Blitz und Donner zwischen Ampel und CDU

Trier · Die Stimmung im Stadtrat ist einen Tag nach der beinahe gescheiterten doppelten Dezernentenwahl katastrophal, das Ampel-Bündnis und die CDU überschütten sich gegenseitig mit harten Vorwürfen. Ein seit Jahrzehnten aktives Ratsmitglied sagt: "So schlimm war es noch nie."



Trier. Die Römerstadt hat zwei neue Dezernenten. Der Rat wählte am Donnerstagabend Angelika Birk (Die Grünen) zur Bürgermeisterin und Dezernentin für Jugend, Schulen, Sport und Soziales, Thomas Egger (FDP) wurde Wirtschafts- und Kulturdezernent (der TV berichtete). Doch eine solche Wahl hat Trier noch nie erlebt - geprägt vom konsequenten Ausschluss der Öffentlichkeit, von wochenlangem Taktieren und schließlich von einem Eklat und einer dicken Blamage am Wahlabend, als Safet Babic (NPD) die Wahl mit einem - vorhersehbaren - Kniff beinahe hätte platzen lassen. Babic hatte in der Sitzung Kandidaten nominiert, die nicht anwesend waren und von ihrer Kandidatur wohl auch gar nichts wussten, und dadurch die öffentliche Vorstellung aller Kandidaten verhindert.

Die Ergebnisse: Trier hat eine neue Bürgermeisterin und Dezernentin, von der die breite Öffentlichkeit bisher absolut nichts gesehen oder gehört hat. Georg Bernarding, seit 22 Jahren Trierer Dezernent, wird abgewählt, ohne sich und seine Arbeit vorher noch einmal darstellen und um sein Amt kämpfen zu dürfen. Und Martin Fontanari, Eggers Gegenkandidat im Rennen um das Wirtschaftsdezernat, blieb der Wahrnehmung der Trierer, in deren Stadt er schließlich eines der wichtigsten Ämter angestrebt hat, ebenfalls entzogen.

Alle haben das Manöver kommen sehen



Fakt ist: Sowohl der Rat als auch die Verwaltung haben das Babic-Manöver, unbekannte und abwesende Kandidaten zu nominieren, kommen sehen. Eine diesbezügliche Warnung kam auch von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD). "Deshalb haben sich alle Fraktionen geeinigt, in einem solchen Fall auf die öffentliche Vorstellung ihrer Kandidaten zu verzichten", tobt Gerd Dahm (Die Grünen). "Nur wollte sich die CDU am Wahlabend plötzlich nicht mehr daran halten und hat ein Riesentheater veranstaltet, weshalb die Sitzung ja auch eine Stunde lang unterbrochen war."

Berti Adams (CDU) hält dagegen. "Es ist unglaublich, was wir uns von den Grünen und der SPD anhören müssen. Jetzt wird so getan, als sei die CDU an dem Debakel Schuld." Die Warnung der ADD sei erst "in letzter Sekunde vor der Sitzung" eingetroffen. "Außerdem hat mich ein Mitglied der FDP-Fraktion über diese Warnung informiert und nicht etwa die Stadtverwaltung", so Adams. "Ich habe dem Verzicht auf die Vorstellungsrunde, die gute demokratische Tradition ist, weder im Sitzungsdienst noch im Ältestenrat direkt zugestimmt und immer gesagt, ich muss mich dazu erst mit meiner Fraktion beraten. Nur war vor der Sitzung dazu keine Zeit mehr."

Meinung

Absolute Blamage

Dieser höchst blamable Wahlabend geht auf das Konto von Klaus Jensen. Der Oberbürgermeister einer Großstadt wird mit einem einzelnen rechten Störenfried nicht fertig. Jensen hätte nie zulassen dürfen, dass der Verzicht auf eine öffentliche Vorstellung der Kandidaten - die in Trier immer stattgefunden hat - überhaupt in Erwägung gezogen wird. Es kann doch nicht sein, dass der Stadtrat einknickt vor einem einzelnen NPD-Repräsentanten. Und auch das Auswahlverfahren hat Jensen sich aus der Hand nehmen lassen - und zwar von der Ampel, die Angelika Birk und Ila Brix-Leusmann einfach ein zweites Mal zum Bewerbergespräch bestellte, nachdem beim ersten keine Einigung erzielt worden war. Doch nicht die Ampel, sondern der Verwaltungs-Chef sollte Herr dieses Verfahrens sein. Aus diesem Grund hat die UBM eine formelle Überprüfung des Bewerbungs- und Wahlverfahrens beantragt - die im schlimmsten Fall mit einer Neuwahl und damit dem absoluten Super-Gau enden könnte. j.pistorius@volksfreund.de

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