Wer "Häh?” sagt, will es wissen - Jünkerather Pädagogin bringt Buch über Sprachentwicklung heraus

Jünkerath/Lasel · Texte verstehen, Sprache lernen, Spaß dabei haben: Die Jünkerather Pädagogin Ulrike Erb-May hat ein praxistaugliches Buch für Erzieherinnen im Kindergarten verfasst und dabei mit Einrichtungen in der Eifel kooperiert.

 Autorin Ulrike Erb-May. Foto: Verlag

Autorin Ulrike Erb-May. Foto: Verlag

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Schnell was Grundsätzliches: Die ersten Lebensjahre, das weiß nahezu jeder, sind wesentlich für die weitere Entwicklung eines Kindes. Je mehr Zuwendung, je mehr Kommunikation, je mehr Geborgenheit es in dieser Zeit erfährt, desto besser ist es gewappnet für die Jahre, die noch folgen und es ihm nicht immer leicht machen werden.
Das gilt auch und vor allem für den Spracherwerb. Standardwissen, wie gesagt - und trotzdem, schreibt Ulrike Erb-May im Anfangskapitel ihres Buchs, fehlen 25 bis 30 Prozent der Fünfjährigen die letzten Entwicklungsschritte bis zum Schuleintritt - sie starten mit einer Verzögerung der sprachlichen Entwicklung. Und können mit Geschichten wenig anfangen: Während in der Kita manche Kinder es genießen, "dass ihnen jemand vorliest", säßen andere daneben, "die zappelig darauf warten, dass die Vorlesestunde zu Ende ist. Sie können sich nicht konzentieren … diesen Kindern entgehen Geschichten, Gedichte, Rätsel und Fingerspiele. Ihnen entgehen sehr viele Anregungen und auch Freude."
Gleichzeitig haben die Erzieher außerhalb des Elternhauses immer größeren Einfluss auf die Entwicklung der Kinder - denn mittlerweile werden schon die ganz Kleinen in den Kindergärten betreut. Und da setzt das neue Buch der Eifeler Literaturpädagogin an (siehe Info) - es ist ein Leitfaden für Kita-Erzieherinnen, die ihren Schützlingen die gesprochene und geschriebene Sprache näherbringen wollen.
Nun sollen nicht bereits die Zweijährigen im Kindergarten Buchstaben bimsen und das Alphabet auswendig lernen. Sie sollen auch nicht, stellt die Autorin klar, nach dem Motto unterrichtet werden: "Nehmen wir mal ein Buch , um den Kindern beizubringen, dass Streiten nichts bringt."
Es geht Ulrike Erb-May um etwas anderes: "Literaturpädagogik ist nicht Pädagogik mit dem Buch", sagt sie, "sondern Pädagogik für das Buch und die Literatur. Und wer beim Lesen mitfühlt, Empathie entwickelt, der entwickelt auch die eigene Persönlichkeit." Und so setzt sie darauf, Kinder für die Literatur zu begeistern: "Literaturpädagogik heißt heute, mit der Hexe auf dem Besen zu reiten, mit dem ,Grüffelo' in den Wald zu gehen, Comics mit neuen Apps selbst zu produzieren" oder sogar ein "Häufchen-Museum zu inszenieren" - zum Buchklassiker vom "Kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hatte" (dessen Autor Wolf Erlbruch im April übrigens als erster Deutscher den Astrid-Lindgren-Gedächtnispreis erhielt).
Es geht also nicht zuletzt darum, zu vermitteln, welchen Reichtum Bücher, Geschichten und Sprache enthalten und bereiten können.
Das tut die Autorin vor allem praxisnah - so soll man unter anderem auf den "Häh-Effekt" setzen - aus der Babyforschung als "Moment des Erstaunens" bekannt: "Er ist der Auslöser für das Anstellen von Vermutungen und schließlich für ein zielgerichtetes Denken."
Ulrike Erb-May arbeitete für das Buch auch mit Kindertagesstätten in der Eifel zusammen - und zwar mit den Einrichtungen in Lasel, Pelm und Schleiden-Olef. Die Projekte, die in den jeweiligen Erzieherteams entwickelt wurden, sind im Buch ebenfalls dargestellt.
In Lasel zum Beispiel entstand eine Reihe über "Kinder und Geschichten aus anderen Kulturen": Das Thema, aus Anlass der Flüchtlingssituation, hätten die Vorschulkinder selbst mitgebracht, sagt Kita-Chefin Brigitte Wanken-Leibisch. Mit Ulrike Erb-May arbeite sie seit 25 Jahren zusammen, "sie hat uns auch noch Literaturtipps gegeben - gute Bücher, die wir dann erarbeitet haben". Das gesamte Projekt sei "schon ein besonderes Ereignis" gewesen, an dessen Ende ein erfolgreicher, interkultureller Nachmittag mit Kindern und Eltern aus der Eifel, aus Rumänien, dem Iran und den Niederlanden gestanden habe.
Ulrike Erb-Mays Buch, gerade im bekannten Beltz-Verlag erschienen, wird nun auch in Lasel zum Einsatz kommen - "das ist wirklich ein sehr praxisnahes Buch, es wird uns im nächsten Jahr begleiten, mit den neuen Vorschulkindern", sagt Brigitte Wanken-Leibisch.
Kann sie es anderen Einrichtungen empfehlen? "Auf jeden Fall." Aus der Praxis eben - und für alle, die ihre Kinder firm machen wollen in der gesprochenen und geschriebenen Sprache. Denn das muss sein - und klappt am besten, wenn man Spaß dabei hat.
Ulrike Erb-May: Sprechen, Lesen, Schreiben - Literacy für Vorschulkinder in der Kita, Basiswissen und Praxisideen. Beltz, 130 Seiten, Abbildungen, 18,95 Euro.Extra: LEHRERIN UND ERWACHSENENBILDNERIN


Ulrike Erb-May lebt in Jünkerath, sie unterrichtet an der Fachschule für Sozialwesen der Berufsbildenden Schule Prüm, ist zertifizierte Lese- und Literaturpädagogin beim Bundesverband Leseförderung und tätig in der Erwachsenenbildung, Fachgebiet Kinder- und Jugendliteratur. Der Bundesverband war vom Beltz -Verlag angesprochen worden, ob man nicht gemeinsam ein Buch zum relativ neuen Feld der Literaturpädagogik machen könne. Ulrike Erb-May übernahm die Aufgabe gern. Sie ist am Donnerstag, 7. September, 14.30 Uhr, in der Kita Lasel und stellt dort beim Elternnachmittag ihr neues Buch vor.

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