"Wir arbeiten wie die Blöden"

Die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz (KV RLP) strukturiert zum 1. Januar den Bereitschaftsdienst für die Verbandsgemeinden Prüm und Arzfeld neu. Die Bereiche Arzfeld/Daleiden/Waxweiler/Bleialf/Pronsfeld und Prüm/Schönecken werden zusammengelegt.

Prüm/Arzfeld. An den Wochenenden, Feiertagen und mittwochnachmittags gibt es künftig nur noch einen Arzt, der die Kranken der Verbandsgemeinden Prüm und Arzfeld (ohne die Ortsgemeinden Olzheim und Neuendorf) versorgt. Bereits seit Januar 2007 kooperieren die Ärzte aus Bleialf und Pronsfeld mit den Kollegen aus Daleiden, Arzfeld und Waxweiler. Im Januar 2008 kommen nun noch Prüm und Schönecken hinzu. Rainer Hinterberger, Vorstandsmitglied der KV RLP, sagt dazu: "Im Interesse einer ausreichenden Patientenversorgung war es erforderlich, die Bereitschaftsdienst-Bereiche umzustrukturieren. Insbesondere im ländlichen Raum mit einer überwiegend älteren Bevölkerung musste die örtliche Zuständigkeit des Bereitschaftsdienstes den geographischen und demographischen Gegebenheiten Rechnung tragen." In Zahlen ausgedrückt heißt das: 34 146 Menschen in 118 Orten teilen sich außerhalb der Sprechstunden einen Arzt. Insgesamt 27 Ärzte leisten den Bereitschaftsdienst.Grund für die neue Regelung: der Ärztemangel

Dieser ist auch zukünftig nicht gekoppelt mit dem Apotheken-Notdienst. Denn der wird von der Landes-Apothekenkammer geregelt und nicht von der KV. Ein Grund für die Neuregelung sei der Ärztemangel, sagt KV-Pressesprecherin Nicole Giesler. Das bestätigt auch Burkhard Zwerenz, Allgemeinarzt aus Prüm und Landesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbands. Und der weiß auch den Grund, warum es an Allgemeinmedizinern mangelt: "Die Arbeitsbelastung der Hausärzte ist kaum noch erträglich", sagt er. Der neue Bezirk zähle zu den größten in Deutschland. Was nun auf den Arzt, der Bereitschaftsdienst habe, zukomme, könne er nicht sagen. Bisher kommen laut Zwerenz in seine Praxis beim Wochenend-Dienst rund 80 Patienten. "In Zukunft müssen die Patienten Geduld haben und länger warten", vermutet er. Für die Patienten sei die neue Regelung ein Verlust an Bequemlichkeit und für den Dienst habenden Arzt eine Mehrbelastung. Frustrierend sei, dass der Arzt noch für den Bereitschaftsdienst draufzahlen dürfe. Die bisher gezahlte Pauschale von 15 Euro die Stunde wurde nach einem Urteil des Bundessozialgerichts gestrichen. "Mit laufenden Betriebs- und Personalkosten ist das kein kostendeckendes Unterfangen und auf Dauer nicht tragbar", sagt Zwerenz. Längere Erholungsphasen für die Ärzte

Positiv an der neuen Regelung sei, dass die Erholungsphasen an den Wochenenden länger seien und es weniger Wochenenden gebe, wo "wir wie die Blöden arbeiten und es keiner richtig würdigt. Wenn wir Geld dazulegen müssen, um Patienten zu betreuen, dann wird es grenzwertig." Meinung Neuer Bezirk, weniger Komfort Der neue Bereitschaftsbereich Prüm und Umgebung soll zum einen die Ärzte entlasten, dadurch, dass sie sich den Dienst mit 27 Kollegen teilen. Die Patienten sollen außerdem so gut versorgt werden wie zuvor. Und das in einem Bereich, der zu den größten in Deutschland zählt. Ist das möglich? Wohl kaum. Es ist schwer vorstellbar, dass ein Arzt von Daleiden nach Prüm, von Arzfeld nach Bleialf zu den bettlägrigen Patienten eilt und dann noch eine volles Wartezimmer zu versorgen hat. Wer also bisher gerne sonntags den Arzt aufsuchte, um sich das volle Wartezimmer am Montag zu ersparen, sollte den Mediziner künftig den Menschen überlassen, die wirklich in Nöten sind. Die Ärzte werden zwar ab Januar weniger Bereitschaftsdienste schieben, aber wenn sie an der Reihe sind, wird die Belastung noch größer und noch schlechter bezahlt sein als bisher. s.glandien@volksfreund.deHintergrund Der Bereitschaftsdienst Prüm und Umgebung ist zu erreichen von Mittwoch, 13 Uhr, bis Donnerstag, 8 Uhr, sowie von Samstag, 8 Uhr, bis Montag, 8 Uhr. Weiterhin an gesetzlichen Feiertagen von 8 Uhr bis zum Folgetag um 8 Uhr. Der diensthabende Arzt soll auf dem Anrufbeantworter des Hausarztes angegeben werden. Eine Veröffentlichung erfolgt weiterhin im Trierischen Volksfreund. Bei lebensbedrohlichen Erkrankungen kann der Notarzt des Rettungsdienstes unter der Nummer 112 gerufen werden. (sn)

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