Was bleibt ist die Angst: Vier Einbrüche in Hüttingen

Trier/Hüttingen an der Kyll · Trier/Hüttingen an der Kyll (mey) Die Zeugen der Polizei sind sich einig, so was haben sie seit Jahren nicht gesehen. Fenstereinbruch auf diese Art ist in der Region ungewöhnlich.

Und dann gleich viermal in einer Nacht im 300-Seelenort Hüttingen an der Kyll.
Da liegt es doch nahe, dass es sich um ein und denselben Täter handelt, mutmaßen die drei Polizisten. An einer Einbruchsstelle gibt es sogar Desoxyribonukleinsäure - DNA-Spuren - vom Angeklagten. Und dennoch bleiben Rätsel am Montag bei der Verhandlung des Landgerichts Trier.

Die Anklage Während Sie schlafen kommen Unbekannte in Ihre Wohnung und durchwühlen Ihr Privatestes - für viele eine Horrorvorstellung. Dem 45-jährigen Angeklagten wird genau das zur Last gelegt: In der Nacht vom 23. Juni auf den 24. Juni 2015 soll er in Hüttingen an der Kyll gemeinsam mit einer bislang unbekannten Mittäterin in drei Wohnungen und eine Gaststätte eingebrochen sein. Der Einbruch misslang ihnen in zwei Fällen, bei einem weiteren nahmen sie kein Diebesgut mit.
Das sagen die Zeugen "Fensterbohren, das ist sehr selten", sagt der erste Zeuge, ein Polizeibeamter. So ein Bohrloch sei rund 8 Millimeter groß. Mit Hilfe eines Drahts versuchen die Einbrecher bei dieser Methode den Fensterhebel in Stellung zu bringen, um dieses dann lautlos zu öffnen. Üblicher sei es, die Scheibe mit einer Stange aufzuhebeln - "Bohren, das machen nur richtige Profis". An dieser Stelle macht Strafverteidiger Michael Angele darauf aufmerksam, dass eines der Fenster zunächst gebohrt und dann aufgehebelt worden sei. Warum dies technische Spitzfindigkeit? Zweifel ins Spiel zu bringen, ist Angeles Ziel. Zumindest an der DNA-Spur des Angeklagten an einem Tatort ist nichts zu wiederlegen - also Schadensbegrenzung bezüglich der anderen drei Häuser.

Für ein Weizen und einen Hocker
Ein Hüttinger berichtet vom Einbruch im Keller seiner Wohnung. Die oder der Täter versuchten den Waffenschrank des Geschädigten aufzubrechen, das misslang. Gestohlen wurde: ein Benediktiner Hefeweizen und ein Holzhocker. Bei allen Geschädigten ist der Schaden höher als die Beute der Einbrecher. Und die psychische Belastung ist groß. Die Zeugin berichtet, ihre Familie schlafe nicht mehr mit gekippten Fenstern, ihr Kind habe Nächte nicht geschlafen. Dann kommt wieder ein Rätsel: "Es klang wie bei einer Party, es hat geklappert und gescheppert, Flaschen sind erklungen", sagt sie. Leute hätten sich auch laut unterhalten. Ein ungewöhnliches Verhalten für Einbrecher.
Anwalt Angele gelingt es an dieser Stelle erneut, Zweifel daran zu streuen, dass der Angeklagte für alle vier Einbrüche verantwortlich ist. Behilflich ist ihm dabei auch der Umstand, dass in einem der vier Fälle die betroffene Familie in Urlaub war und nicht mit Sicherheit bestimmt werden kann, ob dort in derselben Nacht eingebrochen wurde. Die Familie bemerkte den Einruch schließlich erst viele Tage später.
Ein weiterer Zeuge berichtet, er habe sich nach dem Einbruch eine Alarmanlage im Wert von 5000 Euro angeschafft. Sein Sohn habe ein Jahr lang nicht in seinem Zimmer schlafen wollen. Auf die Angst der Opfer reagiert der Angeklagte nicht wahrnehmbar. Alle anderen halten an dieser Stelle kurz inne. Staatswanwalt Gehlen erklärt im Nachhinein, was er an den Einrüchen skrupellos findet: "Da geht es um Menschen, die während des Schlafs überrascht wurden. Das zeugt von besonderer Kaltschneuzigkeit."
Der Prozess wird am 12. September fortgesetzt.

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