exposition Situationen etwa beim Schuster oder auf dem Markt nachgestellt. Sie zeigen, wie kompliziert sich der Alltag gestaltet, wenn Maße und Gewichte nicht einheitlich sind. Bei Längenangaben halfen "natürliche" Maßeinheiten wie Körperlänge oder Handspanne. Ein "faustdickes" Wollbündel oder ein "armlanges" Tuch fallen zwar individuell sehr unterschiedlich aus, wecken aber konkrete Vorstellungen. "Heute können viele Menschen kaum noch mit dem Auge abschätzen, wie viel 300 Gramm Mehl oder Zucker sind", so Christine Hamacher. Beim modernen Einkaufen werden eben kaum noch Waagen benutzt oder benötigt, weil die meisten Waren bereits abgewogen und verpackt sind.Die Ausstellung zeigt vielfältige Messgeräte wie Balken-, Laufgewichts-, Dezimal- und Federwaagen sowie ihre Veränderungen in den letzten Jahrhunderten bis hin zu heutigen Formen. Einige der Ausstellungsstücke sind dazu noch von hohem ästhetischen Wert: "Viele der Messwerkzeuge wie die Schuhmaße oder die hölzernen Gliedermaßstäbe wurden mit einem großen handwerklichen Können und besonderer Sorgfalt hergestellt. Auch die Holz etuis der Goldwaagen sind mit schönen Verzierungen versehen", so die Volkskundlerin Sabine Thomas-Ziegler.Das zusätzliche museumspädagogische Angebot zur Ausstellung mag von manchem als "sauschwer" oder "federleicht" empfunden werden, lädt aber in jedem Falle zur intensiven Auseinandersetzung mit dem Messen und Wiegen ein.

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