"Wollt ihr den totalen Frieden?"

"Mit den USA ist es zurzeit schwierig, ohne sie ist es gefährlich für Deutschland und Europa". Eine der Thesen von Politikwissenschaftler Christian Hacke. Er referiert morgen ab 20 Uhr auf Einladung des Geschichtsvereins "Prümer Land" im Rahmen der Vortragsreihe "Brennpunkt Geschichte" im Konvikt. Sein Thema: "Herausforderungen der amerikanischen Außenpolitik zu Beginn des 21. Jahrhunderts".

Prüm. (gel) Christian Hacke eilt der Ruf voraus, verständlich und anschaulich zu formulieren. So vergleicht er das Verhältnis der USA und Deutschlands mit einer schon länger andauernden Ehe, in der es auch mal rumpelt. "Durchhalten und abwarten" lautet seine Devise. "Nach den nächsten US-Wahlen gibt es einen neuen Präsidenten, und da könnte sich das Verhältnis bessern." Aber warum ewig die Partnerschaft mit den Amis beschwören? Sollte Europa nicht besser einen starken Gegenpol zu den USA bilden? "Das klappt nicht", sagt Hacke. "Europa ist eine Staatengemeinschaft der Vaterländer. Eine ökonomische Zusammenarbeit ist durchaus möglich und wird ja auch erfolgreich praktiziert. Aber wenn es um eine gemeinsame Außenpolitik geht, ist keine Einigung möglich, " sagt der Bonner Wissenschaftler und verweist auf die Vergangenheit: "Schauen wir auf das Problem mit Hitler, die Auseinandersetzung mit dem Kommunismus in der Nachkriegszeit oder das Sorgenkind Balkan. Immer wieder hat's Amerika gerichtet."Doch trotz aller Euphorie für die amerikanische Außenpolitik der Vergangenheit kritisiert Hacke das aktuelle weltpolitische Gebaren der Amerikaner: "Die USA sind irgendwo zwischen Kabul und Bagdad vom Kurs abgekommen." Die Weltmacht hätte sich um Pakistan kümmern sollen, denn die dortigen Koranschulen seien der Herd des Terrors. Das Land hätte beispielsweise durch Bildungs- und Wirtschaftshilfe gestärkt werden müssen, so Hacke. Gerhard Schröder hatte den richtigen Riecher

Den Scheitelpunkt der Entgleisung im außenpolitischen Kurs der USA sieht der Politikwissenschaftler im begonnenen Irak-Krieg. Den hatte die ehemalige rot-grüne Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder stets medienwirksam kritisiert. "Außenpoltisch hatte Schröder da den richtigen Riecher", sagt Hacke "aber er war diplomatisch ungeschickt. Er hat sich moralisch über die USA gestellt und sie als Kriegstreiber bezeichnet. Außerdem sprach er öffentlich von einer Gegenachse mit Frankreich oder Russland. Damit hat er viel diplomatisches Porzellan zerschlagen. Wenn er hinter verschlossenen Türen gesagt hätte, wir machen nicht mit, wäre es auch gut gewesen", resümiert Hacke. Überhaupt wünscht sich Christian Hacke mehr politisches Feingefühl in der deutschen Außenpolitik. "Uns fehlt die Geschmeidigkeit. Ich sage es mal bewusst zugespitzt: Unter Hitler haben die Deutschen gerufen ,wollt ihr den totalen Krieg', heute ruft man ,wollt ihr den totalen Frieden'. Viele Konflikte lassen sich aber leider nur militärisch lösen", so Hacke. Ursache für das gespaltene Verhältnis der Deutschen zu militärischen Einsätzen ist seiner Ansicht nach die Last des zweiten Weltkriegs. "Aber der liegt mehr als 60 Jahre zurück", bilanziert Christian Hacke. Der Vortrag im Konvikt beginnt morgen um 20 Uhr. Karten für die Veranstaltung gibt es im Vorverkauf für drei Euro bei den Prümer Buchhandlungen Behme und Hildesheim und unter Telefon 06551/2489. Hintergrund Der 64-jährige Christian Hacke ist seit sieben Jahren Professor für Politologie an der Universität in Bonn. Als Experte für deutsche und amerikanische Außenpolitik ist Hacke für die Medien ein gefragter Mann und tritt immer wieder als Gesprächspartner bei ARD, ZDF oder Phoenix im Fernsehen auf. Hacke hat auch zwei Bücher veröffentlicht: "Die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland" und "Zur Weltmacht verdammt". (gel)

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