Wildunfall während Treibjagd: Warnhinweise an der Bundesstraße 51 fehlten

Stadtkyll. · Nach dem Unfall mit einer Gruppe Rotwild, bei dem am Samstag eine Frau aus Stadtkyll schwer verletzt wurde, steht fest: Entlang der Bundesstraße 51 hatten keine Schilder auf die Treibjagd hingewiesen, die zu diesem Zeitpunkt im angrenzenden Wald ausgerichtet wurde.

 Die Einsatzkräfte auf der B 51.

Die Einsatzkräfte auf der B 51.

Foto: Polizei

Treibjagd in den Eifelwäldern: "Es ist damit zu rechnen, dass Tiere dadurch noch unkontrollierter als üblich auf die Straße laufen" - so steht es in der "verkehrsbehördlichen Anordnung", die die Kreisverwaltung in Daun am 21. November versandte, auf Antrag der Ortsgemeinde Stadtkyll, die damit die Treibjagd vom vergangenen Samstag angemeldet hatte.

Und so geschah es auch: Eine Gruppe von Hirschkühen, offenbar von Jägern und Treibern aufgescheucht, lief verängstigt über die Straße, ein Tier sprang dem Paar aus Stadtkyll ins Auto, die 40-jährige Beifahrerin wurde schwer verletzt - ist aber außer Lebensgefahr.

Alles war angemeldet

Die oben zitierte Anordnung der Kreisverwaltung erfolgt, wenn Treib- oder Drückjagden in der Nähe von Straßen ausgerichtet werden. Empfänger des Schreibens ist der Landesbetrieb Mobilität (LBM) in Gerolstein: Dieser weist dann die zuständige Straßenmeisterei an, die Warnschilder aufzustellen. Die Jagd im gemeindeeigenen Revier war ordnungsgemäß angekündigt: Die Ortsgemeinde Stadtkyll habe am 23. Oktober "die Genehmigung und den Aufbau einer verkehrsbeschränkenden Maßnahme bei der Kreisverwaltung Vulkaneifel beantragt", sagt Pressesprecher Thorsten Wirtz auf TV-Anfrage.

Inzwischen steht fest - und ist von der ermittelnden Polizei-Inspektion Prüm bestätigt: An allen betroffenen Straßen standen am Samstag Schilder - nur nicht an der B. 51.

Warum nicht? Zuständige Meisterei ist Prüm. Die betreffenden Reviere grenzen allerdings auch an das Gebiet der Meisterei in Gerolstein. Damit aber nicht die Mitarbeiter von zwei Meistereien zum Aufstellen der Schilder ausrücken mussten, hat man eine zunächst vernünftige Lösung gefunden: Nach der vorigen Treibjagd im Oktober, sagt Karl-Heinz Rach, Chef der Meisterei Prüm, habe man sich darauf verständigt, dass künftig eine Meisterei das komplette Aufstellen besorgt - an den Nebenstraßen und an der B. 51.

Diesmal, als man die Kollegen in Gerolstein damit beauftragte, habe das aber nicht funktioniert: "Das muss man leider so sagen", bestätigt Rach, der vermutet, dass es an irgendeiner Stelle einen Kommunikationsfehler gegeben habe.

Die Gründe für das Versäumnis sind noch nicht geklärt - allerdings ist festzuhalten, dass die Meistereien schon alleine mit den Treibjagden viel zu tun haben: Im laufenden Jahr, sagt Bruno von Landenberg vom LBM, habe man es in den beiden Eifelkreisen mit bisher 208 dieser Jagden (121 im Kreis Vulkaneifel, 87 im Eifelkreis Bitburg-Prüm) zu tun gehabt - also denen, die entlang klassifizierter Straßen ausgerichtet wurden und bei denen deshalb eine Beschilderung notwendig war.

Die Straßenmeistereien sind deshalb dazu übergegangen, die Schilder meist freitags aufzustellen, damit man nicht auch noch an den Wochenenden deswegen Einsätze fahren muss - mit einem Zusatz, der auf den tatsächlichen Tag der Jagd verweist. Montags werden die Schilder dann wieder eingesammelt.

Genehmigt ist genehmigt

Stadtkylls Ortsbürgermeister Harald Schmitz wurde nach dem Unfall bereits vorgeworfen, dass die Schilder gefehlt hatten, er weist aber die Verantwortung von sich: Man habe ja die Schilder beantragt. "Ich bin mir keiner Schuld bewusst. Von Seiten der Ortsgemeinde haben die Verantwortlichen alles richtig gemacht." Und wenn an dieser Stelle nicht gejagt werden dürfte, hätte die Kreisverwaltung keine Genehmigung erteilt.

Es gibt allerdings Waidleute, die an solchen Straßen grundsätzlich zur Vorsicht mahnen, darunter Peter Pfeil, Geschäftsführer der Rotwildhegegemeinschaft Duppacher Rücken - das Gebiet umfasst 55 Reviere in den Verbandsgemeinden Prüm, Obere Kyll, Hillesheim und Gerolstein: Wenn das Wild beunruhigt werde, dann nehme es reißaus und laufe unter Umständen eben auch auf die Straße. Erst recht bei Drückjagden. "Wir haben in unserer Hegegemeinschaft Jagdpächter", sagt Pfeil, "die es ablehnen, an einer so stark befahrenen Straße wie der B. 51 Drückjagden vorzunehmen. Das Risiko wäre mir persönlich auch zu hoch."

Vorsicht mit Verurteilungen

Meinung: Fritz-Peter Linden

Auch wenn die formal Verantwortlichen für das Fehlen der Schilder bei der Jagd am Samstag festzustehen scheinen, ist noch einiges zu klären, bevor man den anklagenden Finger hebt.

Zumal das Versäumnis wohl nicht als Ursache für den Unfall angesehen werden kann - an einer Straße, über die immer wieder Wild läuft und erst recht, wenn im angrenzenden Wald gerade gejagt wird.

Offen ist zum Beispiel die Frage, ob man eine Treibjagd trotzdem ausrichten kann, wenn an einer entscheidenden Stelle die Hinweisschilder fehlen.

Noch wichtiger scheint aber in diesem Zusammenhang ein anderer Punkt: Warum sind solche Jagden, bei denen das Wild in - sehr berechtigter - Todesangst durch die Gegend springt und sich ganz gewiss dabei nicht an Richtungsvorgaben seiner Häscher hält, an einer so stark befahrenen Straße überhaupt zulässig?


Extra Treibjagd

Treibjagden auf Rotwild werden jenseits der Schonzeiten vor allem in den Herbst- und Wintermonaten ausgeübt. So können auf einen Schlag besondes viel Wild erlegt und damit die Abschusspläne eingehalten werden. Diese Pläne werden von den Rotwildhegegemeinschaften aufgestellt, in Absprache mit den Jagdgenossenschaften, den Forstämtern und dem Kreisjagdbeirat. Sie richten sich nach dem Schaden, den das Wild an den Bäumen hinterlässt: Liegt dieser bei mehr als zwei Prozent des Gesamtbestands, müssen verstärkt Tiere erlegt werden.

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