Sie kämpfen sich nach Prüm

Jünkerath · Einstimmig: Die Fraktionen im Rat der Verbandsgemeinde Obere Kyll haben am Donnerstag für Fusionsverhandlungen mit der VG Prüm votiert. Der Beschluss fiel nach zweieinhalb Jahren erfolgloser Gespräche mit Hillesheim und Gerolstein.

Jünkerath. Selten hat man die Fraktionsvertreter im Rat der Verbandsgemeinde (VG) Obere Kyll nach einer Sitzung so aufgekratzt erlebt: Es ist 18.30 Uhr. Soeben hat der Rat ohne Gegenstimme beschlossen, eine kreisübergreifende Fusion mit der VG Prüm anzugehen.Der Beschluss fiel nach mehr als zwei Jahren erfolgloser Verhandlungen mit den Nachbarkommunen im Landkreis Vulkaneifel, Gerolstein und Hillesheim. Und er fiel deutlich aus, nachdem die Vertreter der Oberen Kyll noch in den vergangenen Wochen, wie von der Landesregierung verlangt, erneut Gespräche mit den beiden Verbandsgemeinden aufgenommen hatten - und diese erneut einen Zusammenschluss ablehnten. Wesentlicher Grund: Die finanzielle Belastung bei einer Integration der mit rund 20 Millionen Euro hoch verschuldeten VG Obere Kyll wäre zu groß gewesen.

Vor allem bei den Vertretern der Ortsgemeinden, die bereits per Bürgerentscheid für den Wechsel nach Prüm votiert hatten, ist die Freude groß: "In diesem Moment fließt die Kyll den Berg hinauf", sagt Stadtkylls Ortsbürgermeister Harald Schmitz. Für Kerschenbachs Gemeindechef Walter Schneider ist es "der schönste Tag in meinem kommunalpolitischen Leben - herrlich. Freibier für alle!"

Es sei höchste Zeit für diesen Beschluss - das meinten unisono alle Fraktionsvertreter, die sich zu Wort meldeten: "Man kann uns keinen Vorwurf machen, dass wir es nicht versucht hätten mit Hillesheim und Gerolstein", sagt Helmut Michels von der CDU. Die Landesregierung habe die Kommunen "im Stich gelassen", bei der Reform sei "kein roter Faden erkennbar". "Wir waren aufgefordert, im Kreis Partner zu finden", sagte Lothar Schun (FWG). Aber die seien der Oberen Kyll nun einmal "abhanden gekommen".

"Das hätte man alles schon früher haben können", sagt Ewald Hansen (SPD), in dessen Ortsgemeinde Reuth die Bürger ebenfalls bereits für Prüm stimmten. Auch Martin Schulz (Die Grünen) sieht "keine andere Wahl", zu einer tragfähigen Verwaltung zu kommen. Kurzum: Der Beschluss musste sein, sagt auch Edi Schell (CDU). Ansonsten nämlich "wären wir Schlappschwänze". Letztes Wort von Bürgermeisterin Diane Schmitz: "Dann lasst uns kämpfen - für Prüm."

In Prüm soll in der Sitzung am Dienstag, 10. Dezember, ein gleichlautender Beschluss fallen. Danach will man die Verhandlungen aufnehmen. Die Fraktionen beschlossen außerdem, im Flächennutzungsplan für die Ausweisung neuer Windkraft-Flächen eine Änderung vorzunehmen: Wie berichtet, wäre nach dem neuen Windatlas der Landesregierung nämlich keine einzige Anlage an die Obere Kyll gekommen, wenn man auf der vorher beschlossenen Windstärke von 6,8 Metern pro Sekunde in einer Höhe von 100 Metern bestanden hätte: Diese Windgeschwindigkeit wird an der Oberen Kyll laut neuesten Daten nirgendwo erreicht. Der Rat beschloss nach langer Beratung eine Senkung auf 6,4 Meter in der Sekunde in einer Höhe von 140 Metern - damit werden nun voraussichtlich etwa 30 neue Anlagen möglich.Meinung

Wenn man keine Wahl hat
Na also: Nach zweieinhalb vertanen Jahren in fruchtlosen Verhandlungen mit Gerolstein und Hillesheim hat man sich an der Oberen Kyll dazu entschlossen, mit Prüm in die Offensive zu gehen - gemeinsam und als Ganzes. Und niemand kann den Kommunalvertretern vorwerfen, sie hätten es nicht ernsthaft versucht. Das führte beinahe zu einer Spaltung der Oberen Kyll - in die sechs Rebellengemeinden, die von Anfang an nach Prüm wollten, und in die acht anderen, denen nicht nur geografisch Hillesheim und Gerolstein näher liegen. Jetzt haben sie die Kurve gekriegt und stehen wieder zusammen. Und sie streben die einzige Lösung an, die ihnen wirklich eine Perspektive bietet. Es wäre ein Hohn, wenn man ihnen das nicht erlauben würde. fp.linden@volksfreund.de

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