Tresen-Thesen und Beckersche Logik

PRÜM. (sn) Batschkapp, Hose mit Bügelfalte, Hosenträger und karierte Schlappen: Gerd Dudenhöffer alias Heinz Becker sinnierte in Prüm über Alltägliches, Neger, Frauenparkplätze, schwer essbare Schnittchen und vor allem darüber, ob Hilde zu Kalbsrouladen nun Blumenkohl oder Rotkraut kochen soll.

Auf Einladung des Geschichtsvereins "Prümer Land" und der Volkshochschule Prüm gastierte der saarländische Grantler in der Karolingerhalle Prüm. Mit seinem Programm "Wiederspruch" lud er sein Publikum in die gute Stube im Eiche-Rustikal-Ambiente ein. Vom grünen Sofa aus parlierte er über Alltägliches wie harte Butter auf frischem Mischbrot, Schnittchen mit rohem Schinken (Becker: "Entweder liegen lassen, oder einmal reinbeißen und mit der Oberlippe den ganzen Belag zusammenkratzen") und Anti-Aging. Immer mit dem Ohr ganz nah am Stammtisch. Die Nachbarstochter hat doch tatsächlich eine Mischung aus Afrikaner und "Neger" kennen gelernt. Und da wundert es Heinz auch nicht, dass ihre Mutter an Hautkrebs gestorben ist, denn das fängt ja auch immer mit so schwarzer Plaque an. Zentrales Thema ist die Ehe mit Hilde

Neben den Widrigkeiten des alltäglichen Wahnsinns, wie kein Klopapier im entscheidenden Moment, keine Taschenlampe, kein Verlängerungskabel und daraus resultierender Fonduegenuss in 80 Zentimeter Entfernung der Steckdose auf dem Boden, erzählt Becker besserwisserisch über die anderen Seiten des spießigen Vorstadtlebens, wie Prostitution, Homosexualität bis hin zur den dunklen Kapiteln der deutschen Geschichte. Viel wird gelacht im Publikum, wenn es auch manchmal je nach Thematik im Hals steckenbleibt. Heinz Becker, die personifizierte Karikatur des universellen Kleinbürgers erklärt im Plauderton die Welt. Zentrales Thema nach mehr als 40 Jahren Ehe mit Hilde ist die Frage, ob die Kalbsrouladen nun mit Blumenkohl oder Rotkraut gekocht werden sollen. Hilde hat mit ihrem Rotkraut natürlich keine Chance. Überhaupt, die Hilde: Die soll doch statt Anti-Aging-Tabletten einfach ein Glas Spülmittel trinken, das ist auch Fett lösend. Und zu Silikonbrüsten fällt ihm ein: "Mit dem was die da reinspritze lasse, kann ich zu Haus das ganze Bad abdichte." Gegen die Blumenkohl-Krämpfe im Darm hilft irgendwann nur noch Schnaps, den sich Becker mehrmals gern genehmigt. Immer schwerer kommen die Fremdwörter über die Lippen, verheddert er sich bei seinen Reden. Die Firma nebenan meldet Inkontinenz an, wie man Rhabarber schreibt, schlägt er im "Barockhaus" nach, und aus "Tsunami" wird in der Schnelle "Azubi". Die 532 Zuschauer in Prüm erfahren, begleitet von Beckers pochendem Zeigefinger auf der Sofalehne, dass für Frauen in Parkhäusern die Behindertenparkplätze direkt neben der Einfahrt eingerichtet wurden, damit sie diese auch finden. Dass Nordic Walker nur zu geizig seien, sich einen teuren Wintersport zu leisten und deshalb mit ihren Stöcken den ganzen Wald zerstechen, und Korruption nichts anderes sei, als wenn die Politiker mit Schmiergeldern die Bestechung bezahlen. Nach ungefähr sechs oder sieben Schnäpsen dämmert es aber auch Heinz Becker: "Wo nichts ist, kann nichts schlecht werden."

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