Vom Ringen um die gemeinsame Heimat

Dasburg/Rodershausen · Im Ourtal teilen sich Luxemburger und Deutsche selbstverständlich eine Heimat. Die Machtübernahme der Nazis riss aber eine tiefe Kluft zwischen die Länder. Ein neues Buch wirft einen Blick auf diese schwere Zeit.

 Als Moderator führt Erwin Scherr (links) durch den Gesprächsnachmittag zur Präsentation von Yves Rasquis Buch „Schwere Zeiten im Ourtal.“

Als Moderator führt Erwin Scherr (links) durch den Gesprächsnachmittag zur Präsentation von Yves Rasquis Buch „Schwere Zeiten im Ourtal.“

Foto: Frank Auffenberg

Dasburg/Rodershausen. Zwei Länder, ein Tal, eine Geschichte: Entlang der Our leben seit Jahrhunderten Menschen meist im guten Miteinander, denn das Ourtal war hüben wie drüben vor allem eins: eine gemeinsame Heimat. Doch spätestens mit der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 öffnete sich ein tiefer Graben zwischen Familien, Nachbarn und Freunden - die einst mehr oder minder durchlässige Grenze wurde zur immer schwerer überwindbaren Kluft. Wie erschütternd die Spaltung der Heimat die Menschen traf, davon berichtet der Lokalhistoriker Yves Rasqui in seinem Buch "Schwere Zeiten im Ourtal", herausgebracht vom Verein Historisches Dasburg. Vor mehr als 100 Gästen hat Rasqui seine Arbeit vorgestellt.
"Ich zog 1985 in die Region. Bei einem Spaziergang fielen mir Betonreste im Wald auf, und ich begann mich für ihren Ursprung zu interessieren - es waren die Überreste der Westwallanlagen", sagt der Autor. Dies sei der Startschuss für eine 30 Jahre währende Recherche gewesen. Mehr als 500 Gespräche mit Zeitzeugen führte Rasqui im Lauf der Jahre und trug einen schier unerschöpflichen Fundus an Kriegsberichten, Fotografien und Zeitungsartikeln zusammen. Vor zwei Jahren begann schließlich die Arbeit am nun vorgestellten Buch, dessen erste Auflage von 400 Stück bereits vergriffen ist. Eine Zweite ist aktuell im Druck.
"Das Werk ist eine Dokumentation, die in acht Kapiteln die Ereignisse im Ourtal zwischen 1930 und 1955 darstellt - Schrecken und Leid nehmen dabei eine große Rolle ein", sagt der Moderator Erwin Scherr.
Angesichts der Fülle des Materials verzichtete der Verein auf eine Lesung und lud stattdessen zu einer fast zweistündigen Gesprächsrunde ein - unter anderem mit den Zeitzeugen Ernst Vix und Willi Wilden. "Von den jungen Männern, die ich im Reichsarbeitsdienstlager in Dasburg kennenlernte," sagt Vix, "hat kaum einer den Krieg überlebt. Deutschen wie auch Luxemburgern wurde vorgegaukelt, dass sie nach einem freiwilligen Dienst aus dem Kriegsgeschehen raus seien." Das Gegenteil sei aber der Fall gewesen: "Kaum kamen sie nach Hause, lag dort schon der Einberufungsbefehl."
"Eines der Ziele des Vereins ist, gegen das Vergessen anzuarbeiten. Nur wenige Zeitzeugen leben noch. Ihre Erinnerungen sind mit dem Buch für die Nachwelt erhalten", sagt der Vorsitzende, Christian Nosbüsch. Wichtig sei auch der Blick auf die Nachkriegsjahre, sagt Scherr. "Wir bekommen aus erster Hand geschildert, wie es nach Kriegsende weiterging, wie lange es dauerte, bis die offenen Wunden vernarbten", sagt er.
Dabei sei Rasquis Arbeit von erschreckender Aktualität, sagt Scherr. "In Zeiten, in denen wieder über Freizügigkeit und Grenzkontrollen debattiert wird, erinnert das Buch daran, was in den letzten Jahrzehnten erreicht wurde. Es bleibt zu hoffen, dass dies alles nicht leichtfertig verspielt wird."
"Schwere Zeiten im Ourtal" kann für 34 Euro per E-Mail an historisches@dasburg.de bestellt werden. Unter anderem wird das Buch zudem im Gemeindeamt Hosingen und der Tourist-Information Arzfeld verkauft.

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